Verfahrensgang
ArbG Gelsenkirchen (Urteil vom 19.02.1997; Aktenzeichen 4 Ca 3326/96) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 19.02.1997 – 4 Ca 3326/96 – abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
Die Klägerin macht mit ihrer am 08.11.1996 beim Arbeitsgericht Gelsenkirchen eingegangenen Klage die Unwirksamkeit der Kündigung der Beklagten vom 31.10.1996 geltend, die diese wegen Übertragung der bisher von der Klägerin wahrgenommenen Reinigungsaufgaben an die Gebäudereinigungsfirma R…. S….. ausgesprochen hat.
Die Beklagte betreibt in G….-B… und M….. zwei Sanitätshäuser. Die Klägerin war seit dem 01.09.1993 als einzige Reinigungskraft für den Betrieb in G….-B… zu einem Bruttoentgelt von 1.350,– DM bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden tätig. Ihr oblag die Innenreinigung der Betriebsräume und der Werkstatt. Die äußeren Fensterflächen wurden von einem externen Fensterputzer gereinigt.
Die Beklagte übertrug ab 01.11.1996 sämtliche Reinigungsarbeiten für den Betrieb in G….-B… unter Aufschlüsselung in die Positionen Glasreinigung und Unterhaltsreinigung an die Firma R…. S….. Gebäudereinigung GmbH. Die Reinigungsarbeiten werden seitdem regelmäßig von zwei Mitarbeitern der Gebäudereinigungsfirma, die auch die Reinigungsgeräte und die Materialien stellt, an fünf Werktagen in der Woche mit einer Einsatzzeit von etwa eineinhalb bis zwei Stunden pro Tag durchgeführt.
Die Klägerin hält die Kündigung für sozial nicht gerechtfertigt. Sie meint, es handele sich um eine Kündigung wegen eines Betriebsübergangs, die gemäß Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie des Rates vom 14.02.1977 (77/187/EWG) und § 613 a Abs. 4 BGB unwirksam sei. Sie bezieht sich dazu auf die Entscheidung des EuGH vom 14.04.1994 in der Rechtssache C…. -S––––- – Rs.C-392/92 –. Demgegenüber vertritt die Beklagte den Standpunkt, die Kündigung sei sozial gerechtfertigt, weil der Arbeitsplatz der Klägerin weggefallen sei. Es läge kein rechtsgeschäftlicher Teilbetriebsübergang vor, sondern es habe nur eine Funktionsnachfolge stattgefunden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie der gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 19.02.1997 antragsgemäß festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 31.10.1996 nicht aufgelöst worden ist. Zur Begründung hat es unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 14.04.1994 (C…. S.–) ausgeführt, die Kündigung sei gemäß § 613 Abs. 4 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 77/187/EWG unwirksam, denn sie sei aus Anlaß eines Teilbetriebsübergangs ausgesprochen worden. Es läge tatbestandlich der gleiche Sachverhalt vor wie in der Entscheidung C…-S–. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts Bezug genommen.
Mit der dagegen eingelegten Berufung macht die Beklagte geltend, die Entscheidung des EuGH vom 14.04.1994 sei nunmehr durch die Entscheidung des EuGH vom 11.03.1997 – Rs. C-13/95 – (A… S=== ./. Z…. Gebäudereinigung) korrigiert worden. Der EuGH habe in dieser Entscheidung klargestellt, daß ein Betriebsübergang nur bei Übertragung relevanter materieller oder immaterieller Betriebsmittel oder bei Übernahme eines nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teils des Personals angenommen werden könne. Allein die Übernahme der Arbeitsaufgabe reiche nicht aus.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 19.02.1997 – 4 Ca 3326/96 – abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil und bekräftigt ihren Standpunkt, daß der vom EuGH am 11.03.1997 entschiedene Fall anders gelagert sei als der Sachverhalt, welcher der Entscheidung C…. -S––––- zugrunde gelegen habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Die Klage ist abzuweisen, denn die Kündigung der Beklagten ist gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG aus dringenden betrieblichen Erfordernissen, die einer Weiterbeschäftigung der Klägerin entgegenstehen, sozial gerechtfertigt. Die Kündigung ist nicht gemäß § 613 a Abs. 4 BGB unwirksam, denn ein Betriebsübergang hat nicht stattgefunden.
1. Die angegriffene Kündigung ist nicht sozialwidrig, denn der Arbeitsplatz der Klägerin ist aufgrund einer nicht offenbar unsachlichen, unvernünftigen oder willkürlichen Entscheidung der Beklagten weggefallen (vgl. BAG vom 18.01.1990 – 2 AZR 183/89 – AP Nr. 27 zu § 2 KSchG 1969 und vom 09.05.1996 – 2 AZR 438/95 – AP Nr. 79 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung). Mit der Entscheidung der Beklagten, die bisher von der Klägerin wahrgenommenen Reinigungsaufgaben einem Gebäudereinigungsunternehmen zu übertra...