Entscheidungsstichwort (Thema)

Urlaub. Kürzung. Verfall

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine vorformulierte arbeitsvertragliche Klausel, die die Kürzung des Urlaubs bei vorzeitigem Ausscheiden vorsieht, verstößt gegen § 13 BurlG, falls durch die vereinbarte Zwölftelungsregel der gesetzliche Mindesturlaub unterschritten wird. Die allein wegen dieses Gesetzesverstoßes unwirksame Klausel kann dann nicht mit zulässigem Inhalt aufrechterhalten werden.

2. Wird das Arbeitsverhältnis vom Arbeitgeber gekündigt und hierüber ein Rechtsstreit geführt, so verfällt der Urlaubsanspruch wie bisher, sofern der Arbeitnehmer diesen nicht rechtzeitig während des Kalenderjahres bzw. des Übertragungszeitraumes geltend macht (entgegen LAG Nürnberg, 09.03.2010, 7 Sa 220/10, juris; Beibehaltung BAG, 21.09.1999, 9 AZR 705/08, juris).

 

Normenkette

BUrlG §§ 13, 7 Abs. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Minden (Urteil vom 10.03.2011; Aktenzeichen 1 Ca 1463/10)

 

Nachgehend

BAG (Aktenzeichen 2 AZR 956/11)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Minden vom 10.03.2011, 1 Ca 1463/10, unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und der Tenor zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung der Beklagten aufgelöst worden ist, sondern bis zum 31.01.2011 fortbestanden hat.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.000,00 EUR brutto (Vergütung 16.– 31.12.2010) abzüglich gezahlten Arbeitslosengeldes in Höhe von 568,20 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.01.2011 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.000,00 EUR brutto (Vergütung vom 01. – 31.01.2011) abzüglich gezahlten Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.136,40 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2011 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Urlaubsabgeltung in Höhe von 2.830,15 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2011 zu zahlen.

Der Kläger wird verurteilt, an die Beklagte 496,50 EUR zu zahlen.

Im Übrigen werden Klage und Widerklage abgewiesen.

Die Kosten des ersten Rechtszugs tragen der Kläger zu 57 % und die Beklagte zu 43 %, die Kosten des zweiten Rechtszugs tragen der Kläger zu 4 % und die Beklagte zu 96 %.

Die Revision wird zugelassen beschränkt zur Frage der Urlaubsabgeltung.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um den zeitlich begrenzten Fortbestand des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses, Annahmeverzugslohnansprüche, Urlaubsabgeltung sowie Schadensersatz.

Der am 12.02.1980 geborene Kläger war seit dem 01.05.2010 als Mitarbeiter im strategischen Einkauf und Produktentwicklung bei der Beklagten zu einem monatlichen Bruttoentgelt von 4.000,00 EUR beschäftigt. Der zwischen den Parteien geschlossene schriftliche Arbeitsvertrag, wegen dessen vollständigen Wortlauts auf Bl. 6 bis 11 d.A. Bezug genommen wird, enthält auszugsweise folgende Regelungen:

„§ 2 Tätigkeit

1. Der Mitarbeiter wird eingestellt im Bereich strategischer Einkauf u. Produktentwicklung.

Der Mitarbeiter berichtet direkt an die Geschäftsleitung.

1. Der Mitarbeiter verpflichtet sich, die ihm übertragenen Aufgaben gewissenhaft und sorgfältig zu erfüllen, stets die Interessen der Firma zu wahren und seine volle Arbeitskraft einzusetzen.

§ 7 Urlaub

1. Der Mitarbeiter hat einen Anspruch auf Erholungsurlaub von 28 Arbeitstagen im Kalenderjahr. Bei Ein- oder Austritt im laufenden Kalenderjahr wird der Urlaub anteilig gewährt.

Der Urlaub ist nach den betrieblichen Bedürfnissen in Abstimmung mit der Geschäftsleitung zu nehmen.

1. Der Urlaub ist im jeweiligen Kalenderjahr zu nehmen. Ist dies aus betrieblichen Gründen oder krankheitsbedingt nicht möglich, kann der Urlaubsanspruch auf das nächstfolgende Kalenderjahr übertragen werden und ist dann bis spätestens 31. März zu nehmen.

Ist der Urlaub bis dahin, gleich aus welchen Gründen, nicht genommen, verfällt der Anspruch. Die Übertragung des Urlaubs auf das kommende Jahr bedarf einer schriftlichen Vereinbarung bis zum Ende des Kalenderjahres.

§ 9 Verschwiegenheitspflicht

Der Mitarbeiter verpflichtet sich, über alle vertraulichen Angelegenheiten und Vorgänge, insbesondere Betriebsgeheimnisse … Stillschweigen zu bewahren, ….

Die betrieblichen Sicherheitsbestimmungen sind zu beachten, insbesondere sind vertrauliche und geheimzuhaltende Schriftstücke, Rezepturen, Zeichnungen, Modelle usw. unter dem vorgeschriebenen Verschluß zu halten.

§ 11 Beendigung des Arbeitsverhältnisses

1. Die Kündigung muss schriftlich erfolgen. Das Kündigungsschreiben soll die wesentlichen Kündigungsgründe enthalten.

§ 12 Herausgabe von Firmeneigentum

Alle die Firma betreffenden Briefe und sonstigen Schriftstücke sind ungeachtet des Adressaten ebenso wie alle sonstigen Unterlagen, Rezepturen, Zeichnungen, Notizen, Bücher, Muster, Modelle, Werkzeuge, Materialien sowie Kopie alleiniges Eigentum der Firma. Der Mitarbeiter verpflichtet s...

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