Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch eines Heizungsmonteurs auf tarifliche Tagesauslösungen
Leitsatz (redaktionell)
1. § 6 Nr. 2 des Lohntarifvertrages das Installateur- und Heizungsbauer-, Klempner-, Behälter- und Apparatebauer-Handwerk im Land Nordrhein-Westfalen setzt für die Gewährung von Tagesauslösungen eine bestimmte Entfernung von der Werkstatt bis zur Außenarbeitsstelle und das Vorliegen einer Dienstreise voraus.
2. Auch wenn der Begriff der “Außenarbeitsstelle„ nicht ausdrücklich bestimmt worden ist, ergibt sich seine Bedeutung unmissverständlich daraus, dass in § 6 Nr. 2 LTV als Maßstab für die Gewährung von Auslösungen die Entfernung von der Werkstatt bis zu dieser Arbeitsstelle angesehen wird. Anspruchsbegründend ist damit jede Tätigkeit außerhalb der Werkstatt, die in § 6 Nr. 1 LTV mit dem Betriebssitz gleichgesetzt wird.
3. Dem Tarifwortlaut fehlt jeder Anhaltspunkt dafür, dass neben dem Vorliegen der dort bestimmten Voraussetzungen steuerrechtliche Regelungen maßgeblich sein sollen. Insbesondere ist nicht erkennbar, warum nunmehrige steuerrechtliche Regelungen für die Auslegung tarifvertraglicher Bestimmungen maßgeblich sein sollen, die weit vor diesen getroffen worden sind.
4. Der Begriff “Auslösung„ bezeichnet üblicherweise einen pauschalierten Aufwendungsersatz, der Fahrt-, Übernachtungs- und Verpflegungskosten abdecken soll. Setzt jedoch der Anspruch auf eine tarifliche “Auslösung„ die Einhaltung der vollen Arbeitszeit an der Baustelle voraus und fallen Übernachtungskosten bei täglicher Heimfahrt gar nicht und höhere Verpflegungskosten nicht zwingend an, legt der Gesamtzusammenhang des Tarifvertrages nahe, dass die “Auslösung„ auch ein Entgelt für den Aufwand an Fahrzeit darstellt.
Normenkette
LTV Installateur- und Heizungsbauerhandwerk NW § 6 Nr. 1; LTV Installateur- und Heizungsbauerhandwerk NW § 6 Nr. 2; BGB § 611a
Verfahrensgang
ArbG Hamm (Entscheidung vom 28.03.2017; Aktenzeichen 1 Ca 1940/16) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamm vom 28.03.2017- 1 Ca 1940/16 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, eine Tariflohnerhöhung an die Klägerin weiterzugeben.
Die 1981 geborene Klägerin ist seit dem 12.02.2002 als Abteilungshilfe Food beschäftigt. Eingesetzt ist sie im S Warenhaus in I. Die Klägerin ist Mitglied der Gewerkschaft ver.di.
In dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 09.02.2003 (Bl 47/48 d.A.) heißt es unter Ziffer 3:
"Auf das Arbeitsverhältnis finden die jeweils geltenden Tarifverträge des Einzelhandels in der jeweils gültigen Fassung sowie die jeweils geltenden Gesamtbetriebsvereinbarungen bzw. die Betriebsvereinbarungen in der jeweils gültigen Fassung Anwendung."
Hinsichtlich der Vergütung heißt es in dem Arbeitsvertrag unter Ziffer 5:
"Der Mitarbeiter erhält ein monatliches Bruttoentgelt in Höhe von1.140,68 €
Tarifentgelt: 1.140,68 € Tarifgruppe L II b im _____Berufs-/Tätigkeitsjahr"
Nachdem die Beklagte zunächst ordentliches Mitglied in Handelsverbänden, auch im Einzelhandelsverband NRW, war, kündigte sie ihre Mitgliedschaften im Juni 2015 und war seit dem 17.06.2015 lediglich Mitglied ohne Tarifbindung.
Unter dem 29.07.2016 schloss die Beklagte mit der Gewerkschaft ver.di einen Zukunftstarifvertrag (Bl 49-54 d.A.).
In diesem heißt es unter anderem:
"§ 2
Anerkennung der Tarifverträge des Einzelhandels
(1) Alle gültigen (einschließlich nachwirkenden) regionalen Tarifverträge des Einzelhandels werden von S anerkannt. Diese Tarifverträge gelten dynamisch, also für den jeweiligen räumlichen Geltungsbereich in ihrer jeweiligen Fassung und mit ihrem jeweiligen Rechtsstatus.
(2) Ausnahmen von der Anerkennung nach Abs. 1 sind in diesem Tarifvertrag abschließend vereinbart.
(3) Werden Tarifverträge oder Teile von ihnen gekündigt, gelten sie auch zwischen den Parteien dieses Anerkennungstarifvertrages als gekündigt.
§ 3
Ausnahmen von der Geltung der Flächentarifverträge
(1) Die Parteien vereinbaren folgende Abweichungen von den Regelungen in den Flächentarifverträgen:
1. Die Tarifentgelterhöhungen werden für die Jahre 2015, 2016, 2017 nicht gezahlt.
2. Für die Kalenderjahre 2017 bis einschließlich 2019 werden die aus den tariflichen Bestimmungen entstehenden Ansprüche auf Zahlung von Urlaubsgeld befristet reduziert auf 40%. Die Berechnung des Anspruchs erfolgt auf der Basis der jeweiligen Entgelttabellen der Flächentarifverträge.
3. Für die Kalenderjahre 2016 bis einschließlich 2018 werden die aus den tariflichen Bestimmungen entstehenden Ansprüche auf Zahlung einer tariflichen Sonderzuwendung ("Weihnachtsgeld") befristet reduziert auf 40%; im Kalenderjahr 2019 wird die tarifliche Sonderzuwendung auf 70% reduziert. Die Berechnung des Anspruchs erfolgt auf der Basis des individuell dem anspruchsberechtigten Arbeitnehmer zustehenden Tarifentgelts.
...
§ 4
Zahlung einer zusätzlichen Sonderzahlung an nachgewiesene ver.di Mitglieder
(1) S verpflicht...