Entscheidungsstichwort (Thema)
Schulung. Erforderlichkeit. Tagesseminar. Betriebsrat. Tarifvertrag. Beschlussfassung. Ladung. Ersatzmitglied
Leitsatz (redaktionell)
Nach § 37 Abs. 6 S. 1 BetrVG i.V.m. § 37 Abs. 2 BetrVG hat der Betriebsrat das Alleinentscheidungsrecht über die Erforderlichkeit der Teilnahme eines seiner Mitglieder an einer bestimmten Schulungsveranstaltung, ohne dass sich das Arbeitsentgelt des Betroffenen mindert. Dies setzt eine ordnungsgemäße Beschlussfassung des Gremiums vor dem Besuch der Veranstaltung voraus.
Normenkette
BetrVG §§ 25, 33, 37 Abs. 2, 6 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Bochum (Urteil vom 24.04.2007; Aktenzeichen 2 Ca 335/07) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 24.04.2007 – 2 Ca 335/07 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Verpflichtung zur Zahlung der Arbeitsvergütung für die Zeit der Teilnahme an einer eintägigen Schulungsveranstaltung.
Der 60-jährige Kläger ist bei der Beklagten seit Anfang 1978 als technischer Angestellter in der Arbeitsvorbereitung tätig. Er gehört seit dem Jahre 1987 dem neunköpfigen Betriebsrat an, dessen freigestellter Betriebsratsvorsitzender er zwischenzeitlich auch war. Im Oktober 2006 wurde er ebenfalls in die fünfköpfige betriebliche Tarifkommission gewählt, zu deren Bildung es kam, nachdem die Beklagte am 29.08.2006 aus dem Arbeitgeberverband ausgetreten war.
Am Montag, den 13.11.2006, fand eine Betriebsratssitzung statt, an der acht Betriebsratsmitglieder teilnahmen. Ein Telefonat zu Beginn der Sitzung ergab, dass für das neunte Betriebsratsmitglied K4 am Freitag zuvor bestimmt worden war, er solle am folgenden Montag Überstunden abbauen.
Man kam zu dem Ergebnis, die Sitzung trotzdem durchzuführen und fasste mit den acht anwesenden Betriebsratsmitgliedern unter anderem einstimmig den Beschluss, die fünf Betriebsratsmitglieder, die auch der Tarifkommission angehören, am 28.11.2006 zu einem Tagesseminar mit dem Thema „Betriebsrat und Tarifvertrag” zu entsenden. Hinsichtlich der Einzelheiten der Schulungsveranstaltung wird verwiesen auf den mit Klageschriftsatz vom 08.02.2007 eingereichten Themenkatalog (Bl. 7 d.A.) sowie auf die mit klägerischem Schriftsatz vom 28.03.2007 zur Gerichtsakte gereichte neunseitige Tischvorlage (Bl. 35 ff. d. A.).
Entsprechend einer schriftlichen Mitteilung vom 20.11.2006 zahlte die Beklagte nach dem Besuch der Veranstaltung an drei Betriebsratsmitglieder das Arbeitsentgelt, nicht aber an die beiden anderen, darunter der Kläger.
Daraufhin hat dieser mit der vorliegenden Klage die Arbeitsvergütung für den 28.11.2006 in unstreitiger Höhe von 203,06 EUR brutto geltend gemacht.
Er hat die Auffassung vertreten, er habe an einer erforderlichen Schulungsveranstaltung teilgenommen, weil das Seminar Kenntnisse vermittelt habe, die für die Arbeit in der betrieblichen Tarifkommission notwendig gewesen seien. Es sei ihm nicht zuzumuten gewesen, sich bei anderen Betriebsratsmitgliedern oder aus allgemein zugänglichen Quellen zu informieren.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 203,06 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat das ordnungsgemäße Zustandekommen des Entsendungsbeschlusses des Betriebsrates bestritten. Auch hat sie die Erforderlichkeit der Seminarteilnahme des Klägers in Frage gestellt, weil es um die Vermittlung von Wissen in Zusammenhang mit den Aufgaben in der Tarifkommission, nicht aber im Betriebsrat gegangen sei. Es entspreche auch nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dass fünf Betriebsratsmitglieder an der Veranstaltung teilgenommen hätten.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 24.04.2007 die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, es habe kein konkreter, aktueller Anlass für den Kläger in seiner Funktion als Betriebsratsmitglied bestanden, an dem streitigen Tagesseminar teilzunehmen.
Gegen dieses dem Kläger am 04.06.2007 zugestellte Urteil hat er am 28.06.2007 die zugelassene Berufung eingelegt und sie am 02.08.2007 begründet.
Es ist der Meinung, die Teilnahme an der Schulung sei erforderlich gewesen. Denn nach dem Austritt der Beklagten aus dem Arbeitgeberverband hätte der Betriebsrat über die Fortgeltung von Tarifverträgen informiert werden müssen – gerade auch im Hinblick auf die besondere Bedeutung für die Mitbestimmungsrechte. Ebenso habe sich die Notwendigkeit einer besonderen Überwachung der Arbeitsverträge ergeben.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 24.04.2007 – 2 Ca 335/07 – abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 203,06 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.02.2007 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, der Kläger tausche seinen erstinstanzlichen ...