Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit der personen- bzw. verhaltensbedingten Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines leitenden Angestellten

 

Leitsatz (redaktionell)

Der vom Arbeitgeber geltend gemachte unwiederbringliche Verlust der Grundlage des Vertrauensgrundlage des Arbeitsverhältnisses bei dem Beirat und der Gesellschafterversammlung für sich genommen ist kein Grund in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers, der eine Kündigung sozial rechtfertigen könnte, sofern nicht nachvollzogen werden kann, ob ein vorwerfbares Fehlverhalten des Arbeitnehmers zu dem beklagten Vertrauensverlust beigetragen hat.

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 1-2

 

Verfahrensgang

ArbG Iserlohn (Entscheidung vom 26.11.2013; Aktenzeichen 2 Ca 541/13)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 26.11.2013 - 2 Ca 541/13 - wird zurückgewiesen. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn - 2 Ca 541/13 - teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst.

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 18.02.2013 nicht beendet worden ist.

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Verfahrens zu unveränderten Bedingungen als Mitglied der Geschäftsleitung (Technisches Ressort) weiter zu beschäftigen.

Der Auflösungsantrag der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung vom 18.02.2013 zum 31.03.2014, um den Anspruch des Klägers auf Beschäftigung während der Dauer des Kündigungsschutzrechtsstreits sowie über einen Auflösungsantrag der Beklagten.

Der 1961 geborene, geschiedene Kläger, der Vater dreier Kinder ist, ist auf Grund schriftlichen Arbeitsvertrages vom 24.08.2006 seit dem 01.04.2007 bei der Beklagten als Mitglied der Geschäftsleitung beschäftigt. Die Beklagte beschäftigt mehr als 2000 Arbeitnehmer; es besteht ein Betriebsrat. Der Arbeitsvertrag vom 24.08.2006 enthält unter anderem folgende Regelungen:

1. Herr H tritt spätestens mit Wirkung vom 01.07.2007 als Mitglied der Geschäftsleitung in die Kommanditgesellschaft P G ein, er wird sich um einen früheren Eintrittstermin bemühen.

2. Das Verantwortungsgebiet von Herrn H umfaßt die Leitung der technischen Ressorts (Produktion, Qualitätswesen + Werkstoffe, Werksplanung + Instandhaltung) der Werke N und E, die er unter dem persönlich haftenden Gesellschafter wahrnimmt.

...

11. ...

Der Gesellschaft steht im Falle der Kündigung dieses Vertrages durch eine der vertragsschließenden Parteien das Recht zu, Herrn H für den Zeitraum vom Ausspruch der Kündigung bis zu ihrem Wirksamwerden unter Fortzahlung seiner Bezüge gemäß Ziffer 3a) und 3b) von jeglicher Arbeitsleistung freizustellen.

...

Wegen der weiteren Einzelheiten des Arbeitsvertrages wird auf Bl. 5-8 GA verwiesen. Die Beklagte berief den Kläger zum Gesamtprokuristen; der Kläger erhält ein erfolgsabhängig variables Entgelt; dieses betrug im Jahr 2012 € 780.000,00. Der Kläger ist im Rahmen seiner Tätigkeit als technische Leitung unmittelbar dem persönlich haftenden Gesellschafter der Beklagten Dr. N1 unterstellt und befindet sich betriebshierarisch auf der gleichen Ebene wie der kaufmännische Leiter I und der Vertriebsleiter Dr. N1. Wegen weiterer Einzelheiten der betrieblichen Organisation wird auf das vorgelegte Organigramm verwiesen (Bl. 33 GA). Die Beklagte entschloss sich zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Mit Schreiben vom 18.02.2013 kündigte sie das Arbeitsverhältnis der Parteien ordentlich, fristgemäß zum 31.03.2014 und stellte den Kläger zugleich von der Erbringung seiner Arbeitsleistung frei. Die Kündigung ging dem Kläger am 25.02.2013 zu. Wegen des Wortlauts des Kündigungsschreibens wird auf Bl. 9 GA verwiesen. Über die Kündigung war der Betriebsrat gemäß § 105 BetrVG informiert worden. Mit der am 25.02.2013 anhängig und am 01.03.2013 rechtshängig gewordenen Klage wendet sich der Kläger gegen die Kündigung und begehrt die Weiterbeschäftigung zu unveränderten Arbeitsbedingungen.

Der Kläger hat geltend gemacht, die Kündigung sei bereits deshalb unwirksam, weil der Betriebsrat vor ihrem Ausspruch nicht gemäß § 102 BetrVG angehört worden sei.

Dies sei erforderlich, da er entgegen dem Vorbringen der Beklagten kein leitender Angestellter im Sinne des BetrVG sei. Er sei kein leitender Angestellter im Sinne des § 5 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 BetrVG, da er nicht zur selbständigen Einstellung und Entlassung berechtigt gewesen sei. Er sei auch kein leitender Angestellter im Sinne des § 5 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 BetrVG, da er lediglich ein Titularprokurist gewesen sei. Des Weiteren sei er kein leitender Angestellter im Sinne des § 5 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 BetrVG, weil seine Stellung hierfür zu unbedeutend sei. Schließlich sei er auch kein Angestellter im Sinne des § 5 Abs. 4 BetrVG. Wegen der weiteren Einzelheiten des diesbezüglichen ...

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