Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschäftigungsanspruch. gerichtlicher Vergleich. Erledigungswirkung. Schadensersatz wegen Nichtbeschäftigung
Leitsatz (amtlich)
Schließen die Parteien zur Erledigung eines Rechtsstreits um die leidensgerechte Beschäftigung des Arbeitnehmers einen gerichtlichen Vergleich mit dem Inhalt, der Arbeitnehmer solle künftig unter näher genannten Voraussetzungen auf einem bestimmten Arbeitsplatz beschäftigt werden, so umfasst die im Vergleich enthaltene Klausel "Damit ist der Rechtsstreit erledigt" auch den vergangenheitsbezogenen und aus Gründen des Zeitablaufs in der Hauptsache erledigten Teil des Beschäftigungsbegehrens und schließt damit auch ohne streitübergreifende umfassende Ausschlussklausel etwaige Ersatzansprüche wegen Nichtbeschäftigung aus der Zeit vor Vergleichsabschluss aus.
Normenkette
BGB §§ 611, 779
Verfahrensgang
ArbG Siegen (Urteil vom 16.06.2009; Aktenzeichen 3 Ca 427/09 O) |
Nachgehend
BAG (Aktenzeichen 8 AZN 168/10) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Siegen vom 16.06.2009 – 3 Ca 427/09 O – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Mit seiner Klage verlangt der Kläger, welcher seit dem Jahre 1992 als gewerblicher Arbeitnehmer im Gießereibetrieb der Beklagten beschäftigt ist, die Zahlung von Schadensersatz wegen Nichtbeschäftigung und hierdurch entgangener Arbeitsvergütung. Diesen Anspruch stützt der Kläger auf den Vortrag, die Beklagte habe trotz Vorhandenseins geeigneter Arbeitsplätze eine leidens- und behindertengerechte Beschäftigung des Klägers jedenfalls seit dem Jahre 2006 unterlassen. Auch nach Abschluss des gerichtlichen Vergleichs vom 04.12.2008 im vorangegangenen Beschäftigungsrechtsstreit (LAG Hamm 15 Sa 238/08), in welchem sich die Beklagte dazu verpflichtet hatte, den Kläger nach entsprechender Vertragsänderung – vorbehaltlich der Zustimmung des Betriebsrats und erfolgter rechtswirksamer Freikündigung des Arbeitsplatzes – als Drehereiarbeiter auf dem leidensgerechten Arbeitsplatz der Dichtigkeitsprüfung zu beschäftigen, habe die Beklagte dem Kläger keine Beschäftigung zugewiesen und es versäumt, die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zur Versetzung des Klägers gerichtlich ersetzen zu lassen. Dementsprechend schulde die Beklagte für den Zeitraum Juli 2006 bis einschließlich Februar 2009 die Zahlung von Schadensersatz in Höhe des maßgeblichen Bruttoentgelts abzüglich erhaltener Sozialleistungen.
Durch Urteil vom 16.06.2009 (Bl. 114 d.A.), auf welches wegen des weiteren Sachverhalts und der verfolgten Klageanträge Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mit seiner rechtzeitig eingelegten und begründeten Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren unverändert weiter, wohingegen die Beklagte die Zurückweisung der Berufung beantragt.
Von der weiteren Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers bleibt ohne Erfolg.
I
In Übereinstimmung mit dem arbeitsgerichtlichen Urteil steht dem Kläger der verfolgte Schadensersatzanspruch nicht zu.
1. Soweit es den zurückliegenden Zeitraum von Juli 2006 bis zum Abschluss des gerichtlichen Vergleichs vom 04.12.2008 betrifft, sind etwaige Ersatzansprüche wegen vertragswidriger Nichtbeschäftigung des Klägers durch den Vergleich selbst und die hierin enthaltene Erledigungsklausel gemäß Ziffer 3 des Vergleichs ausgeschlossen.
a) Gegenstand des vorangehenden und durch gerichtlichen Vergleich erledigten Rechtsstreits war der vom Kläger verfolgte Erfüllungsanspruch, gerichtet auf leidensgerechte Beschäftigung. Zur Erledigung dieses Begehrens haben die Parteien die Vereinbarung getroffen, den Kläger unter bestimmten Voraussetzungen auf dem leidensgerechten Arbeitsplatz der Dichtigkeitsprüfung in der Dreherei zu beschäftigen. Zwar hat die Beklagte ihre Verpflichtung aus dem Vergleich – wie im Folgenden auszuführen ist – nicht erfüllt. Auf die Bestandskraft des Vergleichs und darauf, dass mit Abschluss des Vergleichs der damalige Rechtsstreit wegen des Beschäftigungsbegehrens seine Erledigung gefunden hat, hat die Nichterfüllung des Vergleichs jedoch keine unmittelbaren Auswirkungen. So wie der Kläger, wenn die Beklagte den Vergleich erfüllt hätte, für den vorangehenden Zeitraum weder Erfüllungs- noch Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung hätte geltend machen können, weil dies durch die vereinbarte Erledigung des Rechtsstreits ausgeschlossen war, bleibt der Kläger auch im Fall der Nichterfüllung des Vergleichs mit entsprechenden Ansprüchen ausgeschlossen.
b) Der Vortrag des Klägers kann auch nicht in dem Sinne verstanden werden, schon in der vorliegenden Geltendmachung von Schadensersatzforderungen wegen Nichterfüllung des Vergleichs sei ein konkludenter Rücktritt vom Vergleich zu sehen. Zwar mag dem Kläger ein solches Rücktrittsrecht zustehen, nachdem sich die Beklagte auf die Nichterfüllbarkeit des gerichtlichen Vergleichs berufen hat. Es fehlt jedoch zum einen ...