Entscheidungsstichwort (Thema)
Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO im Arbeitsverhältnis. Schadensersatz bei nicht erteilter Auskunft nach DSGVO. Verantwortlichkeit des Arbeitgebers im Sinne der DSGVO. Kein Unterlassungsanspruch hinsichtlich Kundenkontakt durch den Arbeitgeber
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Arbeitnehmer hat nach Art. 15 DSGVO einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 1000 Euro bei nicht erteilter Auskunft durch den Arbeitgeber.
2. Der Arbeitnehmer kann nicht verlangen, dass der Arbeitgeber es unterlässt, während und nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses keinen Kontakt zu Kunden aufzunehmen.
Normenkette
BGB §§ 134, 612a; DSGVO Art. 4 Nr. 1, Art. 15 Abs. 1, Art. 82 Abs. 1, Art. 83 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Herne (Entscheidung vom 04.09.2020; Aktenzeichen 5 Ca 178/20) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 4. September 2020 - 5 Ca 178/20 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21. August 2020 zu zahlen.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 89,7 %, die Beklagte 10,3 %.
Von den übrigen Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 87,2 % und die Beklagte 12,8 %.
Die Revision wird zugelassen, soweit nicht der Kündigungsschutzantrag, der Zahlungsantrag zu Ziffer 2) und der Unterlassungsantrag betroffen sind.
Tatbestand
Die Parteien streiten zuletzt über die Wirksamkeit einer arbeitgeberseitigen Kündigung, die Vergütung von Mehrarbeit, einen Unterlassungsanspruch sowie einen Anspruch auf Zahlung von immateriellen Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO.
Die Klägerin war auf Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages seit dem 1. März 2019 als Hauswirtschafterin mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von 45 Stunden pro Monat zu einem Bruttostundenentgelt von 10,00 Euro für die Beklagte tätig. Die Beklagte betreibt mit nicht mehr als zehn Arbeitnehmern einen ambulanten Pflegedienst.
Der Arbeitsvertrag der Klägerin regelt unter § 7 "Verschiedenes/Verfallklausel" eine zweistufige Verfallklausel für alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis. Wegen der Einzelheiten der arbeitsvertraglichen Bestimmungen wird auf die als Anlage zu Klageschrift vom 31. Januar 2020 eingereichte Ablichtung des Arbeitsvertrages Bezug genommen.
Zu Beginn der von der Klägerin zu absolvierenden Touren hatte sie sich auf dem ihr überlassenen Diensthandy mit der App CURA.GO Tour mittels Benutzername und PIN anzumelden und am Ende des Arbeitstages wieder abzumelden.
Ende November 2020 erkrankte die Klägerin arbeitsunfähig.
Mit außergerichtlichem Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 30. Januar 2020 machte die Klägerin unter Fristsetzung bis zum 13. Februar 2020 wörtlich einen "Auskunftsanspruch nach den Datenschutzgrundverordnung im Hinblick auf sämtliche bei Ihnen gespeicherten Daten, insbesondere die Daten der Arbeitszeiterfassung" geltend. Wegen des Schreibens wird auf die in der Anlage zum Schriftsatz der Klägerin vom 19. Dezember 2020 eingereichte Ablichtung (Bl. 44 ff. d. A.) Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 30.01.2020, der Klägerin an diesem Tag zugegangen, kündigte die Beklagte das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis ordentlich fristgerecht zum 29. Februar 2020. Das Kündigungsschreiben enthält im Weiteren die folgende Formulierung:
"Ab sofort ist es Ihnen nicht mehr gestattet, jeglichen Kontakt während Ihres Krankenstandes und nach Beendigung Ihres Arbeitsverhältnisses zu Kunden sowie Angehörigen von Kunden der A GmbH aufzunehmen.
Mit einer Kontaktaufnahme verstoßen Sie gegen die geltenden Datenschutzrichtlinien, dieses hätte dann rechtliche Konsequenzen für Sie zur Folge.".
Wegen der Einzelheiten des Kündigungsschreibens wird auf die als Anlage zur Klageschrift vom 31. Januar 2020 eingereichte Ablichtung (Bl. 11 d. A.) Bezug genommen.
Am Tag des Zugangs des Kündigungsschreibens teilte die Klägerin der Beklagten ihre fortbestehende Arbeitsunfähigkeit mit.
Mit ihrer am 31. Januar 2020 beim Arbeitsgericht Herne eingegangenen Klage hat sich die Klägerin gegen die ausgesprochene Kündigung gewendet. Mit Klageerweiterungsschriftsatz vom 19. Februar 2020 hat die Klägerin zudem im Rahmen einer Stufenklage Auskunft über die im Zeitraum vom 1. März 2019 bis 30. Januar 2020 geleistete Arbeitszeit sowie eine eidesstattliche Versicherung der Richtigkeit der Auskunft begehrt und darüber hinaus einen unbezifferten Zahlungsantrag gestellt. Im Weiteren hat sie die Feststellung der Unwirksamkeit des mit dem Kündigungsschreiben ausgesprochenen Kontaktverbots begehrt. Mit Klageerweiterungsschriftsatz vom 2. April 2020 hat die Klägerin sodann hilfsweise die Zahlung von Urlaubsabgeltung geltend gemacht und mit Klageerweiterungsschriftsatz vom 14. August 2020 die Zahlung eines in das Ermessen des Gerichts gestellten immateriellen Schadensersatzanspruchs auf der Grundlage von Art. 15 DSGVO.
Mit außergeri...