Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung. ordentlich. Betriebsratsmitglied. Stilllegung. Betriebsabteilung. Übernahme. höherwertig. Arbeitsplatz
Leitsatz (amtlich)
Anlässlich der Schließung einer Betriebsabteilung ist der Arbeitgeber nach § 15 Abs. 5 KSchG nicht verpflichtet, ein davon betroffenes Betriebsratsmitglied auf einen höherwertigen Arbeitsplatz in eine andere Betriebsabteilung zu übernehmen.
Normenkette
KSchG § 15 Abs. 5
Verfahrensgang
ArbG Minden (Urteil vom 13.12.2007; Aktenzeichen 1 Ca 1073/07) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Minden vom 13.12.2007 – 1 Ca 1073/07 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Rahmen der betriebsbedingten Kündigung eines Betriebsratsmitglieds wegen der Stilllegung einer Betriebsabteilung um die Möglichkeiten der Übernahme in andere Betriebsabteilungen.
Die Beklagte, ein Versicherungsunternehmen, unterhält bundesweit 58 Niederlassungen, sogenannte Vertriebsdirektionen, unter anderem in M1, wo zuletzt 80 Mitarbeiter tätig waren. Dort kam auch der seit dem 01.09.1973 beschäftigte Kläger, geboren am 29.04.1957, seiner halbtags arbeitenden Ehefrau und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtet, zum Einsatz, und zwar zuletzt als Außendienstpartner (ADP) mit einem Bruttomonatsverdienst von 3.305,20 EUR. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge des privaten Versicherungsgewerbes Anwendung, unter anderem das Rationalisierungsschutzabkommen – im folgendem kurz: RSchA (Bl. 47 ff. d. A.).
Der Kläger ist stellvertretender Betriebsratsvorsitzender des für die Vertriebsdirektion M1 gewählten Betriebsrates.
In den Vertriebsdirektionen wurden bislang neben den Mitarbeitern des Außendienstes (AD) auch Außendienstpartner eingesetzt. Sie bildeten eine eigenständige Einheit unter der jeweiligen Leitung eines Außendienstpartner–Koordinators (ADP-Ko). Zu den Aufgaben der Außendienstpartner gehörte es, den Außendienst und den jeweiligen Vertriebsdirektor durch die Erbringung von Verwaltungs- und Bürotätigkeiten zu unterstützen. Die Stellen sind in der Gehaltsgruppe IV (=TG 40) gemäß Anhang zu § 4 Ziff. 1 MTV für das private Versicherungsgewerbe (im Folgenden kurz: MTV) eingestuft. Die Außendienstpartner–Koordinatoren erhielten eine Vergütung nach Gehaltsgruppe V MTV (=TG 50), weil sie zusätzlich die Aufgaben hatten, die ihnen jeweils etwa fünf zugeordneten Außendienstpartner zu führen und deren Tätigkeiten zu koordinieren.
Schon bereits seit längerem wurde ein Großteil der genannten Verwaltungsaufgaben des sogenannten dezentralen Innendienstes in der Hauptverwaltung der Beklagten in H3 erbracht. Diese hat nun die Entscheidung getroffen, ihren dezentralen Innendienst bundesweit zu schließen und dadurch knapp 300 Stellen abzubauen. So ist auch die entsprechende Abteilung in der Vertriebsdirektion M1 zum 30.09.2007 stillgelegt worden. Ein Großteil der dort bislang vom Kläger erledigten Aufgaben wird jetzt auch von der Hauptverwaltung wahrgenommen. Verbleibende einfachere Büro- und Logistiktätigkeiten sind an einen externen Dienstleister vergeben worden, während ein weiterer Teil ersatzlos weggefallen ist. Der damit verbundene Verlust des Arbeitsplatzes des Klägers hat dazu geführt, dass er mit Wirkung ab 01.10.2007 von der Arbeit freigestellt worden ist.
Zuvor war mit Schreiben vom 15.06.2007 (Bl. 27 ff. d. A.) der für M1 zuständige Betriebsrat zur beabsichtigten „fristgemäßen betriebsbedingten Beendigungskündigung” des Klägers angehört worden. Der Betriebsrat wiedersprach dem Vorhaben mit Schreiben vom 26.06.2007 (Bl. 30 f. d. A.), unter anderem mit der Begründung, der Kläger als ausgebildeter Versicherungskaufmann könne eine Tätigkeit als „Außendienstmitarbeiter/Organisationsleiter” in der Vertriebsdirektion M1 übernehmen.
Insoweit ist unstreitig, dass der Kläger in der Vergangenheit auch mit der Kundenberatung betraut und ursprünglich in Gehaltsgruppe VI MTV (=TG 60) eingestuft war. Da die Beklagte aber dem zentralen Innendienst in mehreren Schritten höherwertige Aufgaben entzog und nach H3 verlagerte, verbunden mit dem Wegfall von Arbeitsplätzen, kam es zum 01.07.2004 zu einer Herabstufung der Außendienstpartner von Gehaltsgruppe VI MTV in Gehaltsgruppe IV MTV. Damit erklärte sich der Kläger unter dem 26.05.2004 zunächst einverstanden (Bl. 102 f. d. A.), nahm davon aber knapp zwei Monate später am 22.07.2004 (Bl. 90 f. d. A.) wieder Abstand.
Aus Gründen der Besitzstandswahrung wurde er auf der Grundlage einer Gesamtbetriebsvereinbarung vom 30.01.2004 (Bl. 89 d. A.) weiterhin nach Gehaltsgruppe VI MTV bezahlt.
Mit Schreiben vom 26.06.2007 (Bl. 4 d. A.) wurde dem Kläger die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses unter Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist von 12 Monaten zum Quartal zum 30.06.2008 ausgesprochen.
Gegen deren Wirksamkeit hat er sich mit der vorliegenden Klage gewan...