Verfahrensgang
ArbG Dortmund (Urteil vom 08.11.1994; Aktenzeichen 2 Ca 1822/94) |
Nachgehend
Tenor
Das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 08.11.1994 – 2 Ca 1822/94 – wird unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten in Ziff. 2 teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, auf ihre Verbandsmitgliedsunternehmen (Mitglieder) einzuwirken, die in Ziff. 1 des Urteils bezeichneten Tarifverträge für den Zeitraum bis zum 30.06.1995 uneingeschränkt durchzuführen.
Die Kosten der Berufung werden der Beklagten auferlegt.
Die Revision wird zugelassen für die Beklagte.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der von der Beklagten ausgesprochenen außerordentlichen Kündigungen des zwischen ihnen abgeschlossenen Manteltarifvertrages für das Modellbauerhandwerk im nordwestdeutschen Raum der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Berlin, Tarifgruppe Nord, vom 25.04.1991 (MTV) und des Tarifvertrages über ein 13. Monatseinkommen für das Modellbauerhandwerk vom 16.11.1989 (Tarifvertrag über ein 13. Monatseinkommen).
Der beklagte Arbeitgeberverband hat 245 Mitgliedsunternehmen. Diese beschäftigen ca. 2.000 Arbeitnehmer. Die Struktur der Betriebe hinsichtlich der Arbeitnehmerzahl gliedert sich hierbei wie folgt:
46 % |
(113 Betriebe) |
1 – 5 |
Beschäftigte |
21 % |
(51 Betriebe) |
5 – 10 |
Beschäftigte |
19,4 % |
(48 Betriebe) |
10 – 20 |
Beschäftigte |
8 % |
(20 Betriebe) |
20 – 50 |
Beschäftigte |
5,6 % |
(13 Betriebe) |
50 und mehr |
Beschäftigte |
Insgesamt sind in dem beklagten Arbeitgeberverband 51 % der einer Innung angeschlossenen Betriebe überbetrieblich organisiert.
Die Zahl der Arbeitnehmer, die Mitglieder der klagenden Gewerkschaft sind, liegt im Tarifbereich Nord unter 50%.
Am 16.11.1989 schlossen die Parteien einen Tarifvertrag über ein 13. Monatseinkommen, der am 01.01.1989 in Kraft trat und nach der Vereinbarung erstmalig zum 31.12.1995 kündbar war. Nach § 1 galt der Tarifvertrag persönlich für alle gewerblichen Arbeitnehmer sowie für alle kaufmännischen und technischen Angestellten und Meister, sofern sie Mitglied der vertragsschließenden Parteien waren.
In § 2 wurde geregelt, daß eine nach Betriebszugehörigkeit gestaffelte Sonderzahlung wie folgt geleistet wird:
Nach einer Betriebszugehörigkeit von 12 Monaten
ab 1989 |
ab 1991 |
ab 1993 |
ab 1995 |
74% |
76% |
78% |
80%; |
nach einer Betriebszugehörigkeit von 24 Monaten
ab 1989 |
ab 1991 |
ab 1993 |
ab 1995 |
84 % |
86 % |
88 % |
90 % |
eines Monatsverdienstes.
Bei den Verhandlungen vor Abschluß des Tarifvertrages über ein 13. Monatseinkommen befand sich die Wirtschaft der Bundesrepublik allgemein in einer guten konjunkturellen Ausgangssituation. Nach einer Steigerung des Bruttosozialproduktes um 4 % im Jahre 1989 wurde für 1990 eine solche von 3 % verbunden mit einer generellen Wachstumssteigerung von 5 % bis 6 % erwartet.
Am 25.04.1991 schlossen die Parteien den Manteltarifvertrag, der am 01.10.1990 in Kraft trat und erstmalig zum 31.03.1995 mit einer dreimonatigen Kündigungsfrist kündbar war. In Ziffer 14 a) MTV wurde eine Verkürzung der durch ihn seit dem 01.10.1993 auf 36,5 Stunden festgesetzten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ab dem 01.10.1994 auf 36 Stunden bestimmt. Ziffer 73 MTV gewährte jedem Arbeitnehmer der Mitgliedsunternehmen der Beklagten einen Anspruch auf ein zusätzliches Urlaubsgeld in Höhe von 65 % des Urlaubsentgelts nach Ziffer 70 MTV ab dem 01.01.1993.
Auch bei den Verhandlungen über den Manteltarifvertrag im Jahre 1990/1991 wurde allgemein von Experten eine anhaltend gute wirtschaftliche Lage prognostiziert. Während vor allem die Klägerin ihren Forderungen in den o.g. Tarif Verhandlungen diese günstig wirkenden Prognosen zugrunde legte, ging die Beklagte schon damals von einer deutlich schlechteren allgemeinen Konjunkturentwicklung und insbesondere einer sich verschlechternden Situation der Modellbauerbranche durch verschärften Konkurrenzdruck aus.
Im Jahre 1993 brach das Bruttosozialprodukt in der Bundesrepublik im ersten Quartal um 3 % und das Bruttoinlandsprodukt um 1,5 % ein. Über diese allgemeine Konjunkturkrise hinaus hatte die Modellbauerbranche eine deutliche Auftrags- und Umsatzsenkung im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen, was im wesentlichen auf der Öffnung der östlichen Grenzen und den damit verbundenen Eintritt der Länder des ehemaligen Ostblocks als Anbieter auf dem westlichen Markt beruhte. Hierdurch verschärfte sich der Wettbewerb, da Betriebe aus den Ostländern ihre Erzeugnisse zu Endmodellkosten von nur 20 bis 30 % der Westbetriebe anboten.
Nach einer von der Beklagten durchgeführten Mitgliederbefragung zum Jahreszeitraum 1993 ergaben sich im Jahre 1993 im Vergleich zu 1992 Ertragseinbußen von 24,7 %, Auftragseinbußen von 18,5 %, Einbußen bei den Verkaufspreisen von 12,9 %, Rückgänge der Beschäftigung um 9,7 %. Nach der Befragung konnten 85,3 % der Mitgliedsunternehmen das tariflich vereinbarte Weihnachtsgeld auszahlen, hiervon 41,4 % vollständig, 23,8 % teilweise und 4,8 % gestundet. Wegen der weiteren Einzelheiten...