Entscheidungsstichwort (Thema)

Jubiläumsgeld. Sonderzahlung. betriebliche Übung. Ausschluss gekündigter Arbeitnehmer, Stichtagsregelung

 

Leitsatz (amtlich)

Gewährt der Arbeitgeber betriebsüblich eine Sonderzahlung, ohne gegenüber den Beschäftigten zu verdeutlichen, dass die Leistungsgewährung nach dem Vorbild einer Stichtagsregelung nur Arbeitnehmern im ungekündigten Arbeitsverhältnis gewährt werden soll, so führt allein der Umstand, dass Arbeitnehmer im gekündigten Arbeitsverhältnis tatsächlich stets von der Leistungsgewährung ausgenommen worden sind, nicht zur Begründung einer betriebsüblichen Gruppenbildung mit der Unterscheidung von begünstigten und von der Leistung ausgeschlossenen Mitgliedern. Die Einführung einer Stichtagsklausel bedarf vielmehr – wie bei ausdrücklicher Leistungszusage – auch bei Begründung einer Betriebsübung einer entsprechenden Beschränkung des erklärten Verpflichtungswillens.

 

Normenkette

BGB § 611

 

Verfahrensgang

ArbG Herford (Aktenzeichen 1 Ca 151/10)

 

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger

  1. als Jubiläumszuwendung 1.278,00 Euro brutto
  2. als Sonderzahlung 2009 1.319,76 Euro brutto

zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.01.2010.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte 9/10, der Kläger 1/10.

 

Tatbestand

Mit seiner Klage verlangt der Kläger, welcher zunächst seit dem Jahre 1984 bei der Firma P2 S1 GmbH und sodann ab dem 20.08.2008 aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrages bei der beklagten Firma P1 M1- und A1 GmbH in dem von beiden Unternehmen geführten Gemeinschaftsbetrieb beschäftigt war und aufgrund arbeitgeberseitiger Kündigung mit Wirkung zum 31.12.2009 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist, die Zahlung von Jubiläumsgeld und Sonderzahlung für das Jahr 2009.

Zum Anspruch auf Zahlung von Jubiläumsgeld verweist der Kläger auf die im Arbeitsvertrag vom 20.08.2008 getroffene Regelung, nach welcher als Eintrittsdatum weiterhin der 01.08.1984 gilt. Auf der Grundlage der zurückgelegten Betriebszugehörigkeit von 25 Jahren errechnet der Kläger einen Anspruch auf Zahlung von 1.500,– Euro. Weiter verlangt der Kläger die Gewährung einer Sonderzahlung. Diesen Anspruch stützt der Kläger auf die Grundsätze der Betriebsübung und behauptet hierzu, bei der Beklagten wie auch bei der früheren Arbeitgeberin sei die Zahlung von Weihnachtsgeld in Übereinstimmung mit den tariflichen Regeln der Metallindustrie über die Zahlung eines anteiligen 13. Monatseinkommens erfolgt. Danach stehe ihm auch im Austrittsjahr eine entsprechende Leistung zu.

Demgegenüber hat die Beklagte vorgetragen, die früher bestehende Betriebsübung über die Zahlung von Jubiläumsgeld sei bereits aufgrund einer diesbezüglichen Entscheidung der Geschäftsführung im Jahre 2005 aufgegeben worden. Hierzu verweist die Beklagte auf eine entsprechende Anweisung des Geschäftsführers vom 14.12.2005 (Bl. 36 d.A.). Dementsprechend sei in der Folgezeit keine Jubiläumsgeldzahlung mehr erfolgt. Im Übrigen habe der Kläger auf der Grundlage der früheren Betriebsübung allein eine Leistung von 100,– DM/Beschäftigungsjahr erlangen können, was einem Betrag von 1.278,– Euro entspreche. Ebenso wenig könne der Kläger für das Jahr 2009 die begehrte Sonderzahlung beanspruchen. Zwar sei in der Vergangenheit aufgrund entsprechender Betriebsübung eine derartige Zahlung in Anlehnung an die tariflichen Regeln der Metallindustrie erfolgt, abweichend von den tariflichen Regeln sei jedoch eine Zahlung im gekündigten Arbeitsverhältnis in keinem Falle vorgenommen worden. Dementsprechend erfülle der Kläger nicht die tatbestandlichen Voraussetzung der betriebsüblich gewähren Leistung. Im Übrigen sei mit Rücksicht auf die schlechte wirtschaftliche Lage des Unternehmens die Sonderzahlung zuletzt nur noch unter dem Vorbehalt der Freiwilligkeit gewährt worden. Soweit der Kläger geltend mache, er habe dem Freiwilligkeitsvorbehalt widersprochen, betreffe dies allein das Verhältnis zum früheren Arbeitgeber, der Firma P2 S1 GmbH, nicht hingegen das mit der Beklagten begründete Arbeitsverhältnis.

Durch Urteil vom 26.03.2010 (Bl. 46 ff d.A.), auf welches wegen des weiteren Sachverhalts Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht dem Kläger antragsgemäß einen Betrag von 1.500,–- Euro brutto als Jubiläumszuwendung nebst Zinsen zugesprochen, im Übrigen hingegen die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt worden, der Anspruch des Klägers auf Zahlung der Jubiläumszuwendung folge aus dem Gesichtspunkt der betrieblichen Übung. Allein durch das Schreiben des Geschäftsführers vom 14.10.2005 an die Buchhaltung sei die bestehende Betriebsübung nicht beseitigt worden. Ebenso folge allein aus der Tatsache, dass seither Ansprüche auf Zahlung von Jubiläumsgeld nicht mehr erfüllt worden seien, nicht die wirksame Beseitigung der Betriebsübung. Mit dem Eintritt des Klägers in das Unternehmen der Beklagten sei auch der Kläger von der bestehenden Betriebsübung erfasst worden....

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