Verfahrensgang

ArbG Paderborn (Urteil vom 25.08.1999; Aktenzeichen 2 Ca 806/99)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 25.08.1999 – 2 Ca 806/99 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte mit seiner am 29.06.1999 beim Arbeitsgericht Paderborn eingegangenen Klage auf Entfernung der ihm am 11.05.1999 erteilten Abmahnung aus seiner Personalakte in Anspruch.

Die Abmahnung geht zurück auf eine Beschwerde des geistig behinderten Mitarbeiters M… vom 31.03.1999, der den Kläger beschuldigte, ihn angepinkelt zu haben und damit gedroht hätte, es wieder zu tun. Der Vorfall wurde daraufhin am 21.04.1999 durch Befragung des Klägers, des Zeugen M… und des Zeugen H… untersucht. Der Kläger wurde mit den gegen ihn erhobenen Vorwürfen konfrontiert und um Stellungnahme gebeten. Er erklärte, es habe sich um einen Scherz gehandelt. Tatsächlich habe er den Arbeitskittel des Zeugen M… lediglich mit Wasser bespritzt.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils sowie auf den Wortlaut der schriftlichen Abmahnung vom 11.05.1999 (Bl. 77 und 79 d.A.) Bezug genommen.

Der Kläger hält die Abmahnung für unberechtigt. Er habe sich keinesfalls einen Spaß auf Kosten eines Behinderten machen wollen. Der Zeuge M… habe den Vorfall auch als Scherz verstanden.

Demgegenüber hält die Beklagte die Abmahnung für erforderlich und berechtigt. Ihre Fürsorgepflicht gebiete es, Behinderte vor jeder Art von Belästigung und Diskriminierung zu schützen. Es komme nicht darauf an, ob der Kläger den Zeugen M… tatsächlich angepinkelt oder nur so getan habe.

Das Arbeitsgericht hat die Klage durch Urteil vom 25.08.1999 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Abmahnung vom 11.05.1999 sei zu Recht ergangen. Der Kläger habe sich auf Kosten des Zeugen M… einen Spaß erlaubt. Dieser Spaß habe auf M… so echt gewirkt, daß dieser tatsächlich geglaubt habe, der Kläger habe ihn entsprechend seiner Ankündigung angepinkelt. In Kenntnis der geistigen Behinderung des Zeugen M… habe sich der Kläger auf dessen Kosten einen üblen Scherz erlaubt. Die Beklagte habe darauf berechtigterweise mit einer Abmahnung reagiert. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts Bezug genommen.

Mit der dagegen eingelegten Berufung verfolgt der Kläger seinen erstinstanzlichen Klageantrag in vollem Umfang weiter. Er hält die Abmahnung bereits deshalb für unwirksam, weil sich der Vorgang tatsächlich anders als in der Abmahnung dargestellt abgespielt habe. Bei dem Vorfall einige Tage später habe er gegenüber H… mit lauter Stimme erklärt, den Mitarbeiter M… selbstverständlich nicht angepinkelt zu haben, und es sei alles nur ein Spaß gewesen. Er habe dies auch für den Zeugen M… vernehmbar klarstellen wollen, der sich zur selben Zeit auf der Toilette befunden und das Gespräch mit hätte anhören können. In der Berufungsverhandlung hatte der Kläger seinen Vortrag korrigiert und erklärt, er sei zunächst davon ausgegangen, daß sich der Zeuge M… ebenfalls in der Toilette befunden und das Gespräch mitangehört habe. Später habe er erfahren, daß M… nicht auf der Toilette gewesen sei. Der Kläger trägt weiter vor, er habe immer ein gutes Verhältnis zu Herrn M… gehabt und diesen keineswegs diskriminieren wollen. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei eine Abmahnung für eine derartige Neckerei ein zu hartes Mittel. Die Beschwerde des Zeugen M… sei von Kollegen aufgesetzt worden, die den Vorfall bewußt aufgegriffen hätten, um ihm zu schaden.

Der Kläger beantragt:

Das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 25.08.1999 – 2 Ca 806/99 – wird abgeändert. Es wird nach den Schlußanträgen erster Instanz erkannt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend und tritt dem Vorbringen des Klägers entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die protokollierten Erklärungen in der Berufungsverhandlung vom 10.05.2000 Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Ein Anspruch des Klägers, die schriftliche Abmahnung vom 11.05.1999 aus der Personalakte zu entfernen, besteht nicht. Das Berufungsgericht macht sich die überzeugenden Gründe des Arbeitsgerichts zu eigen und nimmt darauf gemäß § 543 Abs. 1 ZPO Bezug. Die dagegen gerichteten Angriffe der Berufung bleiben erfolglos.

I

1. Das Verhalten des Klägers gegenüber dem Zeugen M… mißachtet – auch wenn es als Scherz gemeint war – die Persönlichkeitsrechte eines Arbeitskollegen. Durch dieses unangemessene Verhalten hat der Kläger zugleich seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt. Dies gilt um so mehr, als der Kläger als Tischlermeister mit Aufsichtsfunktionen tätig war und ihm die Behinderung des Zeugen M… bekannt ist. Die B...

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