Verfahrensgang

ArbG Bielefeld (Urteil vom 19.07.1995; Aktenzeichen 2 Ca 397/95)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 19.07.1995 – 2 Ca 397/95 – abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

 

Tatbestand

Mit der vorliegenden Klage wendet sich der Kläger gegen die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

Der am 28.01.1961 geborene Kläger ist ledig. Seit dem 06.02.1984 ist er bei der Beklagten, einem Unternehmen der metallverarbeitenden Industrie mit mehr als fünf Arbeitnehmern ausschließlich der Auszubildenden, als Maschinenbediener zu einem monatlichen Bruttoverdienst von zuletzt 4.100 DM tätig.

Zum 01.01.1993 trat im Betrieb der Beklagten eine Betriebsvereinbarung „Alkoholverbot” vom 29.12.1992 (Bl. 36 ff. d. A.) in Kraft.

Der Kläger hatte in der Vergangenheit gelegentlich mit Alkoholproblemen zu kämpfen. Insoweit ist zwischen den Parteien unstreitig, daß eine krankhafte Alkoholabhängigkeit beim Kläger nicht vorhanden ist. In den Jahren 1992, 1993 und 1994 erhielt der Kläger mehrere Abmahnungen, u.a. auch deshalb, weil er alkoholisiert die Arbeit aufgenommen hatte. Auf die Vermerke über die insoweit mit dem Kläger geführten Gespräche so wie die Abmahnungsschreiben (Bl. 26 ff. d. A.) wird Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 28.09. 994 (Bl. 33 d. A.) erhielt der Kläger folgenden Abmahnung:

Sehr geehrter Herr W.,

am 23. Und 24. September 1994 nahmen Sie jeweils in alkoholisiertem Zustand Ihre Arbeit auf. Aufgrund der festgestellten Alkoholfahne wurden Sie an beiden Tage nach Hause geschickt. Für die Fehlstunden erhalten Sie kein Entgelt. Am 26. September 1994 führten wir mit Ihnen ein Gespräch, das folgenden Inhalt hatte:

  1. Sie melden sich noch am selben Tag in der Suchtambulanz Gilead IV.
  2. Sie unterziehen sich so schnell wie möglich einer 14-tägigen Entgiftung (Der Nachweis über die stationäre Behandlung ist uns vorzulegen).
  3. Sie schließen sich sofort einer Selbsthilfegruppe an und besuchen diese regelmäßig.
  4. Wenn innerhalb der Selbsthilfegruppe eine Langzeittherapie befürwortet wird, so ist diese ohne Verzögerung von Ihnen durchzuführen.

Mit Ihrem Verhalten verstoßen Sie zum wiederholten Male gegen Ihre arbeitsvertraglichen Pflichten und stören den ordentlichen Betriebsablauf. Eine Personalplanung unter Einbeziehung Ihrer Person ist nicht möglich.

Wir weisen noch einmal darauf hin, daß wir nicht bereit sind, Ihr Fehlverhalten zu tolerieren und fordern Sie auf, alles zu tun, um die Ursache, nämlich Ihr Trinkverhalten, in den Griff zu bekommen. Bei weiteren Auffälligkeiten im Betrieb, die im Zusammenhang mit Alkohol stehen, müssen Sie mit weitergehenden arbeitsvertraglichen Konsequenzen bis hin zur Kündigung rechnen.

Der Kläger unterzog sich daraufhin ab Ende September 1994 für ca. fünf Wochen einer ambulanten Entgiftungsmaßnahme bei dem ihn behandelnden Arzt Herrn Dr. W.

Der Kläger war zuletzt im Betrieb der Beklagten an sogenannten Wickelmaschinen eingesetzt, bei denen es bei verzögerten Reaktionen passieren kann, daß der Arbeitnehmer mit den Händen zwischen die Schneidmesser an die drehende Spindel oder den laufenden Draht gerät.

Am 10.01.1995 führte die Personalleiterin der Beklagten mit dem Kläger ein erneutes Gespräch über dessen Alkoholproblematik (Bl. 34 d. A.). Ob der Kläger am 17.01.1995 in alkoholisiertem Zustand die Arbeit aufgenommen oder während der Frühschicht Alkohol zu sich genommen hat und ob es insoweit zu alkoholbedingten Ausfallerscheinungen gekommen ist, ist zwischen den Parteien streitig.

Mit Schreiben vom 18.01.1995 (Bl. 22 ff. d. A.) bat die Beklagte den in ihren Betrieb gebildeten Betriebsrat um Stellungnahme zu einer beabsichtigten ordentlichen Kündigung des Klägers. Auf das Anhörungsschreiben vom 18.01.1995 nebst Anlage wird Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 20.01.195 (Bl. 25 d. A.) teilte der Betriebsrat mit, daß er gegen die beabsichtigte Kündigung keine Einwände habe.

Die Beklagte kündigte daraufhin das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 23.01.1995 (Bl. 3 d. A.) fristgemäß zum 31.05.1995.

Hiergegen erhob der Kläger am 13.02.1995 Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, daß die Kündigung sozial ungerechtfertigt sei. Kündigungsgründe seien nicht vorhanden. Auch wenn er in der Vergangenheit gelegentlich Alkoholprobleme gehabt habe, seien am Arbeitsplatz keine alkoholbedingten Ausfallerscheinungen festzustellen gewesen. Auch am 17.01.1995 sei er nicht alkoholisiert am Arbeitsplatz angetroffen worden. Er habe lediglich am Vorabend wegen einer Erkältung einen Tee mit Klosterfrau-Melissengeist getrunken. Sein angeblicher Grad der Alkoholisierung sei im Betrieb auch nicht überprüft worden. Unter Bezugnahme auf eine Bestätigung von Arbeitskollegen vom 15.02.1995 (Bl. 42 d. A.) hat der Kläger behauptet, seine Kollegen könnten bezeugen, daß er an jenem Tage nicht alkoholisiert gewesen sei.

Darüber hinaus hat der Kläger die ordnungsgemäße Anhörung des B...

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