Die Revision wird zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Parallelsache zu 7 Sa 685/05 Massenentlassung. Anzeigepflicht. Kündigung. Vertrauensschutz. Teilbetriebsübergang
Leitsatz (amtlich)
Mit Urteil des EuGH vom 27.01.2005 – C 188/03 – wurde der nationale Gesetzgeber aufgefordert, die §§ 17, 18 KSchG an die Ratsrichtlinie 98/59/EG vom 20.07.1998 entsprechend seiner Auslegung (Entlassung = Kündigung) anzupassen. Der private Arbeitgeber ist hieraus noch nicht verpflichtet, zumal eine Richtlinien konforme Auslegung über die allgemeinen Auslegungskriterien nicht erreicht werden kann.
Normenkette
KSchG §§ 17-18, 1 Abs. 2; BGB § 613a Abs. 1, 4
Verfahrensgang
ArbG Iserlohn (Urteil vom 03.05.2005; Aktenzeichen 4 Ca 2653/04) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 03.05.2005 – 4 Ca 2653/04 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob das seit dem 06.09.1995 bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher betriebsbedingter Kündigung der Beklagten vom 26.07.2004 mit dem 31.10.2004 beendet worden ist oder darüber hinaus fortbesteht.
Die Beklagte war Zulieferer der Automobilindustrie. Ihre Kunden waren u. a. die V1 AG, Daimler-Chrysler, BOS, Fanrecea, Zauner, Lemförder etc.. Die Beklagte war für die Automobilindustrie zertifiziert. Sie belieferte diese Kunden weltweit. Von der Automobilindustrie bzw. von Zulieferern der Automobilindustrie war sie eingebunden in die Großserienproduktion von 100.000 bis 800.000 Stück pro Kalenderjahr. Produziert wurden u. a. Schaltgestänge, Schalthebel und Halterungen für Auspuffanlagen. Zulieferer der Automobilindustrie waren ebenfalls die D1xx C3 und die D1xx U3. Beide Unternehmungen waren jedoch nicht zertifiziert. In 2002 hat in A2xxxx die D1xx K2xxxxxxxxxxx GmbH eine eigenständige Produktion auf diesem besonderen Fachgebiet aufgenommen. Die K2xxxxxxxxxxxxx beliefert u. a. die Fa. B2xxx mit hochwertigen Schrauben. Gesellschafter dieser GmbH sind neben U2xxxx H3xxxxx und A3xxxxxx S6xxx, der Sohn des Gesellschafters/Geschäftsführers der Beklagten, M2xxxxx D1xx, der zugleich Mitgeschäftsführer der Beklagten war. Geschäftsführer dieser Gesellschaft sind U2xxx H3xxxxx, zugleich Prokurist der Beklagten und A3xxxxxx S6xxx.
Die Beklagte produzierte in acht Hallen. In einer Halle – der Halle 7 – betrieb sie ein Hochregallager. Für ihre kaufmännischen Aufgaben nutzte sie ein mehrstöckiges Bürogebäude. Sie beschäftigte zeitweise bis zu 180 Mitarbeiter. Bedingt durch die Absatzprobleme der Automobilindustrie verringerte sich ihre Belegschaft bis Mitte 2004 auf nahezu 100 Arbeitnehmer. Da in 2004 ein weiterer Umsatzrückgang von nahezu 20 % festgestellt wurde – verursacht durch die weiter fortbestehenden Absatzprobleme in der Automobilindustrie, die Rückholung von Fremdvergaben in die Produktionsstätten der Automobilindustrie und den Verlust von Aufträgen aufgrund technischer Probleme – entschloss sich der Gesellschafter/Geschäftsführer R2xx D1xx zur Stilllegung der Produktion der Beklagten. Diesen Beschluss formulierte er schriftlich am 22.07.2004.
Nach seinen Vorstellungen sollte die Produktion endgültig zum 31.03.2005 eingestellt sein. Zugleich beauftragte er die Geschäftsführung, den Arbeitnehmern zeitnah unter Beachtung der unterschiedlichen Kündigungsfristen zu kündigen und alle darüber hinaus notwendigen Maßnahmen zu treffen. Aus diesem Anlass fertigte die Beklagte am 26.07.2004 nahezu 100 Kündigungsschreiben. Hiervon war auch die Klägerin betroffen. Am 27.07.2004 reichte der Prokurist U2xxxx H3xxxxx die erste Massenentlassungsanzeige bei der Agentur für Arbeit Iserlohn, Büro Werdohl, ein. Eine weitere Anzeige erfolgte am 28.10.2004. Nach Zugang der Kündigung wurde am 06.08.2004 die A4x W2xxxxxxxxxxxxx GmbH, N1xxxxxxx, gegründet. Geschäftsgegenstand dieser Gesellschaft ist die Konstruktion und Entwicklung von Einzelteilen (Prototypen) und die Fertigung von Kleinserien. Gesellschafter sind zu gleichen Teilen die D1xx K2xxxxxxxxxxxxx GmbH A2xxxx und M2xxxxxx D1xx. Zu Geschäftsführern wurden A3xxxxxx S6xxx und U2xxxx H3xxxxx bestellt. Die A4x hat ihre Tätigkeit Anfang Oktober 2004 aufgenommen. Sie setzt neun CNC-Pressen und -Biegemaschinen und fünf Schweißanlagen aus dem früheren Maschinenpark der Beklagten ein.
Mit der beim Arbeitsgericht Iserlohn am 13.08.2004 erhobenen Klage wehrt sich die am 18.06.1974 geborene, verheiratete und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtete und seit dem 06.09.1995 bei der Beklagten als Maschinenarbeiterin zum monatlichen Bruttoentgelt von 1.796,00 EUR tätige Klägerin gegen die ihr am 28.07.2004 zugegangene Kündigung. Zur Begründung hat sie die Auffassung vertreten, diese Kündigung sei nicht geeignet, das zur Beklagten bestehende Arbeitsverhältnis zum 31.10.2004 zu beenden. Diese Kündigung sei nämlich sozialwidrig im Sinne des § 1 Abs. 1 KSchG. Entgegen ihrer Ankündigung sei die Beklagte nicht in der Lage, betriebsbedin...