Rev. aufgehoben u. zurückgewiesen 19.10.2000
Verfahrensgang
ArbG Dortmund (Urteil vom 26.03.1998; Aktenzeichen 6 Ca 5299/97) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Anschlußberufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 26.03.1998 (6 Ca 5299/97) teilweise abgeändert:
Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Die Kosten des gesamten Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für die I. Instanz auf 65.235,71 DM = 33.354,49 EUR und für die II. Instanz auf 66.951,71 DM = 34.231,87 EUR festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über den Ausgleich von Steuernachteilen bei der Nachentrichtung von Annahmeverzugsgehältern.
Die Beklagte betreibt mehrere Spielbanken. Bei ihr ist der Kläger seit 03.03.1976 beschäftigt. Er ist seit vielen Jahren Saalchef im Spielkasino in D.-H.
Mit Schreiben vom 02.06.1995, zugegangen am 06.06.1995, hat die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers fristlos, hilfsweise fristgemäß zum 31.12.1995 gekündigt. Durch Urteil vom 29.03.1996 (1 Ca 3181/95) hat das Arbeitsgericht Dortmund diese Kündigung für rechtsunwirksam erklärt und die Beklagte zur Weiterbeschäftigung des Klägers als Saalchef verurteilt. Die hiergegen von der Beklagten eingelegte Berufung ist durch Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 16.06.1997 (10 Sa 1872/96) zurückgewiesen worden.
Aufgrund des titulierten Weiterbeschäftigungsanspruchs wurde der Kläger ab dem 01.10.1996 von der Beklagten wieder beschäftigt. Für den Zeitraum von Juni 1995 bis September 1996 wurde er wegen der ausgesprochenen fristlosen Kündigung weder beschäftigt noch vergütet. Nach Abschluß des Kündigungsschutzprozesses legte die Beklagte im Juli 1997 eine Abrechnung der Vergütung für den genannten Zeitraum vor, die einen Gesamtbruttobetrag für den Kläger in Höhe von 193.432,68 DM beinhaltete. Unter Berücksichtigung von Zahlungen an das Arbeitsamt, die Krankenkassen, die Sozialversicherungsträger und unter Einschluß seines Verdienstes für den Monat 1997 erhielt der Kläger von der Beklagten eine Nettoauszahlung in Höhe von 60.447,31 DM.
Dies ergäbe sich bereits aus dem Grundgedanken des § 615 BGB, wonach der Arbeitnehmer zur Bestreitung seines Lebensunterhalts, mithin zur Existenzsicherung, auf die Vergütung angewiesen sei und er vor – ihn durchaus existentiell betreffenden – Besitzstandseinbußen, die er infolge des Annahmeverzuges ansonsten erleiden würde, bewahrt werden solle. Wenn die Beklagte ihm im nachhinein, nämlich erst mit Abrechnungsschreiben vom 14.07.1997, den Gesamtbruttoanspruch in einer Größenordnung von 193.432,68 DM berechnet und ihm insofern, dies unter Einschluß seines Gehaltsanspruchs für den Monat Juni 1997, lediglich 60.447,31 DM netto zuflösse, bleibe diese in seinem Portemonnaie deutlich spürbare „nachträgliche Verhaltenskorrektur” in Höhe der insofern hier noch geltend gemachten Restforderung außerhalb des vom Schutzzweck des § 615 BGB gezogenen Rahmens. Zum einen müsse er von dem Bruttobetrag die im einzelnen in der Abrechnung ausgewiesenen Lohnsteuer- und Solidaritätszuschlagsbeträge abführen, die die Beklagte einbehalte. Darüber hinaus seien ihm deutliche Steuervorteile entgangen, die er nicht erlitten hätte, wenn die Beklagte ihrer Verpflichtung genügt hätte, die Vergütung jeweils zeitgerecht zu zahlen und ihn entsprechend ihren Verpflichtungen und seinem Angebot auch tatsächlich zu beschäftigen.
Die Verzögerung der Zahlungen habe die Beklagte zu vertreten, so daß ihm ein Schadensersatzanspruch aus dem Gesichtspunkt des Schuldnerverzuges zustünde. Hinsichtlich der Berechnung des Schadensersatzanspruches nehme er ausdrücklich nochmals Bezug auf die erstinstanzlich vermittelten Darlegungen sowie auf die diesbezüglichen Unterlagen, die von dem Steuerberater erstellt worden seien. Unter Berücksichtigung der Steuerberatungskosten von 483,00 DM ergäbe die Auflistung der Brutto-/Nettolohnabrechnungen Monat für Monat für den Gesamtzeitraum Mai 1995 bis einschließlich September 1996 einen Differenzbetrag in Höhe von 64.065,71 DM. Dabei sei unter „Differenz” der Betrag verstanden, den er effektiv weniger erhalten habe, als er bei zeitgerechter Zahlung erhalten hätte. Soweit das Arbeitsgericht insofern einen „adäquat kausalen” Schaden verneint habe, liegt dies zum einen an der Verkennung der Rechtslage und zum anderen könne seinem Anspruch nicht mit den vom Arbeitsgericht angestellten Überlegungen entgegengetreten werden, daß die steuerlichen Erleichterungen der Ausgleich für letztlich „ungünstige Arbeitszeiten” sei, die er tatsächlich nicht erlitten habe. Diese Überlegungen scheiterten schon daran, daß hier quasi eine Art von „Vorteilsausgleich” zwischen vermeintlich immateriellen Vorteilen („keine gesundheitlichen und/oder familiären Belastungen aufgrund Dienstes zu ungünstigen Zeiten”) hier einem effektiven wirtschaftlichen Schaden quasi entgegengerechnet werden solle. Ein...