Die Revision wird nicht zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
außerordentliche Kündigung Verdachtskündigung Diebstahl- bzw. Unterschlagungsversuchs
Leitsatz (redaktionell)
Strafbare Handlungen (hier: Dienstahls- und Unterschlagungsversuch) zu Lasten des Arbeitgebers, auch der Versuch einer strafbaren Handlung, stellen i.d.R. besonders schwerwiegende Vertragsverletzungen dar. Dem Arbeitnehmer ist die Pflichtwidrigkeit in aller Regel ohne weiteres erkennbar. Erschwerend ist zu berücksichtigen, wenn das pflichtwidrige Verhalten mit der vertraglich geschuldeten Tätigkeit zusammenhängt und innerhalb des konkreten Aufgabenbereichs bei Gelegenheit der Arbeitsleistung verübt wird.
Normenkette
BGB § 626
Verfahrensgang
ArbG Herford (Urteil vom 13.01.2004; Aktenzeichen 3 Ca 350/03) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 13.01.2004 – 3 Ca 350/03 – unter Zurückweisung der Anschlussberufung der Klägerin teilweise abgeändert.
Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer von der Beklagten ausgesprochenen Kündigung.
Die am 21.01.13xx geborene Klägerin ist verwitwet. Seit dem 15.09.1995 war sie bei der Beklagten, einem Einzelhandelfachgeschäft für Möbel aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 07.09.1995 (Bl. 4,5 d.A.) und eines Nachtrages vom 28.02.1996 (Bl. 6 d.A.) als Möbelfachverkäuferin zu einem zuletzt gezahlten monatlichen Bruttoentgelt von 1.533,00 EUR beschäftigt. Nach Ziffer 11 des Arbeitsvertrages vom 07.09.1995 waren die jeweiligen Tarifverträge für die holz- und kunststoffverarbeitende Industrie und das Serienmöbelhandwerk in Westfalen-Lippe Inhalt des Arbeitsvertrages. Aufgrund des Nachtrages zum Arbeitsvertrag vom 28.02.1996 wurden Urlaubs- und Weihnachtsgeld nach den tariflichen Vereinbarungen entsprechend gezahlt.
Die Zahl der regelmäßig bei der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer ist zwischen den Parteien streitig. Unstreitig beschäftigte die Beklagte drei Vollzeitkräfte für die Montage von Möbeln im Außendienst, neben der Klägerin, die 27 Stunden pro Woche arbeitete, eine weitere Angestellte, die Zeugin S4xxxxxxxxxx mit 20 Stunden pro Woche sowie eine Putzfrau mit acht Stunden pro Woche.
Am 10.02.2003 kaufte der Kunde R2xxxx R1xxx bei der Beklagten ein Schlafzimmer, das im Mai geliefert werden sollte.
Am 14.02.2003 kam der Kunde erneut ins Geschäft und kaufte, von der Klägerin bedient, zwei Sätze Bettwäsche und zwei Bettlaken für insgesamt 175,00 EUR, worauf 150,00 EUR für die Bettwäsche und 25,00 EUR auf die Bettlaken entfielen. Der Kunde zahlte den Kaufpreis von insgesamt 175,00 EUR in bar. Die Klägerin fertigte darüber eine Quittung über 175,00 EUR (Bl. 18 d.A.), wobei sie kein Durchschlagpapier verwendete. Auf der „Durchschrift” der Quittung notierte die Klägerin – unter dem Datum 13.02.2003 – einen Betrag von 25,00 EUR (Bl. 18 d.A.). Das Original der Quittung über 175,00 EUR wurde dem Kunden R1xxx ausgehändigt, die „Durchschrift” der Quittung legte die Klägerin zusammen mit dem Betrag von 25,00 EUR in die „Kasse” der Beklagten. Unstreitig existierte bei der Beklagten keine elektronische Kasse mit automatischer Verbuchung. Den weiteren eingenommenen Betrag von 150,00 EUR legte die Klägerin in eine Schublade ihres Schreibtisches.
Am darauffolgenden Tag meldete sich der Kunde R1xxx und beanstandete die Bettwäsche wegen Verschmutzung. Das Telefonat wurde mit dem Inhaber der Beklagten geführt. Da der Inhaber der Beklagten in der „Kasse” lediglich eine Quittung über Bettlaken vorfand, erkundigte er sich näher bei dem Kunden und erfuhr, dass dieser neben Bettlaken auch Bettwäsche für insgesamt 175,00 EUR erworben hatte.
Noch am selben Tag sprach der Inhaber der Beklagten die Klägerin daraufhin wegen des Verkaufsvorganges an. Die Klägerin holte daraufhin aus der Schublade ihres Schreibtisches 150,00 EUR heraus und händigte sie wortlos dem Inhaber der Beklagten aus.
Einzelheiten des Vorfalles sowie die Bewertung des Sachverhaltes sind zwischen den Parteien streitig.
Mit Schreiben vom 18.02.2003 (Bl. 7 d.A.) kündigte die Beklagte daraufhin das mit der Klägerin bestehende Arbeitsverhältnis fristlos.
Mit der am 27.02.2003 zum Arbeitsgericht erhobenen Kündigungsschutzklage machte die Klägerin die Unwirksamkeit der Kündigung vom 18.02.2003 geltend.
Im Verlaufe des Verfahrens berief sich die Beklagte darauf, die fristlose Kündigung hilfsweise als fristgerechte Kündigung umzudeuten, weil sie das Arbeitsverhältnis in jedem Fall beendet haben wollte.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, es gebe keinen Grund, der die Beklagte berechtige, das Arbeitsverhältnis fristlos zu kündigen. Das gelte auch für die fristgerechte Kündigung.
Die Klägerin hat behauptet, die Bettwäsche sei dem Zeugen R1xxx von der Klägerin zur Ansicht mitgegeben worden, damit er zu Hause mit seiner Frau habe entscheiden können, ob die Bettwäsche ihnen gefalle und behalten werden solle. Mit dem Kund...