Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit der Kündigung des Arbeitsverhältnisses während der Probezeit

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Gem. § 1 Abs. 1 KSchG besteht während einer Probezeit von sechs Monaten (Wartezeit) kein Kündigungsschutz.

2. Die Kündigung ist lediglich dann unwirksam, wenn sie sich aus Gründen außerhalb des KSchG als treuwidrig, sittenwidrig oder gesetzeswidrig darstellt (hier: verneint).

3. Bei Kündigungen innerhalb der Wartezeit richtet sich Inhalt und Umfang der Mitteilungspflicht gegenüber dem Personalrat nicht nach den objektiven Merkmalen der Kündigungsgründe, sondern nach den Umständen, aus denen der Arbeitgeber subjektiv seinen Kündigungsentschluss herleitet.

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 1; BGB § 242

 

Verfahrensgang

ArbG Paderborn (Entscheidung vom 05.09.2018; Aktenzeichen 2 Ca 222/18)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 05.09.2018 – 2 Ca 222/18 – wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer fristgemäßen Kündigung innerhalb der Wartezeit.

Die 1968 geborene Klägerin war seit dem 01.12.2017 bei dem beklagten Land als Beschäftigte im Vollzugsdienst in der Unterbringungseinrichtung für Ausreisepflichtige in C beschäftigt. Diese Tätigkeit übte sie zuvor für ein privates Sicherheitsunternehmen aus. Dem Arbeitsverhältnis liegt der schriftliche Arbeitsvertrag vom 10.11.2017 zugrunde (Bl. 4/5 GA). Dieser enthält folgende Eingangsformulierung:

Zwischen … wird unter dem Vorbehalt der gesundheitlichen Eignung, der Erteilung einer Zuverlässigkeitsbescheinigung durch die Kreisordnungsbehörde und der Vorlage eines eintragungsfreien Führungszeugnisses folgender Arbeitsvertrag geschlossen:

Gemäß § 2 des Arbeitsvertrags gelten die Tarifverträge für den Öffentlichen Dienst der Länder. Gemäß § 3 des Arbeitsvertrags beträgt die Probezeit nach § 2 Abs. 4 TV-L sechs Monate. Das Bruttomonatsgehalt der Klägerin betrug 2.800,00 €. Das beklagte Land beschäftigt mehr als zehn Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden. Ein Personalrat ist gewählt.

Am 29.11.2017 fand eine amtsärztliche Untersuchung der Klägerin beim Gesundheitsamt des Kreises Q statt. Mit Schreiben vom 29.11.2017, welches am 13.12.2017 bei der Bezirksregierung Detmold einging, teilte das Gesundheitsamt folgendes Ergebnis der Begutachtung mit (Bl. 80/81 GA):

Ergebnis der Beurteilung

Aufgrund der amtsärztlichen Untersuchung vom 29.11.2017 liegt derzeit bei Frau K keine gesundheitliche Eignung für eine unbefristete Einstellung als Mitarbeiterin im Vollzugsdienst im Tarifbeschäftigtenverhältnis vor.

Nachuntersuchung erforderlich

X nein

Sonstige Maßnahmen: Keine.

Mit E-Mail vom 04.12.2017 (Bl. 62 GA) wandte sich die untersuchende Ärztin des Gesundheitsamtes, Frau Dr. I, an die Klägerin und teilte dieser mit, dass sie zunächst ihr Schlaf-Apnoe-Syndrom untersuchen lassen müsse und auch eine fachärztliche Abklärung der hohen Blutzucker- und Blutfettwerte dringend erforderlich sei. Des Weiteren regte sie an, dass die Klägerin ein Attest ihres Hausarztes bei der Bezirksregierung einreichen möge, wenn dieser ihr bescheinige, den Anforderungen in ihrem Beruf uneingeschränkt nachkommen zu können. Schließlich teilte sie mit, dass laut ihrem Vorgesetzten das Gesundheitsamt zu Einstellungsuntersuchungen im Angestelltenverhältnis nicht verpflichtet sei und eigentlich ein Attest ausreichen müsse. Diese E-Mail lag dem beklagten Land nicht vor. Unter dem 12.01.2018 stellte die Hausärztin der Klägerin, Frau M, der Klägerin ein ärztliches Attest aus, wonach sie den Anforderungen in ihrem Beruf als Beschäftigte im Vollzugsdienst uneingeschränkt nachkommen könne (Bl. 69 GA). Die Klägerin übersandte das Attest der Bezirksregierung.

Mit E-Mail vom 25.01.2018 informierte der Personalmitarbeiter N die Gleichstellungsbeauftragte von der Absicht, das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin während der Probezeit ordentlich zu kündigen (Bl. 100 GA). Er verwies auf das Ergebnis der amtsärztlichen Untersuchung vom 29.11.2017 und teilte mit, dass an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses insgesamt kein Interesse bestehe. Mit E-Mail vom 26.01.2018 antwortete die Gleichstellungsbeauftragte N1, dass von dem Widerspruchsrecht der Gleichstellungsbeauftragten nach § 19 LGG kein Gebrauch gemacht werde und hinsichtlich der beabsichtigten Personalmaßnahme keine Bedenken bestünden (Bl. 101 GA).

Mit Schreiben vom 29.01.2018, welches dem Personalrat am gleichen Tage zuging, hörte die Bezirksregierung den Personalrat gemäß § 74 Abs. 2 LPVG zur ordentlichen Kündigung der Klägerin in der Probezeit an (Bl. 55, 56 GA). In dem Anhörungsschreiben wird das Ergebnis der Begutachtung durch das Gesundheitsamt des Kreises Q vom 29.11.2017 mitgeteilt und ausgeführt, dass an einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses insgesamt kein Interesse bestehe. Ebenfalls am 29.01.2018 fand ein Gespräch der Personalverantwortlichen der Bezirksregierung L1, der Vertreterin des Personalrats Fra...

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