Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch einer teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmerin auf Erhöhung der Arbeitszeit. Zulässigkeit des Unmöglichkeitseinwandes
Leitsatz (amtlich)
Ist eine Arbeitsstelle endgültig mit einer anderen Person besetzt, steht dem Anspruch aus §9 TzBfG der Unmöglichkeitseinwand entgegen.
Normenkette
TzBfG § 9
Verfahrensgang
ArbG Paderborn (Entscheidung vom 12.08.2015; Aktenzeichen 4 Ca 504/15) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 12.08.2015 - 4 Ca 504/15 - abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Erhöhung ihrer Arbeitszeit.
Die Klägerin ist seit 1989 für die Beklagte als Krankenschwester tätig. Die Klägerin war zunächst in zwei chirurgischen Abteilungen und danach (bis zum Jahr 2011) im ambulanten Pflegezentrum beschäftigt. Die Parteien schlossen unter dem 31.07.2006 einen bis zum 31.12.2006 befristeten Arbeitsvertrag (Ablichtung Bl. 7 f. der Gerichtsakten). Der Vertrag sieht eine Teilzeitbeschäftigung der Klägerin mit 25 % der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit vor und nimmt Bezug auf die Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR) in ihrer jeweiligen Fassung. Vom 01.01.2007 bis zum 31.05.2010 war die Klägerin mit einem Beschäftigungsumfang von 50 % einer Vollzeitstelle tätig. In der Zeit vom 01.06.2010 bis zum 31.12.2010 wurde die Arbeitszeit der Klägerin befristet auf 75 % einer Vollzeitstelle erhöht. Von Januar 2011 bis September 2011 war die Klägerin aufgrund eines Arbeitsunfalles arbeitsunfähig erkrankt. Seit Oktober 2011 wurde sie im Umfang von 50 % einer Vollzeitstelle beschäftigt. Im Jahr 2012 bewarb sich die Klägerin für den stationären Pflegedienst und wurde auch dort berücksichtigt und beschäftigt. Die Regelvergütung der Klägerin für den Monat Februar 2015 betrug ausweislich der Gehaltsmitteilung (Ablichtung Bl. 23 der Akten) 1.535,14 € brutto.
Die Klägerin hatte sich seit 2008 mehrfach erfolglos auf Vollzeitstellen bei der Beklagten beworben. Auch Anträgen auf Erhöhung ihrer Arbeitszeit entsprach die Beklagte nicht. Zur Angliederung der Klägerin an eine Vollzeitstelle im Bereich der stationären Pflege wurde ein Stufenplan (Ablichtung Bl. 67 R der Akten) entwickelt und im Zeitraum von Juli 2014 bis September 2014 durchgeführt. Hintergrund dieser Maßnahme war es, dass die Beklagte an die im stationären Pflegedienst vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer die Anforderung stellt, eine Patientengruppe eigenverantwortlich führen zu können; die Beklagte sah insoweit bei der Klägerin Defizite. Nach Durchführung des Stufenplans wurde am 09.12.2014 ein Schlussgespräch mit der Klägerin geführt. Ausweislich der Gesprächsnotiz vom 11.12.2014 (Ablichtung Bl. 68 der Akten) wurde bei dem Gespräch festgestellt, dass die Klägerin noch "nicht in der Lage ist, eine Pflegegruppe in der Woche selbständig zu übernehmen". In der Gesprächsnotiz heißt es weiter: "Aus diesen Gründen wird der Antrag auf die Erhöhung des Arbeitsumfangs nicht gewährt". Die Klägerin bat um eine weitere Einarbeitungsphase, die ihr jedoch nicht eingeräumt wurde.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 09.02.2015 (Ablichtung Bl. 36 der Akten) bekundete die Klägerin ihr Interesse an einer Vollzeitstelle und wies auf ihre abgelehnten Bewerbungen sowie auf § 9 TzBfG hin. Zum 01.04.2015 stellte die Beklagte fünf neu examinierte Krankenschwester und Pfleger ein, die auf Vollzeitstellen beschäftigt wurden. Die Klägerin wurde über die beabsichtigte Besetzung dieser Stellen nicht vorab informiert.
Mit ihrer Klage, die am 25.03.2015 beim Arbeitsgericht eingegangen ist, hat die Klägerin Ansprüche auf Erhöhung der Arbeitszeit geltend gemacht. Sie hat behauptet, seit März 2012 laufend Überstunden zu leisten, "die teilweise ein Zeitvolumen von 25 % der Arbeitszeit eines Vollbeschäftigten erreichen". Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie sei für die Stellen geeignet, die zum 01.04.2015 besetzt wurden. Ausweislich der erteilten Arbeitszeugnisse sei die Beklagte mit ihrer Arbeitsleistung voll zufrieden gewesen. Die Klägerin hat behauptet, nicht alle neu eingestellten Vollzeitkräfte müssten eine Patientengruppe führen. Im Herbst 2014 sei ein Krankenpfleger eingestellt worden, der die gleiche Tätigkeit ausübe wie die Klägerin. Die Klägerin verrichte derzeit Überstunden von bis zu 30 Stunden im Monat, ohne eine Pflegegruppe zu führen. Sie habe nicht die im Stufenplan vorgesehene vollständige Einarbeitung in die Software erhalten. Eine Einarbeitung sei wegen schwangerschaftsbedingter Ausfälle von Krankenschwestern nicht möglich gewesen. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe sie zu einer externen Fortbildung senden müssen.
Die Klägerin hat beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, der Erhöhung der Arbeitszeit der Klägerin von 19...