Die Revision wird zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Gratifikation. Ausschluss von Gratifikationsleistung. Gleichbehandlung. Maßregelung
Leitsatz (amtlich)
Ausschluss von Gratifikationsleistung bei verweigerter Vertragsänderung
Normenkette
BGB §§ 242, 611, 612a
Verfahrensgang
ArbG Siegen (Urteil vom 30.09.2004; Aktenzeichen 3 Ca 399/04) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Siegen vom 30.09.2004 – 3 Ca 399/04 –abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als Gratifikation für das Jahr 2003 928,13 EUR brutto zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 01.02.2004.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Tatbestand
Mit seiner Klage nimmt der Kläger, welcher aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrages (Bl. 28 d.A.) seit dem Jahre 1999 als Arbeiter im Betrieb der Beklagten gegen ein monatliches Bruttoentgelt von 1.867,50 EUR brutto beschäftigt war, die Beklagte auf Zahlung einer Weihnachtsgratifikation für das Jahr 2003 in Höhe von 55% eines Monatsverdienstes in Anspruch.
Diesen Anspruch stützt der Kläger zum einen auf die in § 10 des Arbeitsvertrages getroffene Regelung, welche neben der Festlegung des Monatslohns folgende Regelung enthält:
„…
Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld werden gesondert vergütet.
…”
Weiter verweist der Kläger auf die Grundsätze der Betriebsübung und macht insoweit geltend, erst seit dem Jahre 2001 habe die Beklagte durch Aushang zum Ausdruck gebracht, es handele sich bei der Weihnachtsgratifikation um eine freiwillige soziale Leistung ohne Rechtsanspruch für die Zukunft. Demgegenüber hat die Beklagte unter Beweisantritt vorgetragen, bereits seit dem Jahre 1997 habe sie einen entsprechenden Vorbehalt bekannt gemacht.
Schließlich macht der Kläger einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und das Maßregelungsverbot des § 612 a BGB geltend. Insoweit ist unstreitig, dass die Beklagte im Jahre 2003 die Beschäftigten aufgefordert hatte, einer Änderung des Arbeitsvertrages zuzustimmen, nach welcher die Arbeitszeit ab dem 01.01.2004 von bislang 36 Stunden auf 40 Stunden ohne Lohnausgleich erhöht werden sollte. Während sich ca. 90% der Beschäftigten hiermit einverstanden erklärten, lehnte u.a. der Kläger eine entsprechende Vertragsänderung ab. In diesem Zusammenhang vereinbarte die Beklagte mit dem Betriebsrat gemäß Hausmitteilung vom 11.12.2003 (Bl. 37 d.A.), dass für das Jahr 2003 nur diejenigen Mitarbeiter eine freiwillige Weihnachtsgratifikation erhalten sollten, welche der Arbeitszeitverlängerung zum 01.01.2004 zugestimmt hatten. Dies hält der Kläger für unzulässig.
Der Kläger hat im ersten Rechtszuge beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 928,13 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5% Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 01.02.2004 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, weder aus dem schriftlichen Arbeitsvertrag noch nach den Regeln der Betriebsübung stehe dem Kläger der verfolgte Anspruch zu. Soweit der Kläger einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und das Maßregelungsverbot des § 612 a BGB vortrage, werde verkannt, dass die Beklagte aus billigenswerten und einleuchtenden Gründen allein denjenigen Arbeitnehmern eine Weihnachtsgratifikation gezahlt habe, welche sich mit einer Verlängerung der Arbeitszeit um vier Stunden pro Woche ohne Lohnausgleich einverstanden erklärt hätten. Hieraus ergebe sich zum einen eine erhöhte Leistungsbereitschaft der betreffenden Arbeitnehmer. Zum anderen werde mit der Gewährung der Weihnachtgratifikation an den betreffenden Personenkreis ein gewisser Ausgleich für diejenigen Nachteile erbracht, welche mit der Verlängerung ihrer Arbeitszeit und dem Verzicht auf Überstundenvergütung verbunden seien. Von einer Maßregelungsabsicht des Arbeitgebers könne unter diesen Umständen nicht ausgegangen werden.
Durch Urteil vom 30.09.2004 (Bl. 49 ff. d.A.), auf welches wegen des weiteren erstinstanzlichen Parteivorbringens Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt worden, die im Arbeitsvertrag enthaltene Formulierung könne nicht als Grundlage eines eigenständigen Rechtsanspruchs aufgefasst werden, da Angaben zur Leistungshöhe fehlten. Auf die Grundsätze der Betriebsübung könne der Kläger seinen Anspruch nicht stützen, da er unstreitig das Weihnachtsgeld nicht dreimal vorbehaltlos erhalten habe. Ebenso wenig liege schließlich ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und das Maßregelungsverbot vor. Mit der Gewährung der Weihnachtsgratifikation gehe es der Beklagten nicht um eine Sanktionierung mangelnden Wohlverhaltens, sondern darum, die Leistungsbereitschaft und Betriebstreue der begünstigten Beschäftigten zu honorieren, wobei für das Jahr 2003 Betriebstreue nicht allein im Sinne der langdauernden Betriebszugehörigkeit, sondern auch im Sinne von Einsatzwillen und Bereitschaft zur Rücksichtnahme auf die wirtschaftliche Lage des Unternehm...