Die Revision wird nicht zugelassen.
Entscheidungsstichwort (Thema)
Interessenausgleich mit Namensliste, Anhörung des Betriebsrats, Kündigung wegen geplanter Stilllegung des Betriebes
Leitsatz (amtlich)
1. Der Abschluss eines Interessenausgleichs mit Namensliste gemäß § 125 Abs. 1 InsO kann mit dem Anhörungsverfahren gemäß § 102 BetrVG verbunden werden. Dann muss sich aus dem Interessenausgleich ergeben, dass der Betriebsrat zur Kündigung des betroffenen Arbeitnehmers angehört worden ist und eine abschließende Stellungnahme dazu abgegeben hat.
2. Von einer geplanten Stilllegung des Betriebes kann gemäß § 125 Abs. 1 InsO ausgegangen werden, wenn der Insolvenzverwalter seine Stilllegungsabsicht sowohl gegenüber den Beschäftigten als auch gegenüber dem Insolvenzgericht unmissverständlich äußert, mit dem Betriebsrat einen entsprechenden Interessenausgleich mit Namensliste abschließt, allen Arbeitnehmern kündigt, sie mit abnehmender Tendenz im Rahmen einer geplanten Auslaufproduktion weiterbeschäftigt und dem Arbeitsamt die Entlassung aller Arbeitnehmer mit der Begründung „Betriebsstilllegung” anzeigt. In diesem Fall bleibt die Vermutungswirkung der Betriebsbedingtheit der Kündigung auch dann bestehen, wenn ein beträchtlicher Teil der Arbeitnehmer (hier 83 von 180 Arbeitnehmern) über den geplanten Abschluss der Auslaufproduktion hinaus noch mit befristeten Arbeitsverträgen weiterbeschäftigt wird.
Normenkette
InsO § 125 Abs. 1-2; BetrVG § 102; KSchG § 1 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Herne (Urteil vom 10.04.2002; Aktenzeichen 1 Ca 826/02) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 10.04.2002 – 1 Ca 3991/01 – abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die erstinstanzlichen Kosten hat der Kläger zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich mit seiner am 19.11.2001 beim Arbeitsgericht eingegangenen Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung des Beklagten vom 29.10.2001, die dieser wegen Betriebsstilllegung gemäß § 113 InsO zum 31.01.2002 ausgesprochen hat.
Der am 22.01.1952 geborene Kläger war seit dem 18.12.1966 bei der D1xxxxxxx Maschinenfabrik AG zuletzt als Gruppenleiter Außenmontage Maschinenbau gegen eine monatliche Vergütung von 8.586,50 DM brutto tätig.
Am 01.07.2001 wurde über das Vermögen der D1xxxxxxx Maschinenfabrik das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Dieser behauptet, er habe im Oktober 2001 den Entschluss gefasst, den Betrieb der Schuldnerin zum 31.01.2002 stillzulegen, nachdem die Übernahmeverhandlungen mit der finnischen Firma C1xxxx gescheitert und eine Fortführung des Unternehmens wirtschaftlich nicht mehr vertretbar gewesen sei. Andere Übernahmeinteressenten seien nicht vorhanden gewesen. Er habe sowohl die Beschäftigten auf einer Betriebsversammlung als auch das Insolvenzgericht über das Scheitern der Übernahmeverhandlungen und seine Stilllegungsabsicht informiert. Auf das in der Berufungsinstanz überreichte Schreiben an das Insolvenzgericht vom 08.11.2001 (Bl. 171 und 172 d.A.) wird Bezug genommen.
Am 26.10.2001 schloss der Beklagte mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich, dem eine Namensliste mit 170 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern beigefügt war. In der Betriebsvereinbarung über einen Interessenausgleich heißt es unter I.:
„Der Geschäftsbetrieb der Firma D1xxxxxxx Maschinenfabrik wird endgültig und auf Dauer in Kürze eingestellt”.
Zur Betriebsratsanhörung heißt es unter II. des Interessenausgleichs:
„Der Betriebsrat bestätigt, dass er im betriebsverfassungsrechtlichen Anhörungsverfahren ausreichend zu den fristgemäßen Kündigungen der Arbeitnehmer gemäß der als Anlage 1 beigefügten Liste angehört worden ist. Er stimmt der fristgemäßen Kündigung aller Einzelarbeitnehmer gemäß der Liste zu. In der Liste sind alle Arbeitnehmer namentlich gemäß § 125 Abs. 1 InsO genannt.
Soweit in Einzelfällen Sonderkündigungsschutz besteht, erfolgt der Ausspruch der Kündigung nach Vorlage der hierfür erforderlichen behördlichen Genehmigung, die unverzüglich eingeholt wird. Soweit der Betriebsrat an diesem Verfahren zu beteiligen ist, erhebt er keine rechtlichen Bedenken.
Die Betriebseinstellung bedingt die ordentliche Kündigung sämtlicher Arbeitnehmer aus betriebsbedingten Gründen. Der Betriebsrat hat der Stilllegung nicht widersprochen.”
Unter III. des Interessenausgleichs heißt es ferner:
Die von Kündigungen und Entlassungen betroffenen Mitarbeiter ergeben sich aus der als Anlage 1 dieser Betriebsvereinbarung beigefügten Liste, die mit der vorliegenden Betriebsvereinbarung bei Unterzeichnung fest verbunden ist. Diese feste
Verbindung bestätigen sich die Parteien mit Unterschrift gegenseitig.
Mit Unterzeichnung der vorliegenden Betriebsvereinbarung bestätigt der Betriebsrat, dass alle vorzunehmenden Kündigungen und Entlassungen jedes einzelnen Arbeitnehmers erörtert wurden.
Auf der dem Interessenausgleich beigefügten Namensliste befindet sich auch der...