Entscheidungsstichwort (Thema)

Mitbestimmung bei Gruppenunterstützungskassen Art und Umfang des Mitbestimmungsrechts

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Betriebsrat des Unternehmens, das zusammen mit anderen Unternehmen Leistungen der betrieblichen Altersversorgung über eine Gruppenunterstützungskasse gewährt, hat nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG über das Abstimmungsverhalten des Unternehmens bei Beschlüssen der Organe der Kasse hinsichtlich der Ausgestaltung des Leistungsplans mitzubestimmen. Der Widerruf von Leistungen oder Anwartschaften ist unwirksam, wenn das Unternehmen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Aufstellung des Leistungsplans verletzt.

2. Eine andere Beurteilung ist nur dann gerechtfertigt, wenn feststeht, daß die mitbestimmungspflichtige Entscheidung des Trägerunternehmens in der Gruppenunterstützungskasse nicht durchsetzbar gewesen wäre. Eine derartige Feststellung kann nicht getroffen werden, wenn vernünftige Gründe für eine anderweitige Ausgestaltung des Leistungsplans vorliegen.

3. Ein Nachweis, daß die Organe der Kasse entsprechend entschieden hätten, ist nicht zu verlangen, es genügt, wenn mit einiger Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, daß die Ablehnung der Änderung des Leistungsplans durch das einzelne Trägerunternehmen die Änderung insgesamt verhindert hätte.

 

Normenkette

BetrVG § 87 Abs. 1 Nrn. 8, 10; BetrAVG § 2 Abs. 1; ZPO § 256

 

Verfahrensgang

ArbG Dortmund (Urteil vom 27.10.1998; Aktenzeichen 2 Ca 232/98)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 26.09.2000; Aktenzeichen 3 AZR 607/99)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 27.10.1998 – 2 Ca 232/98 – wird unter Neufestsetzung des Streitwerts auf 8.217,12 DM kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz lediglich über den Umfang der vom Kläger erworbenen Anwartschaft auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung.

Der Kläger war bei der Beklagten und ihren Rechtsvorgängerinnen seit 1962 mit Unterbrechungen als kaufmännischer Angestellter beschäftigt. Er war zuletzt als Leiter der Werbeabteilung eingesetzt. Sein Grundgehalt betrug 7.000,00 DM. Das Arbeitsverhältnis endete am 30.06.1998 aufgrund ordentlicher Kündigung seitens der Beklagten aus betriebsbedingten Gründen. Der Kläger erhielt als Sozialplanleistung 55.263,00 DM. Die von ihm gegen die Kündigung erhobene Klage, die zugleich Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens war, blieb erfolglos.

Der am 28.05.1948 geborene Kläger ist verheiratet. Am 01.12.1998 konnte er ein neues Arbeitsverhältnis eingehen.

Die Beklagte gewährt Leistungen der betrieblichen Altersversorgung über eine Gruppenunterstützungskasse, die in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins unter dem Namen Zuschußkasse der K D – Ke. V. fungiert. Trägerunternehmen sind nach § 1 der Satzung des Vereins vom 22.01.1997 ab 01.05.1997

K D – KeG, c. o. Supermarkt GmbH, P Verbrauchermarkt GmbH, a-p GmbH, T TUnterhaltungselektronic GmbH, G Einkaufs GmbH, Bull Integris.

Die Zuschußkasse wurde für Neuzugänge ab dem 01.04.1995 geschlossen.

Die Leistungen des Vereins, in der Satzung als Zuschüsse bezeichnet, werden durch Mittel und daraus fließende Erträgnisse finanziert, die die Trägerunternehmen dem Verein freiwillig zuwenden. Nach § 3 Abs. 2 der Satzung werden die Zuschüsse an die versorgungsberechtigten Mitarbeiter nach Richtlinien gewährt, die der Vorstand aufstellt. In § 3 Abs. 1 der Satzung ist normiert, daß die Zuschüsse freiwillig mit der Möglichkeit des Widerrufs oder der Kürzung auch für bereits laufende Zuschüsse erfolgen. Ein Rechtsanspruch auf die Zuschüsse besteht nicht und zwar auch dann nicht, wenn sie wiederholt und regelmäßig geleistet worden sind.

Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 der Satzung besteht der Vorstand aus mindestens drei durch Beschluß der Mitgliederversammlung auf unbestimmte Zeit bestellte Personen, von denen eine dem Betriebsrat angehört. Die Willenserklärungen des Vorstandes sind gemäß § 9 Abs. 1 der Satzung mindestens von zwei Vorstandsmitgliedern zu unterzeichnen.

Nach § 1 der Richtlinien vom 12.03.1997 (Richtlinien 97 = RL 97) können die Arbeitnehmer Versorgungsleistungen beanspruchen, die in einem Arbeitsverhältnis mit der K D – Ke. G. stehen oder die aufgrund der Aufspaltung der K D – Ke. G. in rechtlich selbständigen Spartengesellschaften gemäß § 613 a BGB von der K D – Ke. G. in das jeweilige Trägerunternehmen übergegangen sind.

Die letzte Fassung der Richtlinien beruht auf einem Vorstandsbeschluß vom 09.06.1998, an dem die Vorstandsmitglieder Volke, jetziger Mitliquidator der Beklagten, G, Gesamtbetriebsratsvorsitzender, und der Schriftführer K teilnahmen. Das Protokoll der Sitzung hat folgenden Wortlaut:

„…

Der Vorstand bzw. die Geschäftsführung der Trägerunternehmen K D – KeG, c… o..Supermarkt GmbH, P Verbrauchermarkt GmbH, haben mit Schreiben vom 23.12.1997 und die Geschäftsführung der allkon GmbH mit Schreiben vom 29.04.1998 die Versorgungszusage gemäß dem beiliegenden Entwurf zur Richtlinienänderung...

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