Verfahrensgang
ArbG Bielefeld (Urteil vom 31.08.1995; Aktenzeichen 3 Ca 1383/95) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 31.08.1995 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld – 3 Ca 1383/95 – abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Mit der beim Arbeitsgericht Bielefeld am 18.05.1995 eingereichten Klage begehrt der Kläger für 110,746 Stunden aus den Jahren 1990 bis 1994 Freizeitausgleich.
Die beklagte Gewerkschaft Ö. betreibt sieben Bildungsstätten. Eine davon ist „Das bunte Haus” in B. S. wo sie 24 Arbeitnehmer beschäftigt. Dort ist auch der Kläger ab 01.01.1990 als Hausmeister gegen ein Bruttomonatsverdienst von ca. 4.200,00 DM tätig. Der Kläger ist außerdem Mitglied des in der Bildungsstätte existierenden Betriebsrates.
Aufgrund von § 32 ihrer Satzung regelt die Ö. die Arbeits- und Entgeltsbedingungen aller ihrer Beschäftigten durch Gesamtbetriebsratsvereinbarungen. Auf deren Inhalt – Hülle Blatt 77 d.A. – wird verwiesen. In der Gesamtbetriebsratsvereinbarung vom 31.10.1985 (künftig: AAB) sind die allgemeinen Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten der Ö. geregelt. § 10 Abs. 1 der AAB lautet: Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit ausschließlich der Pausen beträgt 40 Stunden, ab 01. April 1989 beträgt sie 39 Stunden und ab 01. April 1990 38,5 Stunden. Als Arbeitswoche gelten grundsätzlich die Tage von Montag bis einschließlich Freitag.
§ 11 Abs. 1 der AAB lautet: Überstunden sind auf Anordnung geleisteter Arbeitsstunden, die über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit nach § 10 Abs. 1 oder eine vereinbarte geringere Arbeitszeit hinausgehen. Als Überstunden gelten auch Fahrzeiten bei Dienstreisen an arbeitsfreien Tagen.
Der Anhang II 2 der A. lautet in den §§ 1 bis 3:
Anhang 2
Ergänzende Bestimmungen zu den Allgemeinen Arbeitsbedingungen für Beschäftigte in zentralen Bildungsstätten der Gewerkschaft O. D. T. und V.
§ 1
Die Bestimmungen dieses Anhangs gelten für Beschäftigte in zentralen Bildungsstätten.
§ 2
Die Allgemeinen Arbeitsbedingungen gelten, soweit in § 3 nichts anderes bestimmt ist.
§ 3
Abweichend gilt folgendes:
Zu § 10 AAB Arbeitszeit:
- Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen 40 Stunden, ab 1. April 1989 beträgt sie 39 Stunden und ab 1. April 1990 38,5 Stunden im Jahresdurchschnitt. Als Arbeitswoche gelten die Tage von Montag bis Sonntag.
- Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit, die Pausen sowie die freien Tage werden grundsätzlich im Dienstplan festgesetzt.
Zu § 11 AAB Überstunden:
- Der Freizeitausgleich kann auch über einen längeren Zeitraum als dreizehn Wochen erfolgen.
- Die Zuschläge (§ 11 AAB) und Überstunden werden grundsätzlich durch Freizeit ausgeglichen.
Der Kläger hat gemeint, gemäß §§ 10 Abs. 1, 11 Abs. 1 der AAB sei jede Stunde in der Woche, die er über 38,5 Stunden hinaus geleistet habe, als Überstunde anzusehen. Er errechnet sich dadurch für 1990 = 39,81 Überstunden, für 1991 = 42,012 Überstunden, für 1992 = 31,719 Überstunden, für 1993 = 21,39 Überstunden und für 1994 = 21,294 Überstunden, also insgesamt 156,225 Überstunden, von denen erst 45,479 für die Jahre 1990 bis 1992 ausgeglichen seien, so daß als Rest noch 110,746 Stunden offenständen.
Im Jahre 1993 hat der Kläger vergeblich auf Zahlung der Überstundenzuschläge für die Jahre 1990 bis 1992 geklagt. Das Arbeitsgericht Bielefeld wies rechtskräftig die Klage ab, da nach den für den Kläger geltenden Anhang II 2 und des § 3 der AAB für Überstunden nur Freizeitausgleich verlangt werden könnte.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, daß ihm ein Anspruch auf bezahlten Freizeitausgleich im Umfang von 110,746 Stunden zusteht.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die beklagte Ö. die sich bezüglich des begehrten Freizeitausgleichs für die Jahre 1990 bis 1992 auch auf die Einrede der Verjährung beruft, hat die Ansicht vertreten, dem Kläger stehe kein Freizeitausgleichsanspruch mehr zu, da sie richtig die Überstunden des Klägers durch Gegenüberstellung der Soll- und Iststundenzahl des Kalenderjahres ermittelt habe. Um die extremen Arbeitsschwankungen in den Bildungsstätten zu regeln, sei in dem Anhang II 2 der AAB der Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden lediglich aus dem Referenzzeitraum eines Jahres berechnet worden (§ 3 Ziffer 1).
Durch Urteil vom 31.08.1995 hat das Arbeitsgericht entsprechend dem Antrage des Klägers entschieden. Das Arbeitsgericht hat dazu unter anderem ausgeführt, die Klage sei zulässig. Dem Kläger stehe ein Feststellungsinteresse nach §§ 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG, 256 Abs. 1 ZPO zu. Zwischen den Parteien sei ein Rechtverhältnis streitig, da unterschiedliche Auffassung darüber beständen, ob ein Freizeitausgleich auf der vom Kläger vorgenommenen Rechnungsbasis zu erfolgen habe. Diese tatsächliche Unsicherheit könne durch das begehrte gerichtliche Urteil beseitigt werden, wobei das Interesse des Klägers auch an alsbaldiger Fests...