Entscheidungsstichwort (Thema)
Außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnis bei Androhung der Krankschreibung im Falle der Ablehnung eines beantragten Urlaubs
Leitsatz (amtlich)
Bereits die Ankündigung einer zukünftigen, im Zeitpunkt der Ankündigung nicht bestehenden Erkrankung durch den Arbeitnehmer für den Fall, dass der Arbeitgeber einem unberechtigten Verlangen auf Gewährung von Urlaub nicht entsprechen sollte, ist ohne Rücksicht auf eine später tatsächlich auftretende Krankheit an sich geeignet, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung abzugeben (wie BAG 12. März 2009 - 2 AZR 251/07 - NZA 2009, 779; BAG 17. Juni 2003 - 2 AZR 123/02 - AP Nr. 13 zu § 543 ZPO 1977 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 4). Die Pflichtwidrigkeit der Ankündigung einer Krankschreibung bei objektiv nicht bestehender Erkrankung im Zeitpunkt der Ankündigung liegt in erster Linie darin, dass der Arbeitnehmer mit einer solchen Erklärung zum Ausdruck bringt, er sei notfalls bereit, seine Rechte aus dem Entgeltfortzahlungsrecht zu missbrauchen, um sich einen unberechtigten Vorteil zu verschaffen.
Normenkette
BGB § 626 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Dortmund (Aktenzeichen 7 Ca 2967/14) |
Tenor
- Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund, Az. 7 Ca 2967/14, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch eine fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten vom 14.07.2014.
Der am 19.09.1980 geborene, verheiratete und zwei Kindern gegenüber unterhaltsverpflichtete Kläger ist seit dem 11.09.2010 bei der Beklagten, die ca. 130 Arbeitnehmer beschäftigt, zu einem Stundenlohn in Höhe von 14,24 € bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 39 Stunden als Produktionshelfer beschäftigt.
Am 30.06.2014 war der Kläger zu der um 14.00 Uhr beginnenden Spätschicht eingeteilt. Am Morgen des 30.06.2014 um 10.20 Uhr schickte er seinem direkten Vorgesetzten, dem Zeugen y2, eine WhatsApp - Nachricht mit der Mitteilung, dass er an diesem Tag kurzfristig Urlaub benötige. Kurz darauf kam es zu einem Telefonat zwischen dem Kläger und dem Zeugen y2, dessen Inhalt zwischen den Parteien streitig ist. Der Zeuge y2, dessen Schicht an diesem Tag ebenfalls um 14.00 Uhr begann, war zu diesem Zeitpunkt noch zu Hause. Er verwies deshalb den Kläger darauf, unmittelbar bei der Beklagten anzurufen oder dort hinzufahren, um abzuklären, ob dem Kläger so kurzfristig für diesen Tag Urlaub bewilligt werden könne, was der Kläger jedoch nicht tat. Gegen 13.50 Uhr kam es zu einem weiteren Telefonat zwischen dem Kläger und dem Zeugen y2, an dessen Ende der Kläger erklärte: "Dann gehe ich jetzt zum Arzt." Der weitere Inhalt auch dieses Gesprächs ist zwischen den Parteien streitig. Um 14.20 Uhr rief der Kläger den Zeugen y2 nochmals an und teilte ihm mit, dass er arbeitsunfähig sei. Der Zeuge y2 fertigte daraufhin einen Vermerk und meldete den gesamten Vorfall einschließlich des Inhalts der geführten Telefonate seinem Vorgesetzten.
Am 01.07.2014 übersandte der Kläger der Beklagten eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den Zeitraum vom 30.06. bis zum 02.07.2014 (Bl. 19 d.A.), ausgestellt am 01.07.2014 von dem Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. y.
Am Vormittag des 02.07.2014 schickte der Kläger an den Zeugen y2 in türkischer Sprache zwei SMS, die sinngemäß lauteten: "Du hast über mich geredet, aber nur gelogen" und "Werde mit dir reden." Ferner kam es am 02.07.2014 zu einem weiteren Gespräch zwischen dem Kläger und dem Zeugen y2, dessen Inhalt ebenfalls zwischen den Parteien streitig ist.
Aufgrund dieser Vorfälle hörte die Beklagte den Betriebsrat mit Schreiben vom 04.07.2014 (Bl. 21 ff. d.A.) zu einer beabsichtigten fristlosen Kündigung und mit Schreiben vom gleichen Tag (Bl. 25 ff. d.A.) auch zu einer fristgemäßen Kündigung an. Nachdem der Betriebsrat bis zum 14.07.2014 keine Stellungnahme abgegeben hatte, kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 14.07.2014 (Bl. 8 d.A.) das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise ordentlich zum 31.08.2014.
Der Kläger hat erstinstanzlich behauptet, dass er bereits in dem Telefonat mit dem Zeugen y2 am Morgen des 30.06.2014 darauf hingewiesen habe, dass er sich gesundheitlich schlecht fühle, sich aber nicht krank melden, sondern Urlaub nehmen wolle. Da er sich im Laufe des Vormittags immer schlechter gefühlt habe, habe er gegenüber dem Zeugen y2 in dem Telefonat um 13.50 Uhr dann erklärt, dass er sich ab sofort krankmelde. Von Urlaub sei in diesem Telefonat nicht mehr die Rede gewesen. Einen Termin bei seinem Hausarzt habe er am 30.06.2014 nicht erhalten können, da dessen Praxis am Nachmittag des 30.06.2014 geschlossen war aufgrund der vorzunehmenden Quartalsabrechnungen. Der Kläger habe deshalb erst am Morgen des 01.07.2014 seinen Arzt, den Zeugen Dr. y, aufgesucht, der die Arbeitsunfähigkeit ab dem 30.06.2014 festgestellt habe.
Zu keinem Zeitpunkt habe der Kläger den Zeugen y2 bedroht. Die SMS- Mitteilungen b...