Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung. Kündigung eines Arbeitnehmers
Leitsatz (amtlich)
1. Die Kündigungserklärung eines Arbeitnehmers ist nach denselben Grundsätzen wie eine Kündigungserklärung des Arbeitgebers auszulegen.
2. Wählt der Arbeitnehmer in seiner Kündigungserklärung einen der einzuhaltenden ordentlichen Kündigungsfrist nicht entsprechenden Kündigungstermin, der aber einem üblichen Termin für den Ablauf einer Kündigungsfrist entspricht, so ist seine Kündigungserklärung als Ausspruch einer fristwahrenden ordentlichen Kündigung zum nächst zulässigen Termin auszulegen.
Normenkette
BGB §§ 133, 157
Verfahrensgang
ArbG Paderborn (Urteil vom 18.01.2008; Aktenzeichen 2 Ca 1270/07) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 18. Januar 2008 (2 Ca 1270/07) wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Der Streitwert wird auf 2.555,98 Euro festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Ansprüche des Klägers auf Zahlung von Lohn und Urlaubsabgeltung sowie einen Anspruch der Beklagten auf Zahlung einer Vertragsstrafe.
Der Kläger war bei der Beklagten, einer Spedition, seit dem 4.Juli 2005 als Kraftfahrer zu einem Bruttomonatsentgelt von zuletzt 1.738,39 EUR bei einer Sechstagewoche und 26 Werktagen Urlaub pro Kalenderjahr beschäftigt. § 7 des Arbeitsvertrages (wegen dessen Einzelheiten vgl. Kopie Bl. 43 ff d.A.) lautet wie folgt:
Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, die gesetzlichen Kündigungsfristen einzuhalten. Für den Fall der Verletzung der gesetzlichen Kündigungsfrist wird eine Vertragsstrafe vereinbart. Die Höhe der Vertragsstrafe entspricht dem Lohnanspruch bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist, höchstens jedoch in Höhe eines Bruttomonatslohnes.
Mit einem an die Beklagte adressierten Schreiben vom 13. Juni 2007 kündigte der Kläger das Arbeitsverhältnis wie folgt:
„Kündigung
Sehr geehrter Herr V1,
ich möchte meinen mit Ihnen geschlossenen Arbeitsvertrag zum 30.06.2007 kündigen.
Bitte teilen Sie mir noch mit, wie viel Urlaubstage ich von 2006 und 2007 noch habe, da mir Frau K4 dieses nicht sagen konnte.”
Im laufenden Kalenderjahr hatte der Kläger Urlaub vom 2. Januar bis 4. Januar 2007, 5. Februar bis 6. Februar 2007 sowie am 18. Mai 2007 erhalten. Weiterer Urlaub wurde ihm vom 25. Juni bis 29. Juni 2007 gewährt. Die Beklagte meldete den Kläger zum 30. Juni 2007 bei der Sozialversicherung ab. Für den Monat Juni 2007 erteilte sie eine Abrechnung (Bl. 2 d.A.), die unter Abzug eines im Januar 2007 gewährten Vorschusses von 100,– EUR einen Auszahlungsbetrag von 1.073,24 EUR netto ausweist. Diesen Betrag zahlte sie nicht aus.
Mit seiner Klage hat der Kläger die Zahlung der abgerechneten Nettovergütung für den Monat Juni 2007 sowie die Zahlung von Vergütung für die ersten Julihälfte 2007 und die Zahlung einer Urlaubsabgeltung für 8 offene Urlaubstage verlangt. Er hat die Auffassung vertreten, erst zum 15. Juli 2007 gekündigt zu haben. Dies habe er mit seinem Faxschreiben vom 15. Juni 2007 nach einem Gespräch mit dem Geschäftsführer der Beklagten auch klargestellt. Eine Vertragsstrafe habe er deswegen nicht verwirkt. Zudem stehe ihm der volle Jahresurlaubsanspruch noch zu.
Der Kläger hat beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.173,24 EUR netto für die Zeit vom 1. Januar 2007 – 30. Juni 2007 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 3. August 2007 zu zahlen,
- die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.415,88 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. August 2007 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Im Wege der Widerklage hat sie beantragt,
den Kläger und Widerbeklagten zur Zahlung von 869,19 EUR netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit 5. November 2007 an die Beklagte und Widerklägerin zu verurteilen.
Der Kläger hat beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Kündigung des Klägers bereits zum 30.Juni 2007 geendet habe. Ein Fax vom 15. Juni 2007 sei nicht bei der Beklagten eingegangen. Dementsprechend stehe ein Urlaubsabgeltungsanspruch dem Kläger nicht mehr zu und die Vertragsstrafe sei wegen der Nichteinhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist verwirkt.
Von einer weiteren Darstellung des Vorbringens der Parteien in erster Instanz wird nach § 69 Abs. 2 ArbGG unter Bezugnahme auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils abgesehen.
Das Arbeitsgericht hat der Zahlungsklage des Klägers für den Monat Juni 2007 unter Berücksichtigung des von diesem nicht abgezogenen Vorschusses aus Januar 2007 in Höhe von 1.073,24 EUR netto sowie dem Anspruch auf Zahlung von Urlaubsabgeltung in Höhe von 613,55 EUR brutto stattgegeben, dagegen die Zahlungsklage des Klägers für den Monat Juli 2007 sowie die Widerklage abgewiesen. Wegen der Einzel...