Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit einer Bindungsklausel in einer Betriebsvereinbarung über die Leistung einer Sonderzahlung

 

Leitsatz (redaktionell)

Soll eine Sonderzuwendung schon nach der insoweit abgeschlossenen Betriebsvereinbarung die bisherige und die zukünftige Betriebstreue eines Arbeitnehmers honorieren und ergeben sich aus dem Zusammenhang der Regelungen auch keine Anhaltspunkte, dass mit ihr eine Arbeitsleistung vergütet werden soll, so begegnet eine Bindungsklausel, wonach die Sonderzuwendung voraussetzt, dass der Arbeitnehmer dem Betrieb am 31.03. des folgenden Jahres noch angehört, keinen rechtlichen Bedenken.

 

Normenkette

GG Art. 12 Abs. 1; BetrVG § 88; BGB § 310 Abs. 4 S. 1; ADO des Rheinisch-Westfälischen Genossenschaftsverbandes e.V. Nr. 14; BetrVG § 75 Abs. 1, 2 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Münster (Entscheidung vom 21.08.2014; Aktenzeichen 2 Ca 187/14)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 21.08.2014 - 2 Ca 187/14 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um den Anspruch des Klägers auf eine Sonderzuwendung für das Jahr 2013.

Der Kläger war in der Zeit vom 01.07.1996 bis zum 30.11.2013 Arbeitnehmer des Beklagten. Grundlage des Beschäftigungsverhältnisses war das von dem Kläger gegengezeichnete (Vertrags-)Schreiben des Beklagten vom 22.02.1996 (Bl. 105-107 d.A.). Wegen der Verlagerung des Beklagten von Münster nach Düsseldorf kündigte der Kläger sein Arbeitsverhältnis zum 30.11.2013.

Mit seiner am 05.02.2014 beim Arbeitsgericht eingereichten Zahlungsklage hat er von dem Beklagten die Sonderzuwendung für das Jahr 2013 nach Ziff. 14 der Allgemeinen Dienstordnung (ADO), geschlossen zwischen dem Beklagten und dem bei ihm gebildeten Betriebsrat, verlangt.

Ziff. 14 lautet auszugsweise:

"14. Sonderzuwendung/Vermögenswirksame Leistungen

a) Sonderzuwendung

Die Mitarbeiter, die sich zum Zeitpunkt der Auszahlung in einem ungekündigten Anstellungsverhältnis befinden, erhalten mit der Gehaltsabrechnung für den Monat November eine 13. Zahlung "Sonderzuwendung" in Höhe eines vereinbarten Brutto-Monatsgehaltes, die sowohl bisherige als auch zukünftige Betriebstreue berücksichtigt.Voraussetzung für die Zahlung der Zuwendung ist, dass der Mitarbeiter

a) am 01. November des jeweiligen Jahres als Mitarbeiter in den Diensten des Verbandes steht;

b) nicht in der Zeit bis einschließlich 31. März des Folgejahres aus seinem Verschulden oder auf eigenen Wunsch ausscheidet.

Hat der Mitarbeiter im Falle b) die Zuwendung erhalten, so hat er sie in voller Höhe zurückzuzahlen."

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, es handele sich bei der vorliegenden Sonderzahlung um eine solche mit Mischcharakter. Sie sei entsprechend der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 BGB unwirksam.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.998,00 Euro brutto nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über den jeweiligen Basiszinssatz seit dem 02.10.2013 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, dem Kläger stehe die Sonderzahlung nicht zu, da er zum 30.11.2013 durch Eigenkündigung aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sei. Des Weiteren hat er die Rechtsansicht vertreten, dass die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts der Regelung nicht entgegenstehe, da es sich bei ihr um eine Betriebsvereinbarung handele.

Das Arbeitsgericht Münster hat mit Urteil vom 21.08.2014 die Klage abgewiesen. Begründet hat es seine Entscheidung wesentlich damit, dass entgegen der Auffassung des Klägers die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu Sonderzahlungen mit Mischcharakter keine Anwendung finde, weil sich die Allgemeine Dienstordnung und die in ihr enthaltene Regelung zur Sonderzahlung der Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB entziehe. Gemäß § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB finde Abschnitt 2 (§ 305 bis einschließlich § 310 BGB) keine Anwendung auf Betriebsvereinbarungen. Die Kammer habe sich davon überzeugen können, dass es sich bei der Allgemeinen Dienstordnung tatsächlich um eine Betriebsvereinbarung handele mit der Folge, dass die in ihr enthaltene Stichtagregelung mit Mischcharakter der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht entgegenstehe. Wegen seines vorzeitigen Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis erfülle der Kläger die Voraussetzungen für die Zahlung der Sonderzuwendung nicht.

Gegen das ihm am 25.08.2014 zugestellte erstinstanzliche Urteil hat der Kläger am 10.09.2014 Berufung eingelegt und diese in dem Berufungsschriftsatz zugleich begründet.

Der Kläger ist unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens weiterhin der Auffassung, dass es sich bei der streitigen Sonderzuwendung um eine solche mit Mischcharakter handele. Da sie mit einer Stichtagregelung verbunden ist, sei sie unwirksam. Zwar sei die ADO wohl als Betriebsvereinbarung anzusehen, so dass sie an sich einer Inhaltskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB nicht zugänglich sei. Doch seien die Betriebs...

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