Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung des Arbeitnehmers. Blankounterschrift. Schriftformerfordernis. Warnfunktion. Anforderungen an die Ermächtigungen zur Ausfüllung des Blanketts
Leitsatz (amtlich)
Neben der Klarstellungs- undBeweisfunktion hat der gesetzliche Schriftformzwang aus § 623 BGB auch eine Warnfunktion.
Diese Warnfunktion kann bei einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers durch Blankounterschrift nur zum Tragen kommen, wenn die Ermächtigung zur Ausfüllung des Blanketts von dem Arbeitnehmer schriftlich erteilt wird.
Normenkette
BGB § 125 S. 1, § 126 Abs. 1, § 623
Verfahrensgang
ArbG Iserlohn (Urteil vom 08.11.2007; Aktenzeichen 4 Ca 1351/07) |
Nachgehend
BAG (Aktenzeichen 2 AZR 675/08) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 08.11.2007 – 4 Ca 1351/07 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung werden der Beklagten auferlegt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis zwischen ihnen durch eine Eigenkündigung des Klägers beendet worden ist.
Die Beklagte beschäftigt in ihren Werken in B1 und L1 32 Arbeitnehmer. Ein Betriebsrat ist nicht gewählt.
Der am 19.06.1966 geborene, verheiratete Kläger hat zwei Kinder. Seit dem 01.10.1990 ist er bei der Beklagten als Maschinenarbeiter tätig. Seine Bruttomonatsvergütung betrug zuletzt 2.200,– EUR.
Am 29.05.2007 wurde der Kläger angewiesen, am nächsten Tag seine Arbeitsleistung bei dem Schwesterunternehmen der Beklagten P1 & G3 in B1 zu verrichten. Der Kläger nahm am 30.05.2007 die Arbeit bei der Firma P1 & G3 auf. Ihm wurde die Bedienung von vier Maschinen zugewiesen. Eine zusätzliche Hilfe erhielt er nicht. Als der Kläger sah, dass die Arbeitnehmer der Firma P1 & G3 nicht arbeiteten, sondern Kaffee tranken, verließ er aus Verärgerung seinen Arbeitsplatz und ging nach Hause.
Nach cirka ein bis zwei Stunden rief der Betriebsleiter, der Zeuge K1, den Kläger an und forderte ihn auf, in den Betrieb der Beklagten zu kommen. Der Kläger erschien einige Zeit später im Jogginganzug in Begleitung seiner Ehefrau. Das Gespräch zwischen dem Kläger und dem Zeugen K1 eskalierte schließlich, wobei der Ablauf im Einzelnen streitig ist. Der Kläger erklärte etwa sinngemäß: „Wenn Du keine Lust mehr hast, mit mir zu arbeiten, dann gib mir die Kündigung.” Dies lehnte der Zeuge K1 ab. Letztlich unterschrieb der Kläger ein leeres Blatt, wozu die Beklagte behauptet, es habe sich um ein Blatt mit dem Firmenkopfbogen der Beklagten gehandelt. Der Kläger verließ dann das Firmengelände.
Am 05.06.2007 nahm der Kläger seine Arbeit wieder auf. Nach cirka einer Stunde erschien der Zeuge K1 und händigte dem Kläger ein Schriftstück mit dem Datum 30.05.2007 aus, welches die Unterschrift des Klägers trägt und vom Inhalt her eine Eigenkündigung des Klägers enthält.
Mit Schreiben vom 15.06.2007 erklärte der Kläger die Anfechtung der im Schreiben vom 30.05.2007 enthaltenen Erklärung mit der Begründung, er habe zu keinem Zeitpunkt die Absicht gehabt, das mit der Beklagten bestehende Arbeitsverhältnis fristlos zu beenden.Lediglich aufgrund der vorausgegangenen Auseinandersetzung sowie seiner Erregung und der Belastung aufgrund eines Krankenhausaufenthaltes seiner Tochter habe er seine Unterschrift auf ein weißes Blatt Papier geschrieben.
Die vorliegende Klage hat der Kläger am 18.06.2007 erhoben.
Der Kläger hat behauptet, er habe am 30.05.2007 lediglich erklärt, man solle ihm kündigen. Er habe keine Zeit mehr gehabt, da er mit seiner Frau seine Tochter ins Krankenhaus habe bringen müssen. Er habe dann ein Blatt Papier verlangt und darauf seine Unterschrift gesetzt.
Der Kläger hat beantragt,
- festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis unverändert fortbesteht,
- festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch eine „Kündigung” der Beklagten mit dem 30.05.2007 sein Ende gefunden hat, sondern weiter fortbesteht.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat behauptet, der Kläger habe am 30.05.2007 erklärt, man solle ihm die Papiere fertig machen und ihm kündigen. Dies habe sie abgelehnt und auf eine Eigenkündigung verwiesen. Dem Kläger sei hierfür ein Blatt zur Verfügung gestellt worden. Der Kläger habe dann erklärt, er habe keine Zeit, er werde unterschreiben, oben könne man einsetzen was man wolle. Dementsprechend sei oberhalb der Unterschrift die Eigenkündigung des Klägers eingesetzt worden.
Durch Urteil vom 08.11.2007 hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis unverändert fortbesteht. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits sind den Parteien je zur Hälfte auferlegt worden. Der Streitwert ist auf 13.200,– EUR festgesetzt worden.
In den Entscheidungsgründen hat das Arbeitsgericht ausgeführt, das Arbeitsverhältnis bestehe fort. Es sei durch eine Eigenkündigung des Klägers vom 30.05.2007 nicht beendet worden. Die Beklagte habe das Blankett ausgefüllt ohne eine eindeutige Ermächtigung des Kläg...