Entscheidungsstichwort (Thema)

Führen von Privattelefonaten im Dienst ohne entsprechende Kennziffer. Abmahnungserfordernis. außerordentliche Kündigung

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine außerordentliche Kündigung ist nicht ohne Abmahnung möglich, wenn der Arbeitnehmer weisungswidrig die Kennzeichnung von Privattelefonaten durch Vorwahl einer Kennziffer unterlassen hat in einem Umfang von 22 Minuten monatlich und bei monatlichen Kosten von 2,38 Euro.

 

Normenkette

BGB §§ 626, 314

 

Verfahrensgang

ArbG Bochum (Urteil vom 04.07.2006; Aktenzeichen 2 Ca 762/06)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 04.07.2006 – 2 Ca 762/06 – wird zurückgewiesen.

Die erstinstanzlichen Kosten trägt der Kläger zu 37 %, die Beklagte zu 63 %.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis durch Kündigung der Beklagten beendet ist.

Der am 01.02.13xx geborene, geschiedene Kläger steht seit dem 16.09.1987 in den Diensten der Beklagten. Wegen seines Werdeganges im Einzelnen wird auf das Schreiben der Beklagten an den Personalrat vom 09.03.2006 (Bl. 18 d.A.) Bezug genommen.

Er war zuletzt Zuarbeiter im Zentralen Dienst der Geschäftsstelle G1xxxxxxxxxxx-M2xxx und bezog nach der Entgeltgruppe 6 ein monatliches Bruttogehalt von 2.220.88 EUR.

Am 06.12.2005 führte der Personaldezernent D2. S3xxxxx mit dem Kläger ein Kritikgespräch, in dem diesem u.a. nahegelegt wurde, psychologische Hilfe zur Behandlung von zwanghaften Verhaltensweisen bei seiner Aufgabenerledigung in Anspruch zu nehmen. Wegen der Einzelheiten des Gespräches wird auf die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 03.05.2006 vorgelegte Kopie (Bl. 23 bis 25 d.A.) Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 16.12.2005 erteilte die Beklagte dem Kläger eine Abmahnung (Bl. 21 d.A.) mit der Begründung, er habe sich am 06.12.2005 einer Weisung seiner Vorgesetzten W4xxxxxxx widersetzt.

Am frühen Nachmittag des 23. oder 24.01.2006 führte der Kläger in den Räumen der Geschäftsstelle G1xxxxxxxxxxx-M2xxx ein Gespräch mit dem Immobilienmakler D2. M1xx, da er beabsichtigte, am 30.01.2006 eine Immobilie in einer Zwangsversteigerung zu erwerben. Der Kläger behauptet, das Gespräch habe 15 Minuten in Anspruch genommen. Die Beklagte trägt vor, es habe zwischen 30 bis 40 Minuten gedauert.

Am Nachmittag desselben Tages kritisierte die Vorgesetzte W4xxxxxxx das Verhalten des Klägers und forderte ihn auf, die für private Belange eingesetzte Arbeitszeit nachzuarbeiten. Der Kläger kam dieser Aufforderung nach.

Auf Bitten der Leiterin der Geschäftsstelle G1xxxxxxxxxxx-M2xxx W4xxxxxxx fand am 06.03.2006 ein Gespräch u.a. mit dem Personaldezernenten D2. S3xxxxx statt. Die Vorgesetzte schilderte dem Personaldezernenten und der Personalsachbearbeiterin G2xxxxxx verschiedene Vorfälle zur Kennzeichnung der klägerischen Arbeitsleistung sowie seiner nach wie vor bestehenden Zwangshaltung und informierte sie über das private Gespräch des Klägers mit dem Immobilienmakler im Januar 2006. Sie fertigte am 06.03.2006 Aktenvermerke, wegen deren Einzelheiten auf die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 03.05.2006 vorgelegten Kopien (Bl. 26 bis 29 d.A.) Bezug genommen wird. Die Beklagte holte weiterhin Stellungnahmen der Mitarbeiterinnen L1xxxx, R1xxxxx und R2xxxxxx ein (Bl. 29 bis 31 d.A.).

D2. S3xxxxx veranlasste nach diesem Gespräch die Überprüfung der Telefonlisten des Klägers vom 06.10.2005 bis zum 06.03.2006. Nach einer Auflistung der Beklagten (Bl. 33, 34 d.A.) führte dieser in der Zeit 23 Privattelefonate über einen Gesamtzeitraum von einer Stunde, sechs Minuten und 46 Sekunden, die Gebühren in Höhe von 7,14 EUR auslösten. Bei der Beklagten besteht eine allgemeine Verwaltungsvorschrift über die Einrichtung und Benutzung dienstlicher Telekommunikationsanlagen für die Bundesverwaltung (Bl. 93, 94 d.A.). Danach dürfen dienstliche Telekommunikationsanlagen für private Telefonate, Telegramme und Telefaxe nur in dringenden Fällen benutzt werden. Die jeweiligen Leistungsentgelte der Telekom sind zu erstatten. Privatgespräche sind durch die Eingabe der Ziffer 8 vor der Wahl der Zielrufnummer zu kennzeichnen. Der Kläger hatte in den aufgelisteten Fällen diese Kennzeichnung unterlassen.

Am 08.03.2006 führte D2. S3xxxxx ein Gespräch mit dem Kläger, über das ein Gesprächsprotokoll (Bl. 35, 36 d.A.) erstellt wurde.

In einem weiteren Gespräch am selben Tag wurden ihm die nicht gekennzeichneten Privattelefonate entsprechend der Auflistung vorgehalten.

Die Beklagte suspendierte ihn mit sofortige Wirkung vom Dienst.

Mit Schreiben vom 09.03.2006 (Bl. 18 bis 20 d.A.) informierte sie den Personalrat von ihrer Absicht, das zu dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis fristlos kündigen zu wollen.

Auf das ihm am 10.03.2006 zugegangene Schreiben nahm der Personalrat am 14.03.2006 schriftlich Stellung (Bl. 38 d.A.) und äußerte Bedenken.

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben...

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