Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung eines Arbeitsvertrages hinsichtlich der Höhe der Vergütung

 

Leitsatz (redaktionell)

Verweist der Arbeitsvertrag zunächst auf den Lohntarifvertrag für den Einzelhandel NRW und enthält er sodann eine bezifferte Vereinbarung für den zu zahlenden Stundenlohn, so ist dies so auszulegen, dass aufgrund der Bezugnahmeklausel das jeweils maßgebende Tarifentgelt vereinbart werden sollte.

 

Normenkette

Lohntarifvertrag für den Einzelhandel NRW

 

Verfahrensgang

ArbG Münster (Entscheidung vom 07.03.2014; Aktenzeichen 2 Ca 53/14)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 07.03.2014 - 2 Ca 53/14 - abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.258,30 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über den jeweiligen Basiszinssatz seit 20.01.2014 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Entgeltansprüche der Klägerin gegen die Beklagte aufgrund einer streitigen Bindung an den Gehaltstarifvertrag für den Einzelhandel NRW.

Die Klägerin ist seit dem 01.02.1999 bei der Beklagten als Einrichtungsberaterin beschäftigt. Grundlage der Beschäftigung war zunächst ein schriftlicher Arbeitsvertrag vom 05.12.1998 (Bl 7-10 GA).

In § 1 Ziffer 3 dieses Arbeitsvertrages heißt es auszugsweise:

"Die Tarifverträge für die Beschäftigten im Einzelhandel des Landes NRW in ihrer jeweils geltenden Fassung und deren Nachfolgeverträge sind Bestandteil dieses Vertrages.".

In § 4 Ziffer 1 war der Passus zur Eingruppierung der Klägerin nicht ausgefüllt.

§ 4 Ziffer 2 lautet:

"Das jeweilige Tarifgehalt als Verkäufer nach dem Tarifvertrag für den Einzelhandel wird garantiert, Es beträgt z.Zt. bei 28,75 Stunden nach Gruppe I 7. Berufsjahr 2.563,61 DM. Sollte durch einen Sockelbetrag von 1.148,01-DM und Prämie lt. Hausstaffel das Tarifgehalt nicht erreicht werden, so wird die Differenz erfolgsunabhängig als Ausgleich garantiert".

In § 4 Ziffer 4 ist des Weiteren geregelt, dass über das tarifliche Entgelt hinausgehenden Bestandteile gekürzt oder widerrufen werden können, zudem bei einer Erhöhung der Tarife angerechnet werden können.

Die Beklagte ist Mitglied des Einzelhandelsverbandes Ostwestfalen-Lippe, der wiederum Mitglied im Einzelhandelsverband Nordrhein-Westfalen ist.

Die Beklagte war zunächst Mitglied mit Tarifbindung. Mit Schreiben vom 20.09.2004 erklärte sie gegenüber dem Einzelhandelsverband Ostwestfalen-Lippe den Ausschluss der Tarifbindung zum Ablauf des auf dem Zugang dieser Erklärung folgenden Monats. Mit Schreiben vom 23.09.2004 bestätigte der Verband die Annahme des Antrages zum Wechsel in die Mitgliedschaft ohne Tarifbindung (OT-Mitgliedschaft). Der Verband führt seit dem 01.11.2004 die Beklagte als Mitglied ohne Tarifbindung.

Bis zu diesem Zeitpunkt wurde das Gehalt der Klägerin regelmäßig entsprechend den Tarifabschlüssen erhöht.

Unter dem 04.03.2005 schlossen die Parteien eine Vereinbarung zur Änderung des Arbeitsvertrages (Bl 12 GA).

Diese hat folgenden Wortlaut:

"Die Parteien sind sich darüber einig, dass der zwischen ihnen bestehende Arbeitsvertrag mit Wirkung ab dem 01.04.2005 wie folgt geändert wird. Die dabei nicht genannten Regelungen gelten weiter. Ebenso bleibt die Dauer der Betriebszugehörigkeit gewahrt

Arbeitszeit

Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 40 Stunden

Basis/Teilzeit (22 Std.)

Zuschläge

Auf Spät- und Mehrarbeitszuschläge besteht kein Anspruch

Sonderzahlungen

...

Urlaub

..."

Jedenfalls nach Abschluss dieser Vereinbarung gab die Beklagte Tariflohnerhöhungen im Einzelhandel nicht mehr an die Klägerin weiter.

Unter dem 29.04.2005 unterschrieben die Klägerin und der "künftige Vorgesetze" ein als "Personalveränderung" betiteltes Schriftstück (Bl 48 GA), in dem die bisherige Arbeitszeit mit "95,25/22 und die künftige Arbeitszeit mit "104/24" angegeben waren. Unter der Rubrik "Tariflohn/Tarifgehalt" finden sich Einträge zum bisherigen und zum künftigen Entgelt.

Unter dem 02.10.2010 unterschrieben die Klägerin und der "bisherige" und "künftige Vorgesetze" in einer Person eine weitere "Personalveränderung" (Bl 49 GA), in der die bisherige Arbeitszeit mit "24 Std./Woche" und die künftige Arbeitszeit mit "96 Std./Monat" angegeben waren. Unter den Rubriken "Lohn/Gehalt/Garantiegehalt". "Ausgleichszahlung" und "Summe Vergütung" finden sich Einträge zum bisherigen und zum künftigen Entgelt.

Eine weitere "Personalveränderung" unterzeichneten die Klägerin und die Vorgesetzten unter dem 16.02.2011 (Bl 51 GA) anlässlich einer Umsetzung der Klägerin in eine andere Abteilung auf Grund einer Bewerbung der Klägerin mit Schreiben vom 01.02.2011. Die Veränderung sollte bis zum 30.08.2011 gültig sein. Die "Personalveränderung" vom 04.11.2011 (Bl 52 GA) verlängert die Umsetzung bis zum 31.03.2012, die weitere "Personalveränderung" vom 23.05.2012 (Bl 53 GA) bis zum 30.09.2012. Die letzte "Personalveränderung" vom 27.11.2013 (Bl 54 GA) sieht sodann eine Umsetzung der Klägerin in ihre ursprüngliche Abt...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge