Entscheidungsstichwort (Thema)
Berechnung des Anpassungsgeldes nach dem geänderten Gesamtsozialplan im Steinkohlebergbau in der Fassung der Änderungsvereinbarung vom 02.12.2010
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei der Berechnung des Garantieeinkommens als Grundlage der Berechnung des monatliche Zuschusses zum Anpassungsgeld aufgrund des geänderten Sozialplans im Steinkohlebergbau bleiben u.a. Bezüge für Grubenwehrübungen außerhalb der regelmäßigen Schichtzeit und Vergütungen als Ersatz für entgangenen Mehrarbeitsvergütung außer Betracht.
2. Die Änderung des Gesamtsozialplans im Steinkohlebergbau im Jahr 2010 ist wirksam, insbesondere führt ihre Anwendung nicht zu einer rechtlich unzulässigen Rückwirkung. Denn die Parteien eines Sozialplans können die von ihnen getroffene Regelung wie auch bei anderen Betriebsvereinbarungen grundsätzlich jederzeit für die Zukunft abändern. Dabei kann der neue Sozialplan auch Regelungen enthalten, die für die Arbeitnehmer ungünstiger sind.
Normenkette
Gesamtsozialplan im Steinkohlebergbau Fassung: 2010-12-02
Verfahrensgang
ArbG Herne (Entscheidung vom 03.12.2014; Aktenzeichen 5 Ca 965/14) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 03.12.2014 - 5 Ca 965/14 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Berechnung eines Zuschusses zum Anpassungsgeld nach einem Gesamtsozialplan, nachdem der Kläger mit Ablauf des Mai 2011 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist.
Der Kläger wurde am 01. September 1976 als Auszubildender (Bergmechaniker) auf dem damaligen Bergwerk O angelegt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fanden die Bestimmungen des Manteltarifvertrages für die Arbeitnehmer des Rheinisch/Westfälischen Steinkohlebergbaus Anwendung. Zuletzt war der Kläger als Technischer Angestellter unter Tage in der Gehaltsgruppe 04 auf dem Bergwerk X tätig.
Die Beklagte ist ein Bergbauunternehmen. Aufgrund berufsgenossenschaftlicher Vorgaben ist sie verpflichtet, auf ihren Bergwerken eine Grubenwehr vorzuhalten. Die Organisation der Grubenwehr ist bei der Beklagten durch den Plan für das Grubenrettungswesen der Hauptstelle für das Grubenrettungswesen I geregelt. Der Kläger war bis zur Beendigung seines Arbeitsverhältnisses Mitglied der Grubenwehr.
Unter dem 25. Juni 2003 vereinbarten die Beklagte und der Gesamtbetriebsrat der E AG einen Gesamtsozialplan zum Anpassungsprogramm der E AG (GSP 2003, Bl. 12 ff. GA). Dieser Sozialplan sah vor, dass Arbeitnehmer, die aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden und Anspruch auf die Gewährung von Anpassungsgeld nach den jeweils gültigen Richtlinien über die Gewährung von Anpassungsgeld an Arbeitnehmer des Steinkohlenbergbaus des Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie haben, u.a. von der Beklagten einen Zuschuss zum Anpassungsgeld erhalten sollten, wenn das Anpassungsgeld ein Garantieeinkommen nicht erreicht. Das Garantieeinkommen wurde in § 2 Ziffer 7 Absatz 3 des Gesamtsozialplan wie folgt definiert:
" ...
(3) Das Garantieeinkommen beträgt 60 % des Brutto-Monatseinkommens, jedoch höchstens 60 % der im Zeitpunkt der Entlassung für Monatsbezüge in der knappschaftlichen Rentenversicherung geltenden Beitragsbemessungsgrenze.
Für die Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens wird das Entgelt der letzten 12 abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden zugrunde gelegt. Einmalzahlungen und Mehrarbeitsgrundvergütungen bleiben bei der Ermittlung außer Betracht. Weiterhin bleiben Lohn- bzw. Gehaltsbestandteile, die nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegen, bei der Ermittlung außer Betracht. Der so ermittelte Betrag wird durch die Anzahl der im 12-Monatszeitraum angefallenen Versicherungstage dividiert und mit dem Faktor 30 multipliziert.
Bei der Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens wird das im Jahr des Ausscheidens jeweils gültige Weihnachtsgeld mit einem monatlichen Anteil von 1/12 berücksichtigt.
..."
Unter dem 27. Mai 2010 unterzeichneten die Parteien des Gesamtsozialplans eine "Protokollnotiz VII zum Gesamtsozialplan zum Anpassungsprogramm vom 25.06.2003" (126 GA). Darin erklärten sie u.a., dass die Vertragsparteien bereits bei Abschluss des Gesamtsozialplanes davon ausgegangen seien, dass bei der Ermittlung des Bruttomonatseinkommens gem. § 2 Ziffer 7 Absatz 3 des GSP 2003 bestimmte Lohn- und Gehaltsarten, u.a. die Zulage "1015 Grubenwehr-Übung außerh.", nicht zu berücksichtigen seien.
Am 29.11.2010 wurde der Kläger bei der Beklagten als "Sozialplan-Abkehrer" beraten. Dazu verhält sich der vom Kläger unterschriebene zweiseitige "Beratungsbogen für Sozialplan-Abkehrer". Dort heißt es unter Bemerkungen (die kursiv wiedergegebenen Zahlen sind handschriftlich in das Formular eingetragen):
"...
Vorläufiges Anpassungsgeld durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle ca. brutto € 1851,-
(Betrag inklusive einer evtl. Rente durch die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See!)
Vorläufige...