Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit einer teilweisen Lohnverzichtsvereinbarung
Leitsatz (redaktionell)
Eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, wonach der Arbeitnehmer sich verpflichtet, 40 Stunden in der Woche zu arbeiten, jedoch nur 35 Stunden vergütet werden sollen, stellt sich nicht von vorneherein als sittenwidrig dar, wird dies aber mit Ablauf eines bestimmten Zeitraums werden, nämlich dann, wenn sie ohne jegliche Gegenleistung über einen Zeitraum aufrechterhalten wird, für den ein solches Sanierungsbedürfnis nicht mehr anzuerkennen ist.
Normenkette
BGB § 138 Abs. 1, § 611
Verfahrensgang
ArbG Paderborn (Entscheidung vom 08.04.2011; Aktenzeichen 3 Ca 2273/10) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 08.04.2011 - 3 Ca 2273/10 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Vergütung von nicht bezahlten Arbeitszeiten.
Der am 21.08.1968 geborene Kläger ist seit dem 06.06.1989 als gewerblicher Mitarbeiter bei der Beklagten zu einem Stundenentgelt von zuletzt 12,28 € brutto beschäftigt.
Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit des Klägers betrug 40 Stunden in der Woche, wobei alle 40 Stunden bezahlt wurden.
Unter dem 27.03.2009 trafen eine Vielzahl von Arbeitnehmern mit der Beklagten, wie auch der Kläger, eine Vereinbarung folgenden Inhalts:
"...
Es wird hiermit ab dem 01.04.2009 folgendes vereinbart:
1. Der Stundenlohn erhöht sich um 3 %.
2. Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt 40 Stunden wöchentlich, von denen 35 Stunden wöchentlich vergütet werden. Für die Differenz zur bisherigen regelmäßigen Arbeitszeit von 35 Stunden wird keine gesonderte Vergütung gezahlt. Überstunden, die über 40 Stunden wöchentlich hinaus gehen, werden als solche weiterhin regulär vergütet. Die Verrechnung der Stunden wird Monatsweise durchgeführt, die angeordneten Mehrarbeitsstunden müssen in jedem Fall in dem aktuellen Monat erbracht werden.
3. Die Anordnung zur monatlichen Arbeitszeit erfolgt für den Folgemonat immer am Monatsende.
D1, den 27.03.2009
..."
Entsprechend der Vereinbarung vergütete die Beklagte in der Folgezeit ab April 2009 monatlich Arbeitszeiten in unterschiedlichem Umfang nicht.
Die Zahlung nicht vergüteter Arbeitsstunden begehrt der Kläger mit der unter dem 28.12.2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage für die Monate April 2009 bis November 2010 in rechnerisch unstreitiger Höhe von 3.482,60 € brutto.
Er hat die Auffassung vertreten, die Vereinbarung vom 27.03.2009 sei infolge Sittenwidrigkeit unwirksam.
Er hätte sofort seinen Arbeitsplatz verloren, wenn er sich gegen die Kürzung schon frühzeitig zur Wehr gesetzt hätte.
Dabei sei die Geschäftsleitung auf die Belegschaft zugegangen und habe dieser mitgeteilt, dass nur bei dem angestrebten Lohnverzicht eine Konkurrenzfähigkeit mit anderen Wettbewerbern gegeben sei. Der Belegschaft sei dabei, so hat der Kläger behauptet, angedeutet worden, dass im Falle der Verweigerung arbeitsrechtliche Konsequenzen gezogen würden und auch ein Personalabbau vorgenommen werde. Letztendes sei den Mitarbeitern suggeriert worden, dass nur der Lohnverzicht die Existenz der Firma garantieren werde.
Einen Zusammenhang zwischen der 3 %igen Lohnerhöhung und Verzicht auf die Bezahlung von Arbeitszeiten habe es dabei nicht gegeben, die angesprochene Lohnerhöhung sei bereits Wochen vorher vereinbart worden.
Zu berücksichtigen sei dabei seiner Meinung nach auch, dass die Beklagte die Belegschaft seinerzeit zwar massiv gedrückt habe, aber offensichtlich in der Lage gewesen sei, den Basketballverein P1-B1 als Trikotsponsor massiv zu unterstützen. Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.482,60 € zuzüglich 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, Einwände gegen die Wirksamkeit der in Rede stehenden Vereinbarung seien nicht gegeben.
Eine Sittenwidrigkeit sei nicht gegeben. Es fehle jeglicher substantiierter Vortrag dazu, dass durch eine solche Vereinbarung eine übliche Vergütung um mindestens ein Drittel unterschritten werde, was Voraussetzung für § 138 Abs. 2 BGB sei. Darüber hinaus fehle jeglicher Sachvortrag für das Bestehen eines auffälligen Missverhältnisses im Sinne des § 138 Abs. 2 BGB. Die Vergütung habe sich auch nach der Vereinbarung immer noch im üblichen Bereich befunden.
Unzutreffend sei, dass der Kläger bei Nichtunterzeichnung seinen Arbeitsplatz sofort verloren hätte. Im Zusammenhang mit der Vereinbarung habe sie auch, so hat sie ihrerseits behauptet, nicht angedeutet, es würden im Falle der Verweigerung arbeitsrechtliche Konsequenzen gezogen und ein Personalabbau vorgenommen. Ebenso wenig habe sie den Mitarbeitern suggeriert, nur ein Lohnverzicht garantiere die Existenz der Firma.
Im Übrigen unterstütze sie die die P1 B1 auch nicht mehr als Trik...