Entscheidungsstichwort (Thema)
Jubiläumsgeld. Betriebsübergang
Leitsatz (amtlich)
Betriebliche Übung bei der Gewährung von Jubiläumsgeld.
Normenkette
BGB § 611
Verfahrensgang
ArbG Minden (Urteil vom 31.05.2006; Aktenzeichen 3 (1) Ca 311/06) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Minden vom 31.05.2006 – 3 (1) Ca 311/06 – wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Mit ihrer Klage verlangt die seit dem Jahre 1995 im Einzelhandelunternehmen der Beklagten beschäftigte Klägerin die ungekürzte Auszahlung einer Jubiläumszuwendung, welche in der Vergangenheit betriebsüblich nach zehnjähriger Betriebszugehörigkeit in Höhe eines Betrages von 250,– EUR (bzw. vormals 400,– DM) brutto gezahlt wurde. Seit dem Jahre 2005 gewährt die Beklagte aus entsprechendem Anlass allein noch eine Zuwendung in Höhe von 150,– EUR brutto. Den Differenzbetrag von 100,– EUR brutto macht die Klägerin mit der vorliegenden Klage geltend.
Durch Urteil vom 31.05.2006 (Bl. 49 ff. d.A.), auf welches wegen des weiteren Sachverhalts Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung des begehrten Differenzbetrages verurteilt. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt worden, der verfolgte Anspruch ergebe sich aus den Grundsätzen der betrieblichen Übung. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts komme nicht allein bei der Gewährung jährlicher Sonderzahlungen, sondern auch bei Leistungen der vorliegenden Art eine rechtliche Bindung des Arbeitgebers nach den Regeln der Betriebsübung in Betracht. Auch wenn richtig sei, dass der hier maßgeblichen Leistung unter finanziellen Gesichtspunkten nur eine untergeordnete Bedeutung zukomme, schließe dies einen vertraglichen Verpflichtungswillen des Arbeitgebers nicht aus. Vielmehr sei aus der Sicht der Beschäftigten entscheidend, dass sämtliche Arbeitnehmer der Beklagten wie auch des gesamten E1xxx-Konzerns bis zum Ende des Jahres 2004 bei Erreichen einer zehnjährigen Betriebszugehörigkeit die in Aussicht gestellte Leistung erhalten hätten. Nicht nur einzelne, sondern alle überhaupt in Betracht kommenden Arbeitnehmer seien damit in den Genuss der Leistung gelangt, ohne dass es darauf ankomme, dass bis zum Ablauf des Jahres 2004 insgesamt nicht mehr als etwa 70 von 600 Beschäftigten die Voraussetzungen für die Gewährung der Jubiläumszuwendung erfüllt hätten. Dementsprechend handele es sich nicht um eine gelegentliche, sondern um eine regelmäßig und ausnahmslos in gleichbleibender Höhe gewährte Leistung. Nach den Regeln der Betriebsübung stehe damit der Klägerin der Differenzbetrag von 100,– EUR brutto zu.
Mit ihrer rechtzeitig eingelegten und begründeten Berufung wiederholt und vertieft die Beklagte ihren Standpunkt, nach Art und Modalitäten der hier beanspruchten Jubiläumsgeldzahlung scheide die Anwendung der Regeln der Betriebsübung aus. Zweifelhaft sei bereits, ob überhaupt eine betriebliche Übung entstanden sei. Das Argument des Arbeitsgerichts, der diesbezügliche Verpflichtungswille der Beklagten ergebe sich schon daraus, dass alle Arbeitnehmer bei zehnjähriger Betriebszugehörigkeit den Betrag von 250,– EUR erhalten hätten, erweise sich als Zirkelschluss. Wenn überhaupt, sei in der Frage des erkennbaren Rechtsbindungswillens auf das Verhältnis der Gesamtarbeitnehmerzahl zur Anzahl derjenigen Arbeitnehmer abzustellen, welche in der Vergangenheit die Jubiläumszuwendung in bisheriger Höhe erhalten hätten. Bei einer Beschäftigtenzahl von 600 Arbeitnehmern und 70 Empfängern der Jubiläumszuwendung nach zehnjähriger Betriebszugehörigkeit ergebe sich aber, dass allein sieben von 600 Mitarbeitern pro Jahr, also jährlich etwa 1,67% der Belegschaft, die Zuwendung erhalten hätten. Schon diese geringe Quote spreche gegen die Annahme einer verpflichtenden Betriebsübung. Bezogen auf den Zehn-Jahres-Zeitraum wirke sich die Kürzung von insgesamt 100,– EUR letztlich auch nur mit 10,– EUR pro Jahr aus, weswegen es als wirklichkeitsfremd anzusehen sei, dass ein Mitarbeiter durch die Aussicht auf eine solchermaßen beschränkte Leistung tatsächlich zur Aufrechterhaltung der Betriebstreue veranlasst werde. Aber auch wenn man trotz der vorgetragenen Bedenken von der Entstehung einer Betriebsübung ausgehe, habe das Arbeitsgericht zu Unrecht die Prüfung unterlassen, inwiefern nicht nachfolgend die Betriebsübung erfolgreich beseitigt worden sei. Auch in diesem Zusammenhang seien nämlich Besonderheiten zu beachten, welche sich daraus ergäben, dass die hier streitige Jubiläumsgeldzahlung – anders als etwa eine Weihnachtszuwendung – nicht jährlich erbracht werde. Im Unterschied zur Beseitigung einer Betriebsübung bei jährlich gezahlten Sonderzuwendungen könne dementsprechend nicht gefordert werden, dass ein entsprechender nachträglicher Freiwilligkeitsvorbehalt gegenüber dem betroffenen Jubilar selbst erklärt werde, vielmehr müsse schon die für d...