Die Revision wird zugelassen

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung von Tarifverträgen, Verstoß von Tarifnormen gegen den allgemeinen Gleichheitssatz

 

Leitsatz (amtlich)

1. § 22 Abs. 2 Unterabs. 1 TV SR Deutsche Telekom gewährt Arbeitnehmern, die vor und nach dem Inkrafttreten dieses Tarifvertrages ohne Veränderung ihrer Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis zur Deutschen Telekom AG stehen, einen Anspruch auf Zahlung einer individuellen Funktionszulage allein nach dem Durchschnitt der im Referenzzeitraum tatsächlich individuell gezahlten Erschwerniszuschläge.

2. § 22 Abs. 2 Unterabs. 1 TV SR Deutsche Telekom ist nicht dahin auszulegen, dass den von dieser Bestimmung erfassten Arbeitnehmern eine individuelle Funktionszulage mindestens in Höhe der Funktionszulage nach § 44 ERTV Deutsche Telekom zu zahlen ist, die nach Inkrafttreten neu eingestellten oder zuvor bereits beschäftigten Mitarbeitern, deren Tätigkeit sich danach verändert hat, für Arbeitserschwernisse zu zahlen ist.

3. Dies gilt selbst dann, wenn die individuelle Funktionszulage nach § 22 Abs. 2 Unterabs. 1 TV SR Deutsche Telekom nur deswegen geringer ist als die Funktionszulage nach § 44 ERTV Deutsche Telekom ist, weil im Einzelfall während des Referenzzeitraums in erheblichem Umfang Zeiten liegen, in denen Erschwerniszuschläge nicht zu zahlen waren, weil der Arbeitnehmer arbeitsunfähig krank oder vom Arbeitgeber an eine Dienststelle abgeordnet war, wo keine zuschlagspflichtigen Tätigkeiten anfielen.

4. Insoweit liegt auch keine Regelungslücke in § 22 Abs. 2 Unterabs. 1 TV SR Deutsche Telekom vor.

5. § 22 Abs. 2 Unterabs. 1 TV SR Deutsche Telekom verstößt mit dieser Auslegung nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

 

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 1, Art. 9 Abs. 3; TVG § 1; ERTV Deutsche Telekom § 44; TVSR Deutsche Telekom § 22

 

Verfahrensgang

ArbG Rheine (Urteil vom 19.12.2002; Aktenzeichen 2 Ca 384/02)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 16.12.2004; Aktenzeichen 6 AZR 652/03)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Rheine vom 19. Dezember 2002 – 2 Ca 384/02 – wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.

Der Streitwert bleibt unverändert.

Die Revision wird zugelassen

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe einer an den Kläger zu zahlenden tariflichen Zulage.

Der Kläger ist seit dem 1. September 1972 für die Beklagte im Bereich der Montage von Telekommunikationseinrichtungen als Monteur tätig. Diese Tätigkeit übte er sowohl vor als auch ab dem 1. Juli 2001 unverändert aus. Bis zum 30. Juni 2001 galt für das Arbeitsverhältnis der Tarifvertrag für die Arbeiter der D5xxxxxxx T1xxxxx AG (TV Arb). In diesem Tarifvertrag waren in der Anlage 4 die Bestimmungen über die Gewährung von Erschwerniszuschlägen geregelt, die für bestimmte Arbeitserschwernisse gezahlt wurden. Darüber hinaus erhielten die Arbeiter der D5xxxxxxx T1xxxxx AG gemäß § 18 TV Arb eine Erstattung von Aufwandsentschädigungen bei auswärtiger Beschäftigung. Zugleich wurde ein Zuschlag für eine Tätigkeit im Außendienst gezahlt. Darüber hinaus gab es auch eine Aufwandsentschädigung für das Führen eines Kraftfahrzeuges. Erschwerniszuschläge und Aufwandsentschädigungen bzw. Zuschläge für Außendiensttätigkeiten wurden nur dann gezahlt, wenn die zuschlagsberechtigten Tätigkeiten auch tatsächlich ausgeübt wurden. Im Falle von Krankheit und Urlaub wurde anstelle der Erschwerniszuschläge ein Zeitlohnzuschlag gezahlt, dieser war ein individuell für jeden Arbeiter errechneter Durchschnittsbetrag für entgangene unregelmäßige Lohnbestandteile bei ganztägiger Freistellung von der Arbeit. Der Kläger erhielt bis zum 30. Juni 2001 Erschwerniszulagen, die in seinen Abrechnungen als Lohnart 447, 448 oder 449 abgerechnet wurden. Daneben erhielt er eine Außendienstzulage (Lohnart 459) sowie eine Zulage Linientechnik (Lohnart 468). Die Summe all dieser Zulagen betrug nach den von der Beklagten nicht weiter bestrittenen Angaben des Klägers regelmäßig 120,– EUR brutto monatlich.

Mit Wirkung vom 1. Juli 2001 wurde bei der Beklagten ein mit der Deutschen Postgewerkschaft vereinbartes neues Bewertungs- und Bezahlungssystem (NBBS) eingeführt. Mit Wirkung von diesem Tage traten der neue Manteltarifvertrag (MTV), Entgeltrahmentarifvertrag (ERTV), Entgelttarifvertrag (ETV) und der Tarifvertrag über Sonderregelung (TV SR) sowie ein Tarifvertrag zur pauschalen Aufwandsentschädigung in Kraft, gleichzeitig wurde der Tarifvertrag für die Arbeiter der Deutschen Telekom AG (TV ArbG) außer Kraft gesetzt. Die Neuregelungen gelten auch für das Arbeitsverhältnis der Parteien.

Die für Außendiensttätigkeiten gezahlten Entschädigungen von Zulagen werden nunmehr durch die Zahlung einer pauschalen Außendienstentschädigung nach dem TV Außendienst in Höhe von 7,50 EUR pro Kalendertag gezahlt, wenn die zeitlich dokumentierte notwendige Außendiensttätigkeit mindestens 4 Stunden pro Kalendertag beträgt (§ 4 Abs. 1 TV Außendienst). Anstelle der Erschwerniszulagen wird nunmehr seit 1. Juli 2001...

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