Verfahrensgang

ArbG Hagen (Westfalen) (Urteil vom 17.02.1994; Aktenzeichen 3 Ca 760/92)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hagen vom 17.02.1994 – 3 Ca 760/92 – teilweise abgeändert:

Der auf Weiterbeschäftigung gerichtete Klageantrag zu 2) wird abgewiesen.

Im übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte zu 3/5 und der Kläger zu 2/5.

Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die soziale Rechtfertigung einer krankheitsbedingten Kündigung.

Der am 12.12.1966 geborene, verheiratete Kläger war seit dem 10.07.1986 als Schmiedearbeiter in der Gesenkschmiede der Beklagten tätig. Die Parteien vereinbarten in dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 08.07.1986 die Geltung der tariflichen Bestimmungen in der Eisen- und Metallindustrie NRW. Der Kläger erzielte zuletzt eine monatliche Vergütung von 3.900,– DM brutto.

Er hatte von seiner Einstellung an folgende krankheitsbedingte Fehlzeiten:

1989

111 Arbeitstage,

davon 99 Arbeitstage aufgrund eines Hüftpfannenbruchs als Folge eines Unfalls in den Zeiträumen vom 18.03. – 08.08, sowie 19.09. – 22.09.1989 und 8 Tage eitrige Mandelentzündung vom 29.11. – 08.12.1989.

1990

27 Arbeitstage

1991

65 Arbeitstage,

davon 5 Arbeitstage Grippe in der Zeit vom 07.01. – 11.01., 16 Arbeitstage Grippe unter Hinzutreten von Magen- und Brustbeschwerden im Zeitraum 14.10. – 05.11.1991 und 44 Arbeitstage wegen einer Sehnenscheidenentzündung am rechten Arm durchgehend vom 11.06. – 11.08.1991.

1992

51 Arbeitstage,

davon 13 Arbeitstage grippaler Infekt, Rhino-Tracheo-Bronchitis im Zeitraum 29.01. – 14.02.1992 sowie 21 Tage Grippaler Infekt, Bronchitis im Zeitraum 15.05. – 16.06.1992, 17 Arbeitstage Nasenbeinbruch infolge eines häuslichen Unfalles im Zeitraum 24.09. – 16.10.1992.

Der Beklagten entstanden folgenden Lohnfortzahlungskosten:

1989 insgesamt 9.860,58 DM

1990 insgesamt 7.031,89 DM

1991 insgesamt 13.746,82 DM

1992 insgesamt 9.385,37 DM

Die Beklagte unterrichtete den Betriebsrat am 16.10.1992 von ihrer Absicht, daß Arbeitsverhältnis fristgerecht wegen der im einzelnen aufgeschlüsselten krankheitsbedingten Fehlzeiten des Klägers zu kündigen. Wegen der unverhältnismäßig hohen Abwesenheitszeiten des erst 35-jährigen Mitarbeiters müsse wegen der von Jahr zu Jahr steigenden Tendenz auch in Zukunft mit überdurchschnittlichen Ausfallzeiten gerechnet werden. Die krankheitsbedingte Abwesenheit des Klägers mache dessen Arbeitsleistung für die Schmiede unkalkulierbar.

Der Betriebsrat teilte der Beklagten am 22.10.1992 seine abschließende Stellungnahme wie folgt mit:

„Zur Kenntnis genommen”.

Daraufhin kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis am 23.10.1992 fristgemäß zum 06.11.1992.

Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner am 10.11.1992 beim Arbeitsgericht Hagen eingegangenen Klage.

Die Beklagte bot dem Kläger mit Schreiben vom 08.01.1993 die vorläufige Weiterbeschäftigung zu den bisherigen Bedingungen ab 11.01.1993 an. Der Kläger nahm seine Tätigkeit am 14.01.1993 um 22.00 Uhr wieder auf, verließ die Nachschicht aber bereits um 2.15 Uhr und war in der Folgezeit bis zum 26.07.1993 aufgrund einer Angstneurose durchgehend arbeitsunfähig krank.

Am 28.02.1994 nahm der Kläger erneut die Arbeit bei der Beklagten wieder auf und arbeitete bis zum 18.03.1994. Danach war er fortlaufend bis mindestens Juli 1995 wegen psychosomatischer und psychovegetativer Störungen in ärztlicher Behandlung.

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis vorsorglich erneut am 07.03.1995 fristgerecht zum 30.04.1995. Da sich der Kläger auf den Schwerbehindertenschutz berief, beantragte sie am 06.04.1995 bei der Hauptfürsorgestelle die Zustimmung zur Kündigung. Am 12.07.1995 fand unter Beteiligung des psychosozialen Fachdienstes des Ennepe-Ruhr-Kreises eine Kündigungsverhandlung statt. Dabei kam zur Sprache, daß der behandelnde Arzt des Klägers. Dr. H., von einer Wiederaufnahme der Tätigkeit des Klägers bei der Beklagten abriet. Er empfahl dem Kläger statt dessen, das derzeitige Arbeitsverhältnis zu lösen, da die dortige Belastung für das Krankheitsbild zu hoch und daher kontraindiziert sei.

Nach Zustimmung der Hauptfürsorgestelle kündigte die Beklagte erneut am 11.08.1995 zum 30.09.1995.

Das Arbeitsgericht Hagen hat durch Urteil vom 05.03.1996 – 5 Ca 302/95 – die Wirksamkeit der Kündigung zum 30.04.1995 festgestellt.

Der Kläger hält die Kündigung vom 23.10.1992 für sozialwidrig. Er hat erstinstanzlich vorgetragen, zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs hätten keine Tatsachen vorgelegen, die die Besorgnis häufiger Erkrankungen in der Zukunft rechtfertigten und zu zukünftigen unzumutbaren betrieblichen und wirtschaftlichen Belastungen der Beklagten führen könnten. Die unfallbedingten Fehlzeiten seien bei der anzustellenden Prognose nicht zu berücksichtigen. Die Fehlzeiten im Jahre 1989 seien daher nicht prognoserelevant. Die Fehlzeiten im Jahre 1990 erreichten nicht einmal den sechswöchigen Lohnfortzahlungszeitraum und seien ...

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