Verfahrensgang
ArbG Paderborn (Urteil vom 12.06.1997; Aktenzeichen 1 Ca 361/97) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 12.06.1997 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn – 1 Ca 361/97 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
Mit der beim Arbeitsgericht Paderborn am 23.01.1996 eingereichten Klage begehrt der Kläger von der Beklagten noch restlichen Lohn für die Monate Dezember 1995 bis Februar 1996.
Die beklagte KG mit Sitz in P…. beschäftigt (Stand: November 1997) ca. 104 Angestellte und 78 Arbeiter (davon ca. 50 Kraftfahrer) mit dem Ein- und Verkauf von Lebensmitteln aller Art, der Durchführung von Werksverkehr und mit Serviceleistungen für andere Unternehmen der sog. „S…..-Gruppe”. Der am 13.03.1948 geborene Kläger ist seit dem 19.07.1982 bei der Beklagten als Kraftfahrer beschäftigt. Er ist außerdem Mitglied des 1993 gemeinsam von der Belegschaft der Beklagten und sechs weiteren Belegschaften von Unternehmen der „S…..-Gruppe” gewählten Betriebsrates. Als solches Mitglied ist der Kläger ab 01.12.1995 zu Gunsten seiner Betriebsratstätigkeiten gem. § 38 Abs. 1 BetrVG völlig von seinen arbeitsvertraglichen Pflichten bei der Beklagten freigestellt. Wie die zweitinstanzliche Sachaufklärung im Kammertermin am 11.02.1998 ergeben hat, sind den Kraftfahrern bei der Beklagten keine sich ständig wiederholenden Tätigkeiten zugewiesen, sie werden unterschiedlich eingesetzt, so daß keinem bestimmten Kraftfahrer die Tätigkeit des Klägers ab seiner Freistellung zugewiesen sein kann.
Der Stundenlohn des Klägers bei der Beklagten betrug im Klagezeitraum (Dezember 1995 bis Februar 1996) 18,72 DM brutto pro Stunde. Von Dezember 1993 bis einschließlich November 1995 verdiente der Kläger bei der Beklagten im Monat durchschnittlich 2.665,98 DM netto. Für Dezember 1995 bis Februar 1996 vergütete die Beklagte dem Kläger nur dessen tatsächliche Anwesenheitsstunden mit: Dezember 1995: 3.131,24 DM brutto = 1.914,34 DM netto, Januar 1996: 3.491,48 DM brutto und Februar 1996: 3.070,08 DM brutto.
Der Kläger hat gemeint, er habe als freigestelltes Betriebsratsmitglied Anspruch auf den monatlichen Durchschnittsverdienst der von der Beklagten beschäftigten Kraftfahrer. Aufgrund der darüber von der Beklagten selbst erteilten Auskünfte stehe ihm damit für Dezember 1995 noch ein Restlohn von 1.656,96 DM brutto, für Januar 1996 von 1.752,74 DM brutto und für Februar 1996 von 1.718,12 DM brutto zu.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn DM 5.127,82 brutto nebst 4 % Zinsen auf den sich daraus ergebenden Nettobetrag ab Klageerhebung zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, als freigestelltes Betriebsratsmitglied habe der Kläger nur die nachwirkende tarifliche Arbeitszeit von 38 Stunden pro Woche zu leisten. Entsprechend sei er zu vergüten. Die Betriebsratstätigkeit sei ein neuer vorübergehender Beruf. Der Kläger habe keinen Anspruch auf die von den Kraftfahrern geleisteten Mehr- und Nachtarbeitsstunden, denn er habe tatsächliche keine Mehrarbeit erbracht.
Durch Urteil vom 12.06.1997 hat das Arbeitsgericht unter Abweisung im übrigen den Kläger für Dezember 1995 noch 1.072,80 DM brutto und für die beiden weiteren Monate des Klagezeitraumes die eingeklagten Beträge nebst 4 % Nettozinsen seit dem 16.04.1997 zugesprochen. Bei den im einzelnen nachprüfbar berechneten Beträgen hat das Arbeitsgericht die täglich von den Kraftfahrern der Beklagten zu leistende Arbeitszeit von 8,4 Stunden und die tatsächlich im Durchschnitt von ihnen geleisteten elf Stunden der Berechnung zugrundegelegt und außerdem, daß die Kraftfahrer der Beklagten für die ersten beiden Mehrarbeitsstunden einen Zuschlag von 25 % und ab der dritten Mehrarbeitsstunden einen Zuschlag von 30 % und für jede Nachtarbeitsstunde von 50 % erhalten.
Das Arbeitsgericht hat ferner zur Berechnung ausgeführt, der vom Kläger geltend gemachte Vergütungsanspruch finde seine Rechtsgrundlage in den §§ 611 BGB, 37 Abs. 2, 38 BetrVG. Nach den §§ 37 Abs. 2, 38 BetrVG habe ein freigestelltes Betriebsratsmitglied Anspruch auf das Arbeitsentgelt, das es erhalten hätte, wenn es nicht freigestellt worden wäre, sondern weiter seine berufliche Tätigkeit ausgeübt hätte. Insoweit gelte für die Frage der Fortzahlung des Arbeitsentgeltes an freigestellte Betriebsratsmitglieder nichts anderes als bei lediglich vorübergehend von der Arbeit befreiten Betriebsratsmitgliedern. Da bei ehemaligen Leistungslohnempfängern wegen der Freistellung die persönliche Arbeitsleistung als Bezugspunkt ausscheide, auf der anderen Seite die Betriebsratsmitglieder wegen ihrer Freistellung insbesondere auch in finanzieller Hinsicht nicht benachteiligt werden dürften, sei ihr Arbeitsentgelt nach dem Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher Entwicklung zu bemessen. Der Anspruch eines freigestellten Betriebsratsmitgliedes umfasse daher alle Entgeltbestandteile, die den vergleichbaren Arbeitnehmern zuflössen und die auch das frei...