Die Revision wird zugelassen.
Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderungskündigung
Leitsatz (amtlich)
Eine ordentliche Änderungskündigung, bei der die neuen Arbeitsbedingungen sofort in Kraft treten sollen, ist sozial ungerechtfertigt.
Normenkette
KSchG § 2
Verfahrensgang
ArbG Bielefeld (Urteil vom 12.04.2005; Aktenzeichen 2 Ca 4197/04) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 12.04.2005 – 2 Ca 4197/04 – wird kostenfällig zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Änderungskündigung und die Zahlung einer Jahressondervergütung für 2004.
Die Beklagte bildet mit der Firma M1xxx M2xxxxxxxxxxxxx GmbH und B1. M1xxx Wasserkraft GmbH einen gemeinsamen Betrieb, in welchem 70 Mitarbeiter beschäftigt werden.
Bei der Beklagten werden Anlagen gefertigt, die für die Holz- und Müllzerkleinerung bestimmt sind. Sie geriet im Sommer 2004 in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Am 27.09.2004 wurde auf einer Betriebsversammlung die Belegschaft über die Lage informiert. Es ging in erster Linie darum, kurzfristig eine Kostenentlastung zu erreichen. Mit dem Betriebsrat wurde in der Betriebsvereinbarung vom 01.10.2004 ein Interessenausgleich vereinbart, der neben der Kündigung von zehn Mitarbeitern Gehaltsanpassungen und Umsetzungen für die verbleibende Belegschaft vorsah. Mit der Mehrheit der Belegschaft erreichte die Beklagte den Verzicht auf die Jahressonderzahlung und fünf Tage Jahresurlaub. Der Kläger und neun weitere Mitarbeiter lehnten einen Verzicht auf vertragliche Rechte ab. Daraufhin vereinbarte die Beklagte mit dem Betriebsrat unter dem 09.12.2004 eine Ergänzung des Interessenausgleichs, in welcher Änderungskündigungen aus dringenden betrieblichen Erfordernissen angekündigt wurden, welche den Entfall der Jahressondervergütungen in 2004 und den Folgejahren sowie die Reduzierung des Jahresurlaubs ab 2005 von 30 auf 25 Tage beinhalten sollten. Der Vereinbarung war eine Liste mit den Namen der betroffenen Mitarbeiter als Anhang beigefügt. Die Liste enthält auch den Namen des Klägers.
Der 45-jährige Kläger, verheiratet und Vater von zwei Kindern ist zu 40 % schwerbehindert und trat zum 01.11.1998 als Fräser in die Dienste der Beklagten. Sein Bruttomonatslohn beträgt 2.322,00 EUR. Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 13.08.2001 sieht unter 2.4 eine Jahressondervergütung in Höhe eines Bruttomonatsgehalts vor. Der Urlaubsanspruch wurde auf 30 Arbeitstage pro Kalenderjahr festgelegt.
Mit Schreiben vom 10.12.2004 sprach die Beklagte zum 28.02.2005 eine Änderungskündigung aus, zu der der Betriebsrat am 09.12.2004 angehört worden war und zugestimmt hatte. Die Änderungskündigung enthielt das Angebot, mit Wirkung ab dem 20.12.2004 auf der Grundlage eines neuen Arbeitsvertrages das Arbeitsverhältnis fortzusetzen. Der beigefügte neue Vertrag bezog sich auf die Betriebsvereinbarung vom 01.10.2004 und sollte seinem Wortlaut gemäß ab dem 01.10.2004 gelten. Der Jahresurlaub war nunmehr auf 25 Arbeitstage reduziert. Eine Jahressondervergütung war nicht vorgesehen. Mit Schreiben vom 23.12.2004 nahm der Kläger die Änderung der Arbeitsbedingungen unter Vorbehalt an und erhob am 27.12.2004 eine Änderungsschutzklage, welche um die Zahlung der zweiten Hälfte der Jahressondervergütung 2004 und um einen weiteren Betrag von 258,12 EUR, der für die Berufungsinstanz nicht mehr von Interesse ist, erweitert wurde.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass die ihm angesonnene Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt sei, weil es nicht angehe, dass die Beklagte ihr unternehmerisches Verlustrisiko auf ihre Arbeitnehmer abwälze. Die Beklagte habe keinen umfassenden Sanierungsplan vorgelegt, aus dem sich ergebe, dass die den Mitarbeitern angesonnenen Kürzungen das einzige und letzte Mittel gewesen sei, um eine Stilllegung oder Insolvenz des Betriebes zu verhindern. Auch sei der Betriebsrat zur anstehenden Kündigungen nur rudimentär angehört worden. Die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen seien ihm nicht umfassend mitgeteilt worden.
Da die Änderungskündigung unwirksam sei, habe er, der Kläger, nach wie vor Anspruch auf die ungekürzte Jahressondervergütung für 2004.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
- festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 10.12.2004, zugegangen am 10.12.2004 sozial ungerechtfertigt und unwirksam ist,
- die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.161,00 EUR zu zahlen nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 01.12.2004,
- die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 258,12 EUR brutto zu zahlen nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz von 80,04 EUR ab dem 01.11.2004, von 146,07 EUR ab dem 01.12.2004 und von 231,01 EUR ab dem 01.01.2005.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat geltend gemacht, dass die wirtschaftlichen Schwierigkeiten im Sommer 2004 zu bedrohlichen Fehlbeträgen geführt hätten. Die hierüber informierte Belegschaft sei weit überwiegend bereit gewesen, ihrerseits zu einer Entlas...