Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung einer angestellten Krankenpflegerin. Arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz bei generalisierendem Prinzip
Leitsatz (redaktionell)
1. Die beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe angestellte ausgebildete Krankenpflegerin erfüllt nicht die Anforderungen der Entgeltgruppe 8b Anhang zu der Anlage (VKA) zur TVöD in der Fassung vom 31.12.2016. Eine Überprüfung ist auch nicht veranlasst, da die gleiche Tätigkeit weiterhin ausgeübt wird.
2. Die Krankenpflegerin verfügt nicht über gleichwertige Fähigkeiten und Erfahrungen wie eine staatlich anerkannte Erzieherin oder Heilerziehungspflegerin.
3. Ein Anspruch auf die begehrte Eingruppierung besteht mangels generalisierendem Prinzip auch nicht aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1; TVöD/VKA; TVÜ-VKA; ZPO § 91 Abs. 1, § 256 Abs. 1, § 308 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Arnsberg (Entscheidung vom 16.07.2021; Aktenzeichen 1 Ca 115/21) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Arnsberg vom 16.07.2021, 1 Ca 115/21 abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die zutreffende Eingruppierung der Klägerin.
Die Klägerin ist ausgebildete Krankenpflegerin. Sie wurde nach befristeter Beschäftigung bei dem Beklagten mit Wirkung zum 01.10.2000 in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen. Erstmals mit Änderungsvertrag vom 05.10.2005 wurde das Arbeitsverhältnis um eine befristete Teilzeitabrede ergänzt und die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit auf 20 Stunden festgelegt. Diese Teilzeitvereinbarung wurde in der Folge bis heute fortgeschrieben. Auf das Arbeitsverhältnis finden aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD/VKA) und der Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts Anwendung (TVÜ-VKA). Außerdem finden die für den Beklagten jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung. Die Beschäftigung der Klägerin erfolgt nach den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen als "Krankenschwester". Die Klägerin wurde zunächst nach der Vergütungsgruppe Kr. V, Fallgruppe 1, Abschnitt A der Anlage 1b zum BAT-LWL vergütet. Aktuell ist die Klägerin in die Entgeltgruppe P8 Stufe 6 der Anlage 1 - Entgeltordnung (VKA) Teil B Besonderer Teil Abschnitt XI. (Beschäftigte in Gesundheitsberufen) eingruppiert. Sie arbeitet im Pflege- und Erziehungsdienst der Maßregelvollzugsklinik A-Therapiezentrum für Forensische Psychiatrie B.
Im A-Therapiezentrum für Forensische Psychiatrie B werden erwachsene, suchtkranke Straftäter behandelt. Die Patienten leben in selbstständigen Wohngruppen auf 13 Stationen zusammen. Zudem stehen Behandlungsplätze in zwei separaten Gebäuden im Außenbereich der Klinik zur Verfügung. Die im Bereich des Pflege- und Erziehungsdienstes tätigen Behandlungsteams sind multiprofessionell zusammengesetzt und arbeiten nach einem individuellen Bezugspflegekonzept (vgl. Anlage B 2, Bl. 47 ff. d. A.), bei dem eine verantwortliche Zuordnung von Patienten zu einer Bezugsperson stattfindet. Im Pflege- und Erziehungsdienst sind im Wesentlichen gelernte Krankenpfleger/-innen und gelernte Erzieher/-innen tätig, wobei die Zahl der Krankenpfleger/-innen die Zahl der Erzieher/-innen deutlich übersteigt. Für beide Berufsgruppen gibt es eine einheitliche Stellenbeschreibung. Wegen der Einzelheiten wird auf die von dem Beklagten vorgelegte Stellenbeschreibung "Gesundheits- und KrankenpflegerIn / ErzieherIn oder vgl. Berufsqualifikation" Bezug genommen (Anlage B 1, Bl. 45 f. d. A.). Beide Berufsgruppen üben eine im Wesentlichen gleiche Tätigkeit im A-Therapiezentrum aus. Allein "klassische Pflegetätigkeiten" wie Medikamentenverabreichung und Wundversorgung sind ausschließlich den gelernten Krankenpfleger/-innen vorbehalten. Diese "klassischen Pflegetätigkeiten" machen nur einen geringen Teil der Arbeitszeit aus. Die gelernten Erzieher/-innen sind in die Entgeltgruppen S 8b bzw. S 8a der Anlage 1 - Entgeltordnung (VKA) Teil B Besonderer Teil XXIV. (Beschäftigte im Sozial- und Erziehungsdienst) eingruppiert.
Mit Schreiben vom 11.12. und 24.12.2020 verlangte die Klägerin vergeblich rückwirkend zum 01.06.2020 eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe S 8b. Mit ihrer am 26.02.2021 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt sie ihr Begehren weiter.
Die Klägerin hat vorgetragen, sie sei nach der Entgeltgruppe S 8b, hilfsweise nach der Entgeltgruppe S 8a zu vergüten. Die Beschäftigten im Pflege- und Erziehungsdienst erbrächten zu deutlich mehr als 70 % pädagogische/erzieherische Tätigkeiten. Klassisch pflegerische Tätigkeiten fielen nahezu nicht an. Ihre Berufserfahrung sei für eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe S 8b trotz fehlender Ausbildung ausreichend. Im Ergebnis bestehe d...