Verfahrensgang
ArbG Paderborn (Urteil vom 26.08.1999; Aktenzeichen 1 Ca 403/99) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 26.08.1999 – 1 Ca 403/99 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung werden der Beklagten auferlegt.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der fristlosen Kündigung der Beklagten vom 17.03.1999.
Die am 15.06.1943 geborene, verheiratete Klägerin trat am 23.11.1981 in den Betrieb der Beklagten als Arbeiterin ein. Sie wurde als Springerin im Bereich Konfitüre eingesetzt. Ihr Verdienst betrug zuletzt 2.600,– DM brutto monatlich.
Die Beklagte beschäftigt in ihrem Betrieb in P… ca. 60 Arbeitnehmer. Ein Betriebsrat ist gewählt.
Die Klägerin arbeitete nebenberuflich zusammen mit ihrem Ehemann als Zeitungsausträgerin bei dem Westfälischen Volksblatt werktäglich in der Zeit von 3.00 Uhr morgens bis ca. 5.30 Uhr.
In der Zeit vom 11.01.1999 bis zum 19.03.1999 war die Klägerin nach der Auskunft des sachverständigen Zeugen H… F… arbeitsunfähig krank. Ursache der Arbeitsunfähigkeit war ein großes Geschwür im Bereich des rechten Innenknöchels.
Am 05.03. und am 10.03.1999 wurde die Klägerin beobachtet, wie sie gemeinsam mit einer anderen Person in den frühen Morgenstunden Zeitungen austrug.
Die Beklagte nahm dies zum Anlass, das mit der Klägerin bestehende Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 17.03.1999 fristlos wie folgt zu kündigen:
Außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses
Sehr geehrte Frau K…,
bedauerlicher Weise sehen wir uns veranlaßt, daß mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis außerordentlich, d.h. fristlos mit sofortiger Wirkung zu kündigen.
Das gemäß §§ 99, 102 Betriebsverfassungsgesetz vorgeschriebene Anhörungsverfahren wurde ordnungsgemäß durchgeführt.
Wir bitten Sie, Ihre Arbeitskleidung, EDV-Stempelkarte und Spindschlüssel am Ende Ihres letzten Arbeitstages in unserer Personalabteilung abzugeben, da wir Sie ansonsten mit deren Selbstkosten belasten werden.
Die Kündigung wurde der Klägerin am 07.03.1999 übergeben. Zuvor hatte der Betriebsrat mit Schreiben vom 15.03.19999 Bedenken gegen die beabsichtigte Kündigung erhoben und diese wie folgt begründet:
Die Kündigungsgründe sind für den Betriebsausschuß nicht nachvollziehbar. Selbst wenn die gemachten Vorwürfe zutreffend sein sollten, würde eine Abmahnung ausreichend sein. Aufgrund der langen Betriebszugehörigkeit möchten wir Sie bitten, von dieser personellen Maßnahme abzusehen. Wegen des hohen Lebensalters der Arbeitnehmerin würde eine weitere Belastung entstehen. Wir gehen davon aus, daß Frau K… nicht mehr auf dem Arbeitsmarkt zu vermitteln ist.
Gegen die Kündigung hat die Klägerin sich gewehrt mit der vorliegenden, am 31.03.1999 erhobenen Klage.
Die Klägerin hat zur Begründung der Klage vorgetragen:
Die außerordentliche Kündigung sei unwirksam. Das Ausfahren und Austragen der Zeitungen habe den Heilungsverlauf nicht negativ beeinflusst.
Die Klägerin hat beantragt,
- festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 17.03.1999 nicht beendet worden ist, sondern fortbesteht,
- die Beklagte zu verurteilen, sie bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat vorgetragen:
Wenn die Klägerin tatsächlich arbeitsunfähig krank gewesen sein sollte, so liege in dem Zeitungsaustragen während der Erkrankung eine grobe Pflichtverletzung, die die außerordentliche Kündigung rechtfertige.
Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch die Einholung einer Auskunft bei dem sachverständigen Zeugen H… F… Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Auskunft des sachverständigen Zeugen vom 13.08.1999 (Bl. 36 f d.A.) verwiesen.
Durch Urteil vom 26.08.1999 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben und die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten auferlegt. Den Streitwert hat es auf 10.400,– DM festgesetzt.
In den Entscheidungsgründen hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung nicht gegeben sei. Eine Verzögerung des Heilungsverlaufs sei nach den Bekundungen des Arztes nicht eingetreten. Im übrigen fehle eine Abmahnung. Weiter zu berücksichtigen sei, dass das Arbeitsverhältnis schon 18 Jahre beanstandungsfrei bestehe.
Gegen dieses ihr am 02.09.1999 zugestellte und wegen der sonstigen Einzelheiten hiermit in Bezug genommene Urteil hat die Beklagte am 15.09.1999 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 15.11.1999 am 04.11.1999 begründet.
Die Beklagte greift das arbeitsgerichtliche Urteil insgesamt an. Sie ist weiter der Auffassung, das Austragen von Zeitungen durch die Klägerin sei ausreichend gewesen, um den Heilungsverlauf zu verzögern. Die Klägerin habe ihren Arbeitsplatz leichtfertig aufs Spiel gesetzt. Die Klägerin hätte die Arbeitskraft auch ihr zur Verfügung stellen können. Eine Abmahnung sei nicht erforderlich.
Die Beklagte b...