Entscheidungsstichwort (Thema)
Alkoholmissbrauch im Betrieb. Alkoholmissbrauch. Kündigung. außerordentliche
Leitsatz (redaktionell)
1. Folgt aus dem eigenen tatsächlichen Vorbringen des Arbeitnehmers, dass dieser keine Alkoholprobleme hat und damit nicht alkoholabhängig ist, kann er für einschlägige Pflichtverletzungen zur Verantwortung gezogen werden.
2. Erscheint der Arbeitnehmer nach wirksamer einschlägiger Abmahnung nur fünf Monate später neuerlich so stark alkoholisiert am Arbeitsplatz, dass er seine Arbeit nicht verrichten kann und wird deshalb nach Hause geschickt, kann dies eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen, wenn ein relatives Alkoholverbot im Betrieb besteht und durch die Alkoholisierung der Arbeitnehmer selbst und dessen Arbeitskollegen einem erhöhten Unfallrisiko ausgesetzt werden.
Normenkette
BGB § 626
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Urteil vom 29.01.2004; Aktenzeichen 10 Ca 2895/03) |
Tenor
1.Die Berufung des Klägers gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Mainz vom29.01.2004 – 10 Ca 2895/03 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
2.Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die Beklagte rechtmäßig ist und das Arbeitsverhältnis beendet hat.
Der Kläger ist seit dem 11.02.1992 bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin als Tankschutzmonteur zu einem Stundenlohn von zuletzt EUR 11,28 brutto bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden beschäftigt. Er ist am 17.08.1962 geboren, verheiratet und Vater von zwei Kindern im Alter von 18 Monaten und fünf Jahren. Die Beklagte beschäftigt 19 Arbeitnehmer.
Die Beklagte beschäftigt sich mit dem Tankanlagenbau, Tankschutz, Industrieservice, dabei insbesondere mit der Reparatur, Wartung und Reinigung von Tankanlagen zur Lagerung von Gefahrstoffen. Der Kläger wurde regelmäßig in einer Kolonne eingesetzt und mit einem anderen Kollegen, dem Kolonnenführer, mit der Reinigung von Tankanlagen beim Kunden beschäftigt. Zur Reinigung der Tanks muss ein Mitarbeiter mit einem Rettungsseil abgesichert in den Tank steigen, während der andere Mitarbeiter außerhalb des Tanks die Sicherheit seines Arbeitskollegen überwacht, insbesondere dadurch, dass er ihn im Tank ständig beobachtet, Rufkontakt hält und bei Gefahr (z.B. durch Gaseinwirkung, Verletzungen u.s.w.) Rettungsmaßnahmen einleitet.
Mit Schreiben vom 11.06.2001 erteilte die Beklagte dem Kläger eine Abmahnung, weil er am 01.06.2001 auf dem Betriebsgelände ihrer Kundin, der Firma X., trotz Belehrung über das absolute Rauchverbot zwei Mal beim Rauchen erwischt worden war. Hinsichtlich des Inhalts des Abmahnungsschreibens wird auf Bl. 37 d.A. Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 16.04.2003 erteilte die Beklagte dem Kläger eine zweite Abmahnung, weil er am 16.04.2003 trotz Alkoholverbotes – unstreitig – so betrunken zur Arbeit erschienen ist, dass er seine Arbeiten nicht ausführen konnte. Sie wies den Kläger darauf hin, dass das Alkoholverbot zu seinem eigenen Schutz und zum Schutz seiner Kollegen zwingend zu beachten sei, zumal sie im Gefahrgutbereich arbeite. Außerdem drohte sie dem Kläger für den Wiederholungsfall arbeitsrechtliche Konsequenzen an Hinsichtlich des weiteren Inhalts des Abmahnungsschreibens wird auf Bl. 38 d.A. Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 10.09.2003, hinsichtlich dessen weiteren Inhalts auf Bl. 5 d.A. Bezug genommen wird, dass dem Kläger am 12.09.2003 zugegangen ist, hat die die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fristlos zum 11.09.2003, hilfsweise fristgerecht gekündigt. Zur Begründung wird im Kündigungsschreiben ausgeführt, der Kläger sei am 10.09.2003 trotz vorheriger Abmahnung erneut volltrunken zur Arbeit erschienen. Gegen diese Kündigung wendet sich der Kläger mit seiner am 02.10.2003 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage.
Der Kläger hat vorgetragen,
er habe keineswegs gegen das Alkoholverbot verstoßen. Er sei am 10.09.2003 nicht volltrunken zur Arbeit erschienen. Er habe am 10.09.2003 weder vor Arbeitsbeginn noch während der Arbeit Alkohol zu sich genommen. Er sei auch nicht vom Vortag noch alkoholisiert gewesen. Es sei ihm unerklärlich, weshalb es der Kolonnenführer, Herr W., abgelehnt habe, ihn als Helfer mitzunehmen.
Der Kläger beantragt,
- festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentliche noch durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 10.09.2003 beendet worden ist,
- im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu 1) die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Tankschutzmonteur weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat vorgetragen,
der Kläger sei am 10.09.2003 alkoholisiert zur Arbeit erschienen. Sie habe dem Kläger bei Dienstbeginn um 7.00 Uhr zusammen mit dem Kolonnenführer W. zur Arbeit einteilen wollen. Herr W. habe sich jedoch geweigert...