Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschwerde zurückgewiesen 24.08.2006

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschwer als Zulässigkeitsvoraussetzung für eine Anschlussberufung. Betriebsratsanhörung bei Zustandekommen eines Interessenausgleichs mit Namensliste

 

Leitsatz (amtlich)

1. Hat das Arbeitsgericht zwar im Urteilstenor die Klage in vollem Umfang abgewiesen und die Parteien in der Rechtsmittelbelehrung einleitend dahingehend belehrt, dass gegen das Urteil von der klagenden Partei Berufung eingelegt werden kann, dass dagegen „für die beklagte Partei … gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben” ist, hat es jedoch in den Entscheidungsgründen ausgeführt, dass das Arbeitsverhältnis durch die „Nachkündigung” des (endgültigen) Insolvenzverwalters nicht bereits zum 31.10.2004 beendet worden ist, sondern durch die „Vorkündigung” der Insolvenzschuldnerin erst zum 31.12.2004 sein Ende gefunden hat, dann ist auch der beklagte Insolvenzverwalter durch das angefochtene arbeitsgerichtliche Urteil beschwert, so dass die form- und fristgerecht eingereichte und ordnungsgemäß begründete Anschlussberufung zulässig ist.

2. Ist dem Betriebsrat im Zuge der Anhörung zur „Vorkündigung” der Insolvenzschuldnerin eine Liste der zu kündigenden Arbeitnehmer mit sämtlichen Sozialdaten (Name, Vorname, Geburtsdatum, Anzahl der Kinder, Beschäftigungsdauer im Unternehmen) sowie mit der Angabe des „oraussichtlichen Kündigungstermins” übergeben worden, dann braucht der Insolvenzverwalter im Rahmen der Anhörung zur „Nachkündigung” zwar die Sozialdaten der betroffenen Arbeitnehmer nicht erneut mitzuteilen, er muss den Betriebsrat jedoch eindeutig wissen lassen, wen er „nachzukündigen” gedenkt.

3. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Anhörung des Betriebsrats zur „Nachkündigung” zusammen mit der „Vorkündigung” erfolgt sein soll. Enthält die in diesem Zusammenhang überreichte Liste keine Angaben über die gesetzliche Höchstfrist des § 113 S. 2 InsO n.F. [2004], dann ist bei einer Massenentlassung das Herausfiltern der Arbeitnehmer, „welche eine längere Kündigungsfrist als drei Monate haben”, aus der Liste zur „Vorkündigung” ein mühsames und zeitaufwendiges Unterfangen, das sich der Betriebsrat im Computerzeitalter nicht antun muss. Daraus folgt, dass der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß über den Kreis der von der „Nachkündigung” betroffenen Arbeitnehmer unterrichtet worden ist.

 

Normenkette

BetrV § 102; ZPO § 524

 

Verfahrensgang

ArbG Hamm (Urteil vom 05.04.2005; Aktenzeichen 3 Ca 1698/04 L)

 

Nachgehend

BAG (Aktenzeichen 8 AZN 565/06)

 

Tenor

Parallelsache zu 4 Sa 1511/05

Die Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung des Beklagten zu 1) gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamm/Gerichtstag Lippstadt vom 05.04.2005 – 3 Ca 1698/04 L – werden zurückgewiesen, und zwar zur Titelklarstellung mit der Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin erst mit Ablauf des 31.12.2004 sein Ende gefunden hat.

Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin zu 4/5 und der beklagte Insolvenzverwalter zu 1 /5 zu tragen haben und der Streitwert 9.619,70 EUR beträgt.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 4.809,85 EUR festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses der Klägerin sowie darüber, ob dieses aufgrund Betriebsübergangs auf die Beklagte zu 2) übergegangen ist.

Durch Beschluss des Amtsgerichts Paderborn vom 07.04.2004 – 2 IN 188/04 – wurde über das Vermögen der Firma Gesundheitszentrum B3x W1xxxxxxxxxx GmbH das Insolvenzeröffnungsverfahren eingeleitet und der Beklagte zu 1) zum vorläufigen

Insolvenzverwalter ohne Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis bestellt. Durch weiteren Beschluss vom 01.07.2004 – 2 IN 188/04 – wurde dann das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zu 1) zum (endgültigen) Insolvenzverwalter bestellt.

Gegenstand des Unternehmens der Insolvenzschuldnerin war die Förderung der öffentlichen Gesundheitspflege und der vorbeugenden Heilfürsorge durch den Betrieb des anerkannten Solebades B3x W1xxxxxxxxxx. Durchgeführt wurden Anschlussheilbehandlungen, stationäre Heilverfahren, teilstationäre Rehabilitationsmaßnahmen und ambulante Therapien. Das Gesundheitszentrum B3x W1xxxxxxxxxx bestand aus der Klinik K4xxxxxxx mit den Fachbereichen Kardiologie und Angiologie und 236 Betten sowie aus der Klinik E5xxxxxx mit den Fachbereichen Orthopädie und Rheumatologie und 229 Betten. Daneben wurden ein den Klinikbereichen angeschlossenes

Therapiezentrum und ein Thermalsolebad, sowie das Restaurant „A5xxx K2xxxxx” betrieben. Es waren zum Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung noch ca. 315 Arbeitnehmer beschäftigt.

Um eine möglichst hohe Zahl von Arbeitsplätzen zu erhalten, entwickelte die Unternehmensberatung B11xxx C1xxxxxxxx G3xxx ein Sanierungskonzept mit dem Zweck, im Wege einer übertragenden Teilsanierung mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Kernbereiche Orthopädie/Rheumatologie und Kardiologie/ Angiologie des Betriebes der Insolvenzschuldnerin...

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