Verfahrensgang
ArbG Rheine (Urteil vom 13.12.1995; Aktenzeichen 2 Ca 711/94) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Rheine vom 13.12.1995 – 2 Ca 711/94 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, in welcher Höhe der Klägerin Gehaltsansprüche zustehen.
Die Beklagte betreibt 129 Märkte für Lebensmittel. Sie beschäftigt rund 4 500 Arbeitnehmer.
Bei der Beklagten bestehen drei Ausbildungsbereiche. Sie bildet aus zum Verkäufer bzw. zur Verkäuferin, zum Einzelhandelskaufmann bzw. zur Einzelhandelskauffrau sowie im handwerklichen Bereich, in dem Meister tätig sind, zum Nahrungsmittelfachverkäufer bzw. zur Nahrungsmittelfachverkäuferin.
Die am 13.02.1973 geborene, ledige Klägerin absolvierte bei der Beklagten im handwerklichen Bereich eine Ausbildung zur Bäckereifachverkäuferin. Sie beendete am 14.07.1992 die dreijährige Ausbildung erfolgreich. Sie wurde daran unmittelbar anschließend von der Beklagten als Bäckereifachverkäuferin eingestellt und ist seitdem im Markt R. tätig, in dem rund 40 Angestellte beschäftigt sind. Auf das Arbeitsverhältnis finden die für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen Anwendung.
Bei Aufnahme ihrer Tätigkeit als Bäckereifachverkäuferin wurde die Klägerin in die Gehaltsgruppe I des Gehaltstarifvertrages vom 21.06.1991 (GTV) eingestuft. Sie erhielt gemäß § 3 B Abs. 2 GTV das Entgelt des zweiten Berufsjahres der Gehaltsgruppe I, Staffel B. Dagegen bekamen die Angestellten, die eine dreijährige Ausbildung als Kaufmann bzw. als Kauffrau im Einzelhandel absolviert hatten, gemäß § 3 B Abs. 2 Sätze 2 und 3 GTV das Entgelt des dritten Berufsjahres der Gehaltsgruppe I, Staffel B.
Die Klägerin ist der Auffassung, daß ihre Einstufung nicht zutreffend erfolgt ist. Nach § 3 B Abs. 2 Satz 3 GTV hätte sie nach der Abschlußprüfung das Entgelt des dritten Berufsjahres erhalten müssen, da sie ebenso wie der Kaufmann bzw. die Kauffrau im Einzelhandel eine dreijährige Ausbildung nach einem kaufmännischen Berufsbild aus dem Einzelhandelsbereich absolviert habe.
Ausgehend von der Auffassung der Klägerin hätte sie ab August 1993 ein Entgelt nach dem vierten Berufsjahr erhalten müssen. Unter Anrechnung der von der Beklagten erbrachten Gehaltszahlungen würde der Klägerin unter Berücksichtigung der von ihr begehrten Einstufung für die Monate September 1993 bis einschließlich Mai 1994 unstreitig eine um 606,– DM brutto höhere Vergütung zustehen.
Mit der am 11.06.1994 erhobenen Klage hat die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 606,– DM brutto nebst 4 % Zinsen vom verbleibenden Nettobetrag seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie meint, die Klägerin habe zu Recht nach der Abschlußprüfung als Bäckereifachverkäuferin das Entgelt des zweiten Berufsjahres der Gehaltsgruppe I erhalten. Sie könne gemäß § 3 B Abs. 2 Satz 3 GTV keine Gleichstellung mit der Einzelhandelskauffrau, sondern nur mit der Verkäuferin nach § 2 Abs. 3 Buchst. c) GTV verlangen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, daß die Klägerin in dem vorgenannten Zeitraum gemäß § 3 B Abs. 2 GTV eine Vergütung nach jeweils zwei zusätzlich anrechenbaren Berufsjahren hätte erhalten müssen, denn bei der Ersteinstufung hätte ihr bereits das Entgelt des dritten Berufsjahres zugestanden.
Das Urteil, auf dessen Entscheidungsgründe im einzelnen Bezug genommen wird, ist der Beklagten am 09.01.1996 zugestellt worden. Am 30.01.1996 hat sie Berufung eingelegt und das Rechtsmittel am 22.02.1996 begründet.
Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Eine Gleichstellung mit denjenigen Mitarbeiterinnen, die eine Ausbildung als Kauffrau im Einzelhandel absolviert hätten, könne die Klägerin nicht beanspruchen. Bereits der Wortlaut des § 3 B Abs. 2 GTV verbiete die begehrte Gleichstellung, denn eine Ausbildung nach einem anderen kaufmännischen Berufsbild aus dem Bereich des Einzelhandels könnten nur die Bürokauffrau, die Buchhändlerin, die Drogistin und die Musikalienhändlerin aufweisen. Wie z. B. die Bankkauffrau, die Industriekauffrau und die Kauffrau im Groß- und Außenhandel oder die Speditionskauffrau, die Reiseverkehrskauffrau, die Werbekauffrau, die Versicherungskauffrau und die Verlagskauffrau könne die Klägerin gemäß § 2 Abs. 3 Buchst. c) GTV nur wie eine Verkäuferin mit Abschlußprüfung eingestuft werden.
Aus der Tarifgeschichte, so meint die Beklagte weiter, lasse sich nichts Gegenteiliges herleiten. Die Tarifvertragsparteien hätten eine Gleichstellung von Fachverkäufern und Fachverkäuferinnen aus dem Nahrungsmittelhandwerk mit dem Berufsbild Kaufmann/Kauffrau im Einzelhandel weder vereinbart noch gewollt. Eine Gleichstellung entspreche auch nicht dem Sinn der tarifvertraglichen Regelung. Der Kaufmann bzw. die Kauffrau im Einzelhandel seien von ihrer Ausbildung her ungleich universieller einsetzbar als eine Fachv...