Verfahrensgang
ArbG Herne (Urteil vom 08.04.1997; Aktenzeichen 3 Ca 3556/96) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 08.04.1997 – 3 Ca 3556/96 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 22.500,00 DM.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Kündigung.
Der im November 1961 geborene, ledige Kläger, Vater eines unterhaltsberechtigten Kindes, ist gelernter Maschinenschlosser. Er wurde von der Beklagten im Juni 1989 als Schlosser eingestellt. Das Arbeitsverhältnis unterliegt gemäß dem Arbeitsvertrag vom 09.06.1990 (Bl. 11 GA) den tariflichen Bestimmungen für die gewerblichen Arbeitnehmer der Eisen-, Metall- und Elektro-Industrie des Landes Nordrhein-Westfalen. Bei einer Wochenarbeitszeit von 35 Stunden erzielte der Kläger, der auch als Schweißer eingesetzt wurde, zuletzt einen Bruttomonatslohn von ca. 4.500,00 DM, wobei er im Prämienlohn stand.
Bei der Beklagten, die zwischen 850 bis 900 Arbeitnehmer beschäftigt, ist ein Betriebsrat gebildet.
Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger mit Schreiben vom 01.10.1996 zum 31.12.1996 (Bl. 5 GA). Die Kündigung ging dem Kläger am 01.10.1996 zu. Der Betriebsrat, der zu einer beabsichtigten fristlosen, hilfsweise fristgerechten Kündigung angehört worden war (Bl. 21 bis 23 GA), widersprach der Kündigung (Bl. 6/7 GA). Der Kläger ist seit dem 01.01.1997 arbeitslos.
Die Kündigung beruht auf einem Vorfall vom 17.09.1996. Der Kläger war an diesem Tag in der Rahmenfertigung mit Schweißarbeiten befaßt. In diesen Bereich war er, nachdem er dort bereits im Januar/Februar 1996 eingesetzt worden war, im Juli 1996 befristet für sieben Monate versetzt worden, um die Fertigungsgruppe bei der Erledigung hohen Arbeitsanfalles zu unterstützen. Nach seinen Angaben in der Berufungsverhandlung war er am 17.09.1996 nach seiner Versetzung wegen einer vorangegangenen krankheitsbedingten Fehlzeit seit ca. 9 Tagen, nach Angaben der Beklagten seit ca. 2 Monaten, in diesem Bereich tätig. Eine Arbeitsplatzunterweisung unter arbeitssicherheitstechnischen Aspekten durch einen Vorgesetzten erfolgte nicht. Der Kläger spannte bei den Schweißarbeiten ein Werkstück in die dafür vorgesehene Drehvorrichtung ein. Der Drehvorgang wurde durch Betätigung eines Knopfes ausgelöst, wobei der Drehvorgang beim Loslassen des Knopfes sofort unterbrochen wird (sog. „Totmannschalter”). Der Kläger klemmte den Knopf mittels eines Drahtes fest und verließ den Arbeitsplatz, um sich in einer anderen Werkshalle ein Getränk zu holen. Der Draht lag zwecks Festsetzung des Totmannschalters griffbereit am Arbeitsplatz. Der Kläger war bereits im Januar/Februar 1996 von dem Mitarbeiter Ö., der mit den gleichen Schweißarbeiten beauftragt war, entsprechend unterrichtet worden. Nachfolgend verwickelte sich das am Drehstück angeklemmte Massekabel, wodurch das Schweißgerät über das Kabel erfaßt und durch die Drehvorrichtung bis in die Nähe des höchsten Drehpunktes – ca. 3 m – hochgehoben wurde. Die Stromzuleitung von der Steckdose zum Schweißgerät zerriß und es kam zu einem Kurzschluß, durch den ein Kollege des Klägers auf die Situation aufmerksam wurde und eingriff. Durch das drehende Werkstück war außerdem ein Arbeitspodest aus Leichtmetallprofilen zerquetscht worden. Der Sachschaden lag bei unter 1.000,00 DM.
Die Beklagte mahnte im Zusammenhang mit dem Vorfall den zuständigen Fertigungsleiter, zwei Meister und einen Vorarbeiter aus dem Bereich Stahlbau/Schweißen unter dem 01.10.1996 wegen Verletzung der Aufsichtspflicht – fehlende Unterweisung des Klägers am Arbeitsplatz – schriftlich ab (Bl. 75 bis 82 GA).
Mit der am 16.10.1996 beim Arbeitsgericht Herne eingegangenen Klage hat sich der Kläger gegen die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses gewandt. Er hat die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats bestritten und die Kündigung für sozial ungerechtfertigt gehalten. Er hat unter ergänzendem Hinweis auf das Vorbringen des Betriebsrats in dessen Widerspruchsbegründung behauptet, das Festklemmen des Schalters sei von allen an diesen Arbeitsplätzen eingesetzten Mitarbeitern – es gibt zwei Drehvorrichtungen dieser Art bei der Beklagten – praktiziert worden, was dem zuständigen Meister bekannt gewesen sei, ohne daß sie zur Unterlassung aufgefordert worden seien. Ihm seien die möglichen Folgen des Feststellens des Knopfes nicht bewußt gewesen. Es sei, so hat er gemeint, unverhältnismäßig hart, gerade ihn zu kündigen, obwohl ein vergleichbarer Vorfall sich ebensogut bei jedem anderen an der Drehvorrichtung beschäftigten Arbeitnehmer habe ereignen können.
Der Kläger hat beantragt,
- festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die von der Beklagten am 01.10.1996 zum 31.12.1996 ausgesprochene Kündigung nicht beendet ist,
- die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zu unveränderten Bedingungen als Schlosser/Schweißer weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat den Gang des Anhörungsverfahr...