Entscheidungsstichwort (Thema)
AGB-Kontrolle von Pauschalisierungsabrede bei Überstunden. Überraschungsklausel. Verfallklausel
Leitsatz (redaktionell)
Eine arbeitsvertragliche Regelung, wonach erforderliche Mehrarbeiten in der Vergütung enthalten sind, ist unwirksam.
Normenkette
BGB §§ 305c, 307
Verfahrensgang
ArbG Hamm (Urteil vom 18.01.2007; Aktenzeichen 4 Ca 1999/06) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamm vom 18.01.2007 – 4 Ca 1999/06 – teilweise abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, über den erstinstanzlichen zuerkannten Betrag hinaus weitere 15.911,53 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.06.2006 zu zahlen.
Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Überstundenvergütung.
Der Kläger war im Betrieb der Beklagten, einem Unternehmen des Kraftfahrzeuggewerbes, in der Zeit vom 01.11.2003 bis zum 30.06.2006 als „kaufmännisch leitender Angestellter im Ersatzteillager” tätig. Dem Arbeitsverhältnis liegt der schriftliche Vertrag vom 31.10.2003 (Abl. Bl. 6 – 9 d.A.) zu Grunde.
Der Kläger hat mit der Klage die Zahlung restlicher Arbeitsvergütung wegen geleisteter Überstunden für die Zeit vom Januar 2004 – April 2006 in Höhe von 16.962,00 EUR (Aufstellung der monatlichen Forderungen – Bl. 38 d.A.) nebst Zinsen geltend gemacht.
Der Kläger hat vorgetragen:
Er habe im Anspruchszeitraum mit Wissen und Duldung und auch auf Weisung der Beklagten die im Zeiterfassungssystem dokumentierten Überstunden (Monatsaufstellungen Bl. 10 – 37 d.A.) geleistet. Eine tarifliche Verfallklausel könne mangels wirksamer Inbezugnahme und wegen unangemessener Benachteiligung nicht zur Anwendung kommen. Selbst bei Anwendbarkeit der Verfallklausel stünden ihm die Klageforderungen aus dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes wegen Verstoßes gegen das NachwG zu.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 16.962,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.06.2006 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
- die Klage abzuweisen,
- widerklagend – den Kläger zu verurteilen, 5.751,73 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.11.2006 an sie zu zahlen.
Der Kläger hat beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
Die Beklagte hat sich zur angeblichen Leistung von Überstunden mit Nichtwissen erklärt. Sie hat vorgetragen, der Kläger habe die Zeiterfassung durch ändernde Eingaben beeinflussen können. Überstunden seien nicht angeordnet worden. Die Arbeit an Samstagen zähle zur regulären Arbeit. Der Kläger habe während des Arbeitsverhältnisses keine Überstundenvergütung geltend gemacht. Ansprüche auf Überstundenvergütung seien nach § 9 des Manteltarifvertrags für das Kraftfahrzeuggewerbe in Nordrhein-Westfalen (iF: MTV) verfallen. Der Widerklage lägen Schadensersatzansprüche wegen Schlechtleistungen des Klägers zu Grunde.
Das Arbeitsgericht Hamm hat der Klage unter Abweisung der Widerklage insgesamt und der Klage im Übrigen mit Urteil vom 18.01.2007 – 4 Ca 1999/06 – wegen der Forderungen für März und April 2006 im Umfang von 1.050,47 EUR nebst Zinsen stattgegeben. Es hat ausgeführt, die Forderungen für Januar 2004 bis Februar 2006 seien nach § 9 MTV verfallen. Der Tarifvertrag finde wegen wirksamer arbeitsvertraglicher Inbezugnahme Anwendung. Die Leistung von Überstunden in der Zeit von März bis April 2006 sei von der Beklagten nicht ordnungsgemäß bestritten worden. Die Widerklage sei unbegründet. Die Schadensersatzansprüche seien verfallen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidung wird auf deren Tatbestand und Entscheidungsgründe verwiesen.
Das Urteil ist dem Kläger am 05.02.2007 zugestellt worden. Hiergegen richtet sich die am 05.03.2007 eingelegte und mit dem – nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 07.05.2007 – am 25.04.2007 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründete Berufung.
Der Kläger wendet sich unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags zur Sach- und Rechtslage gegen das erstinstanzliche Urteil.
Der Kläger beantragt,
teilweise abändernd die Beklagte zu verurteilen, über den erstinstanzlich zuerkannten Betrag hinaus weitere 15.911,53 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.06.2006 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags zur Sach- und Rechtslage. Sie erklärt sich weiterhin mit Nichtwissen zu den Überstundenleistungen und beruft sich auf einen Verfall bzw. eine Verwirkung der Klageforderungen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 11.07.2007 haben die Parteien vorgetragen, es gebe im Betrieb eine Übung, Überstunden durch Freizeit auszugleichen. Insoweit hat der Kläger geltend gemacht, dass während des Arbeitsverhältnisses ein Freizeitausgleich nicht möglich gewesen sei. Nicht ei...