Verfahrensgang
ArbG Herford (Urteil vom 19.10.1994; Aktenzeichen 2 Ca 634/90) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 19.10.1994 – 2 Ca 634/90 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Tatbestand
Der Kläger verlangt von der Beklagten Zahlung der Vergütung für die Zeit der Teilnahme an einem Seminar unter Berufung auf das Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz NRW (i. F. AWbG).
Der Kläger war von Januar 1988 bis zum 31.07.1990 bei der Beklagten als Maschinenführer an einer CNC-Maschine beschäftigt und erhielt zuletzt einen Akkorddurchschnittslohn von 25,– DM brutto pro Stunde. Am 22.08.1988 begann er an der Städtischen Kollegschule S. eine vierjährige Ausbildung zum CNC-Techniker, die er im Juli 1991 erfolgreich abschloß.
Mit Schreiben vom 31.01.1990 beantragte der Kläger Freistellung zwecks Teilnahme an einer Bildungsveranstaltung mit dem Titel „Rhetorik”, die von der Volkshochschule B. O. in derzeit vom 23.04.–27.04.1990 durchgeführt wurde. In der Ausschreibung dieser Maßnahme heißt es unter anderem:
„Das Kompaktseminar wendet sich an alle, die in ihrem Beruf Gespräche führen und Diskussionen leiten oder Reden und Vorträge halten müssen. Theoretische Kenntnisse des sprachlichen Bereichs (Argumentationsstrukturen, rhetorische Mittel u.a.m.) und der Körpersprache (Gestik, Mimik, Haltung) werden vermittelt. Im Vordergrund stehen praktische Übungen (Rollenspiele, Stegreifreden) und deren Analyse, wobei auf jeden Teilnehmer individuell eingegangen wird. In diesem Rahmen ist auch die Videoaufzeichnung und Besprechung von Teilnehmerbeiträgen vorgesehen.”
Wegen der weiteren Einzelheiten der Ausschreibung wird auf Blatt 32 der Akte Bezug genommen.
Die Beklagte erwiderte auf den Freistellungsantrag mit Schreiben vom 21.02.1990, das folgenden Inhalt hat:
„Antrag auf Bildungsurlaub
Sehr geehrter Herr H.
Ihren Antrag auf Bildungsurlaub zum Fachbereich „Rhetorik” in der Zeit vom 23. April bis zum 27. April 1990 müssen wir ablehnen.
Dieses Seminar steht mit Ihrer Tätigkeit in unserem Unternehmen in keinem Zusammenhang.
Wir sind jedoch bereit, Ihnen für diese Zeit unbezahlten Urlaub zu gewähren.
Freundliche Grüße
Ihre
S. M. Möbelwerke
GmbH & Co.
ppa.
H. G.”
Wegen des sich anschließenden weiteren Schriftwechsels der Parteien wird auf Blatt 28 bis 35 der Akte Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 05.04.1990 teilte die Gewerkschaft Holz und Kunststoff der Beklagten folgendes mit:
„Anspruch auf Bildungsurlaub für Herrn A. H. A. A. B. O.
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit zeigen wir Ihnen an, daß uns Herr H. in obiger Angelegenheit mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hat. Herr H. möchte, wie Ihnen bekannt ist, an dem Rhetorik-Seminar in der Zeit vom 23.04.–27.04.1990 in B. O. teilnehmen und dafür Bildungsurlaub nach dem AWbG erhalten.
Sie haben ihm mitgeteilt, Sie wären nicht bereit, ihm Bildungsurlaub zu gewähren, sondern nur bereit, ihm unbezahlten Urlaub zu gewähren.
Herr H. möchte sich das Recht vorbehalten, seinen Anspruch auf Lohnfortzahlung nach dem AWbG klageweise geltend zu machen. Er möchte deshalb vermeiden, daß ihm vorgehalten wird, dadurch, daß er der Gewährung auf unbezahlten Urlaub zugestimmt hat, er auf seinen Anspruch auf Bildungsurlaub verzichtet hat.
Wir bitten deshalb um Mitteilung, ob Sie bereit sind. Herrn H. zunächst ohne Bezahlung für die Zeit vom 23.04.–27.04.1990 von der Arbeit freizustellen, wobei sich Herr H. das Recht vorbehält, seinen Anspruch auf Lohnfortzahlung nach dem AWbG klageweise geltend zu machen.
Wir bitten um entsprechene Mitteilung bis zum 12.04.1990.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. V.”
Das Antwortschreiben der Beklagten vom 10.04.1990 hat folgenden Wortlaut:
„Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz Teilnahme unseres Mitarbeiters, Herrn A. H. an einem Rhetorik-Seminar vom 23.–27.04.1990
Sehr geehrte Damen und Herren,
in Beantwortung Ihres Schreibens vom 05.04.1990 teilen wir Ihnen mit, daß Sie bzw. Ihr Mitglied seine vermeintlichen Rechte in der ihm geeigneten Weise wahrnehmen mag.
Freundliche Grüße
Ihre
S. M. Möbelwerke
GmbH & Co.
ppa.
H. G.”
Der Kläger nahm an der genannten Veranstaltung teil. Mit Klageschrift vom 28.05.1990, beim Arbeitsgericht Herford eingegangen am 29.05.1990, verlangt er von der Beklagten Zahlung der Vergütung für die Zeit der Teilnahme in Höhe von 925,– DM brutto.
Zur Begründung seines Begehrens hat der Kläger vorgetragen, die Beklagte habe ihm für die Veranstaltung vom 23.04.–27.04.1990 Freistellung gewährt, so daß er nunmehr einen Anspruch gemäß §§ 1, 7 AWbG auf Fortzahlung der Vergütung habe. Die Bildungsveranstaltung sei nach § 9 AWbG anerkannt gewesen und habe der beruflichen Weiterbildung im Sinne des AWbG gedient. Er, der Kläger, habe sich damals an der Städtischen Kollegschule S. zum CNC-Techniker ausbilden lassen. Nach einer Bescheinigung der Schule vom 26.01.1990 sei der Rhetorikkurs für die Ausbildung als Techniker besonders empfehlenswert. In der schulischen Ausbildung könne nach den Angaben der Kollegschule die Rhetorikausbildung nur unzureichend berücksi...