Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung eines Arbeitsvertrages hinsichtlich der Höhe der Vergütung
Leitsatz (redaktionell)
Verweist der Arbeitsvertrag zunächst auf den Lohntarifvertrag für den Einzelhandel NRW und enthält er sodann eine bezifferte Vereinbarung für den zu zahlenden Stundenlohn, so ist dies so auszulegen, dass aufgrund der Bezugnahmeklausel das jeweils maßgebende Tarifentgelt vereinbart werden sollte.
Normenkette
Lohntarifvertrag für den Einzelhandel NRW
Verfahrensgang
ArbG Münster (Entscheidung vom 07.03.2014; Aktenzeichen 2 Ca 10/14) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 07.03.2014 - 2 Ca 10/14 - abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 828,12 € brutto zuzüglich 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz liegende Zinsen seit 20.01.2014 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Entgeltansprüche des Klägers gegen die Beklagte aufgrund einer streitigen Bindung an den Gehaltstarifvertrag für den Einzelhandel NRW.
Der Kläger ist seit dem 01.03.2000 bei der Beklagten als Verkäufer beschäftigt, Grundlage der Beschäftigung war zunächst ein schriftlicher Arbeitsvertrag vom 23.02.2000 (Bl 8-9 GA).
In § 1 Ziffer 3 dieses Arbeitsvertrages heißt es auszugsweise:
"Die Tarifverträge für die Beschäftigten im Einzelhandel des Landes NRW in ihrer jeweils geltenden Fassung und deren Nachfolgeverträge sind Bestandteil dieses Vertrages."
In § 4 Ziffer 1 war der Passus zur Eingruppierung des Klägers dahingehend ausgefüllt, dass eine Einstufung in Gehaltsgruppe I erfolgt.
§ 4 Ziffer 2 lautet:
"Das jeweilige Tarifgehalt als Verkäufer nach dem Tarifvertrag für den Einzelhandel wird garantiert, Es beträgt z.Zt. bei 37,5 Stunden nach Gruppe I Berufsjahr 3449,-DM. Sollte durch einen Sockelbetrag von 1.500,-DM und Prämie lt. Hausstaffel das Tarifgehalt nicht erreicht werden, so wird die Differenz erfolgsunabhängig als Ausgleich garantiert".
In § 4 Ziffer 4 ist des Weiteren geregelt, dass über das tarifliche Entgelt hinausgehenden Bestandteile gekürzt oder widerrufen werden können, zudem bei einer Erhöhung der Tarife angerechnet werden können.
Die Beklagte ist Mitglied des Einzelhandelsverbandes Ostwestfalen-Lippe, der wiederum Mitglied im Einzelhandelsverband Nordrhein-Westfalen ist.
Die Beklagte war zunächst Mitglied mit Tarifbindung. Mit Schreiben vom 20.09.2004 erklärte sie gegenüber dem Einzelhandelsverband Ostwestfalen-Lippe den Ausschluss der Tarifbindung zum Ablauf des auf dem Zugang dieser Erklärung folgenden Monats. Mit Schreiben vom 23.09.2004 bestätigte der Verband die Annahme des Antrages zum Wechsel in die Mitgliedschaft ohne Tarifbindung (OT-Mitgliedschaft). Der Verband führt seit dem 01.11.2004 die Beklagte als Mitglied ohne Tarifbindung.
Bis zu diesem Zeitpunkt wurde das Gehalt des Klägers regelmäßig entsprechend den Tarifabschlüssen erhöht.
Unter dem 16.03.2005 schlossen die Parteien eine Vereinbarung zur Änderung des Arbeitsvertrages (Bl 12 GA).
Diese hat folgenden Wortlaut:
"Die Parteien sind sich darüber einig, dass der zwischen ihnen bestehende Arbeitsvertrag mit Wirkung ab dem 01.04.2005 wie folgt geändert wird. Die dabei nicht genannten Regelungen gelten weiter. Ebenso bleibt die Dauer der Betriebszugehörigkeit gewahrt
Arbeitszeit
Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 40 Stunden"
Zuschläge
Auf Spät- und Mehrarbeitszuschläge besteht kein Anspruch
Sonderzahlungen
...
Urlaub
...."
Jedenfalls nach Abschluss dieser Vereinbarung gab die Beklagte Tariflohnerhöhungen im Einzelhandel nicht mehr an den Kläger weiter.
In dem Rechtsstreit 2 Ca 1568/10 vor dem ArbG Münster, dessen Gegenstand im Wesentlichen war, ob es sich bei der Erhöhung von 37,5 Stunden auf 40 Stunden/Woche um eine Arbeitszeiterhöhung mit oder ohne Lohnausgleich handelte, schlossen die Parteien unter dem 13.09.2012 (Bl 114/115 GA) einen Prozessvergleich, nach dem sich die Beklagte zur Zahlung eines bestimmten Betrages für Mehrarbeit im Zeitraum Oktober 2006 bis Juli 2010 sowie zur Gewährung von Urlaubstagen rückwirkend ab 2006 verpflichtete. Ferner wurde eine Einigkeit der Parteien geregelt, dass der Kläger ab dem 01.08.2010 wöchentlich 37,5 Arbeitsstunden erbringt. Die Frage der Vergütungshöhe thematisierte der Kläger in diesem Verfahren nicht
Unter dem 21.01.2012 unterschrieben der Kläger und die Geschäftsleitung ein als "Personalveränderung" betiteltes Schriftstück (Bl 46 GA) anlässlich eines Abteilungswechsels des Klägers, in dem u.a. das bisherige und das künftige Fixum und ein bisheriges und künftiges Entgelt mit identischen Werten genannt waren.
Mit Schreiben vom 21.11.2013 machte der Kläger Entgeltdifferenzansprüche für die Zeit von Juli 2013 bis Oktober 2013 gegenüber der Beklagten erfolglos geltend mit der Begründung, er habe Anspruch auf Vergütung der Gehaltsgruppe I, 6. Berufsjahr des Gehaltstarifvertrages.
Solche Ansprüche verfolgt der Kläger mit der unter dem 06.01.2014 beim Arbeitsgericht eingegangenen Kl...