Die Revision gegen das Urteil wird zugelassen.
Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachtarbeit. Angemessener Ausgleich in Zeit oder Geld
Leitsatz (amtlich)
Soweit der Arbeitgeber gemäß § 6 Abs. 5 ArbZG als Ausgleich für geleistete Nachtarbeit nach seiner Wahl einen angemessenen Entgeltzuschlag oder eine angemessene Anzahl freier Tage zu gewähren hat, ist der angemessene Umfang der zu gewährenden Freizeit nach denselben Maßstäben zu bestimmen, wie sie nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 05.09.2002 –9 AZR 202/01; Urteil vom 27.05.2003 –9 AZR 180/00) für die Bemessung des Entgeltzuschlages maßgeblich sind (30% bei Dauernachtschicht, 25% bei Wechselschicht).
Normenkette
ArbZG § 6 Abs. 5
Verfahrensgang
ArbG Paderborn (Urteil vom 07.07.2001; Aktenzeichen 1 (3) Ca 1724/99) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 07.07.2001 – 1 (3) Ca 1724/99 –wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Urteils-tenor nach Neufassung des Klageantrags wie folgt lautet:
Der Beklagte wird verurteilt, nach ihrer Wahl dem Kläger als Ausgleich für die geleistete Nachtarbeit aus dem Zeitraum 1997 – 1999 14.126,30 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 4% vom verbleibenden Nettobetrag für die Zeit vom 10.01.2000 bis 30.04.2000 sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins auf den Bruttobetrag seit 01.05.2000 zu zahlen oder 122,6 freie Arbeitstage zu gewähren
Die Kosten des ersten Rechtszuges trägt der Kläger allein, von den Kosten des zweiten Rechtszuges trägt der Kläger 3/4, die Beklagte 1/4.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Gewährung von Ausgleichsleistungen gem. § 6 Abs. 5 ArbZG für geleistete Nachtarbeit und insbesondere um die Frage, wie die „angemessene Zahl bezahlter freier Tage” im Sinne des Gesetzes zu bestimmen ist. Der Kläger ist seit dem Jahre 1994 bei der Beklagten, einem Unternehmen der Obst- und Gemüseverarbeitenden Industrie, als Schichtleiter beschäftigt. Sein Bruttoverdienst belief sich im maßgeblichen Zeitraum auf 5.000, 00 DM brutto/Monat.
Bei der Beklagten wird im Mehrschichtsystem mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 45 Stunden gearbeitet. Einen Ausgleich für Nachtarbeit gem. § 6 Abs. 5 ArbZG hat der Kläger bislang nicht erhalten. Mit seiner im Dezember 1999 erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Beklagte schulde für die Jahre 1996 bis 1999 die Zahlung eines angemessenen Nachtschichtzuschlages, welcher sich in Anlehnung an tarifliche Vorschriften auf 50% belaufe, ferner sei für Schichtarbeit ein Zuschlag in Höhe von 25% zu zahlen. Auf dieser Grundlage hat der Kläger im ersten Rechtszuge eine Forderung von 70.886,32 DM brutto geltend gemacht.
Durch Urteil des Arbeitsgerichts vom 05.07.2000 (Bl. 49 ff. d.A.) hat das Arbeitsgericht – unter Abweisung des Klagebegehrens für das Jahr 1996 aus Gründen der Verjährung – die Beklagte zur Zahlung von 62.073,82 DM brutto verurteilt.
Mit ihrer rechtzeitig eingelegten und begründeten Berufung macht die Beklagte im Wesentlichen geltend, zum einen ergebe sich aus der Vorschrift des § 6 Abs. 5 ArbZG ein Wahlrecht des Arbeitgebers, einen Ausgleich in Zeit oder Geld zu leisten. Darüber hinaus habe das Arbeitsgericht auch die Höhe der Forderung unzutreffend bestimmt.
Insoweit ist im zweiten Rechtszug unstreitig geworden, dass der Kläger im Zeitraum 1997 bis 1999 679 Nachtschichten á 6,5 Stunden geleistet hat. Nach Auffassung der Beklagten könne der Kläger hierfür – nach ihrer Wahl – entweder einen Ausgleich in Geld, und zwar mit einem Zuschlag von 25% verlangen; sofern ein Ausgleich durch freie Tage erfolge, werde je ein bezahlter freier Tag für 90 geleistete Nachtarbeitsstunden als angemessen erachtet. Eine vollständige Gleichstellung des Ausgleichs in Geld oder Zeit mit 25%, wie ihn der Kläger zuletzt verlange, sei demgegenüber gesetzlich nicht vorgeschrieben.
Demgegenüber hat der Kläger den Standpunkt vertreten, wenn schon dem Arbeitgeber die Entscheidung freistehe, einen Ausgleich wahlweise in Geld oder Zeit zu gewähren, müsse auch der Zeitausgleich auf der Basis eines Prozentsatzes von 25% erfolgen.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht vom 14.06.2004 hat der Kläger seinen Klageantrag mit Zustimmung der Beklagten wie folgt geändert:
Die Beklagte zu verurteilen, nach ihrer Wahl dem Kläger als Freizeitausgleich für die geleistete Nachtarbeit 14.126,30 EUR brutto nebst Zinsen wie beantragt zu zahlen oder 122,6 freie Arbeitstage zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten ist – soweit sie den Klageantrag in der zuletzt maßgeblichen Fassung betrifft -unbegründet, wobei aus Gründen der Klarstellung der Urteilstenor insgesamt neu zu fassen war.
I
Der im zweiten Rechtszuge mit Zustimmung der Beklagten neugefasste Klageantrag ist zulässig und begründet.
1. Rechtsgrun...