Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermittlung des pfändbaren Nettoeinkommens. Angaben des Schuldners. Zustellung eines Beschlusses des Vollstreckungsgerichts bzgl. Kontopfändung an den Drittschuldner
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Ermittlung des pfändungsfreien Betrages im Rahmen der Pfändung von Arbeitseinkommen auf Grund eines Blankettbeschlusses ist grundsätzliche Sache des Arbeitgebers. Den Arbeitnehmer trifft insoweit lediglich eine Mitwirkungsobliegenheit.
2. Verletzt er diese und weist er dem Arbeitgeber die Zahl der unterhaltsberechtigten Personen nicht oder verspätet nach, so wird der Arbeitgeber durch Zahlung des als pfändbar ermittelten Betrages an den Gläubiger jedenfalls dann frei, wenn das Vollstreckungsgericht diesen bestätigt hatte.
Normenkette
BGB § 362 Abs. 2; ZPO § 850 c Abs. 4, § 850c Abs. 3 S. 2, § 850 f
Verfahrensgang
ArbG Dortmund (Entscheidung vom 08.02.2012; Aktenzeichen 8 Ca 1518/11) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 08.02.2012 - 8 Ca 1518/11 - abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Erfüllung der Vergütungsansprüche des Klägers in der Zeit von Februar 2011 bis einschließlich Mai 2011 in Höhe von insgesamt 1.973,60 Euro netto.
Der Kläger ist bei der Beklagten als Kurier-Fahrer seit dem 12.04.2010 beschäftigt.
Unter dem 03.01.2011 erließ das Amtsgericht Bochum in dem Zwangsvollstreckungsverfahren 49 M 3964/10 auf Antrag der Streitverkündeten H1 Versicherungs AG wegen ihr gegen den Kläger zustehenden Ansprüche in Höhe von seinerzeit 1.541,62 Euro einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, durch den die Streitverkündete auch das Arbeitseinkommen des Klägers pfändete. Wegen Einzelheiten dieses Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, der keine Angaben zur Höhe des pfändbaren Arbeitseinkommens enthält, und der der Beklagten am 11.11.2011 zugestellt wurde, wird auf Blatt 135 bis 143 der Gerichtsakte Bezug genommen.
Auf der Grundlage eines weiteren Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 21.01.2011 betrieb die Streitverkündete gegen den Kläger die Zwangsvollstreckung durch Pfändung des Kontoguthabens. Mit Beschluss vom 28.01.2011 hob das Amtsgericht Bochum die Pfändung der Forderung des Klägers auf Auszahlung seines Kontoguthabens "bei der o.g. Drittschuldnerin, das vom Arbeitgeber des Schuldners monatlich auf das gepfändete Konto überwiesen wird auf und führte zur Begründung folgendes aus:
Dieser Betrag entspricht dem monatlichen auf das Konto eingehenden unpfändbaren Arbeitseinkommen, da das Arbeitseinkommen des Schuldners, ebenfalls durch den vorbezeichneten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gepfändet ist.
Diese Entscheidung gilt nur so lange das Konto nicht als Pfändungsschutzkonto im Sinne des § 850 k ZPO (B-Konto) geführt wird und im Übrigen bis zum 31.12.2011.
...
Mit dem vorbezeichneten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ist das Konto des Schuldners bei dem angegebenen Drittschuldner gepfändet worden. Der Schuldner hat durch Vorlage von Gehaltsbescheinigung und Kontoauszug nachgewiesen, dass der unpfändbare Teil seines Arbeitseinkommens laufend auf das gepfändete Konto überwiesen wird.
Die Pfändung war daher gemäß § 850 l Abs. 1 ZPO insoweit aufzuheben, als es sich um die gemäß §§ 850 ff. ZPO unpfändbaren Teil des Arbeitseinkommens handelt.
Mit weiteren Beschluss vom 01.02.2011 (Bl. 8, 9 d. A.) ergänzte das Amtsgericht Beschluss vom 28.01.2011 dahingehend, dass "der pfandfreie Betrag zurzeit monatlich 989,99 Euro" betrage. Zur Begründung führt das Amtsgericht Bochum aus, der Schuldner habe weitere Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Gericht nicht nachgewiesen, so dass er momentan lediglich als Alleinstehender berücksichtigt werden könne. Diese Beschlüsse wurden u.a. der Beklagten zugestellt, die darin unter Ziffer 3) als Drittschuldnerin bezeichnet wurde.
Ausgehend von den Beschlüssen des Amtsgerichts Bochum vom 28.01.2011 und 01.02.2011 zahlte die Beklagte an den Kläger in den Monaten Februar bis einschließlich Mai 2011 lediglich einen Nettobetrag in Höhe von 989,99 Euro aus. Die darüber hinausgehenden Nettobeträge in Höhe der Klageforderung zahlte die Beklagte an die Streitverkündete aus.
Bereits mit Schreiben vom 03.03.2011 forderte der Kläger die Beklagte zur Auszahlung des restlichen Nettobetrages für Februar 2011 auf, was die Beklagte mit Schreiben vom 15.03.2011, das unter Bezugnahme auf die Beschlüsse des Amtsgerichts Bochum ablehnte.
Mit der am 08.04.2011 beim Gericht eingegangenen Klage sowie der Klageerweiterung vom 13.05.2011 und 17.06.2011 verlangt der Kläger die Auszahlung der restlichen Nettobeträge. Im Verlaufe des erstinstanzlichen Verfahrens überreichte der Kläger mit Schriftsatz vom 13.10.2011 die Eheurkunde vom 02.12.2010 (Bl. 101 d. Akte) und mit Schriftsatz vom 23.11.2011 drei Geburtsurkunden des Standesamtes B1 vom 01.10.2011, 20.10.2011 und 27.10.2011, aus denen hervorgeht, dass er Vater...