Die Revision wird nicht zugelassen

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsübergang. Betriebsbedingte Kündigung. Dringende betriebliche Erfordernisse. Interessenausgleich mit Namensliste. Vermutungswirkung. Darlegungs- und Beweislast. Insolvenz. Grob fehlerhafte Sozialauswahl

 

Leitsatz (amtlich)

Wird in der Insolvenz aufgrund einer einheitlichen Entscheidung ein Betriebsteil veräußert und der verbleibende Restbetrieb stillgelegt, sind die Arbeitnehmer des übergehenden Betriebsteils auch dann nicht in die Sozialauswahl gemäß § 1 Abs. 3 KSchG einzubeziehen, wenn der Betriebsteilübergang bei Ausspruch der Kündigungen noch nicht vollzogen ist, sondern erst unmittelbar bevorsteht.

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 2 S. 1, Abs. 3; InsO § 125 Abs. 1 Nrn. 1-2; BGB § 613a Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Iserlohn (Urteil vom 03.07.2003; Aktenzeichen 4 Ca 4666/02)

 

Tenor

führende Parallelsache Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 03.07.2003 – 4 Ca 4666/02 – abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um den Bestand des Arbeitsverhältnisses.

Der Kläger war seit dem 01.02.1991 bei der in M2xxxx ansässigen Firma h2x M1xxxxxxxx GmbH als Ofenaufleger in der Abteilung Glühe/Beize tätig. Über das Vermögen der genannten Firma wurde am 01.12.2002 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Dieser stellte den Kläger mit sofortiger Wirkung von seiner Arbeitsleistung frei.

Der Berieb der Insolvenzschuldnerin gliedert sich in die Geschäftsbereiche „S7xxxxxxx” und „Halbzeug”. Innerhalb des Produktionsbereichs „S7xxxxxxx” sind die Abteilungen „Hydroform” und „Wärmetechnik” zu unterscheiden. Im Produktbereich Hydroform werden an Rohren aus Stahl, Edelstahl, Messing und Kupfer komplexe Umformungen mit Hilfe von Wasser-Innenhochdruck vorgenommen. Es handelt sich um Hightech-Endprodukte, die ohne weitere Bearbeitung u.a. von der Fahrzeugindustrie bezogen und eingebaut werden können. Im Bereich „Wärmetechnik” werden Rohre mit gewalzten oder gedrallten Rippen (Rippenrohre) in verschiedenen Ausführungen gefertigt.

In dem Geschäftsbereich „Halbzeug” werden einfache Rohre gefertigt. Das dafür benötigte Rohmaterial wird entweder von den Kunden beigestellt und in sogenannten Metallkonten geführt oder auch angekauft und in den eigenen Bestand genommen. Der Betriebsbereich „Halbzeug” besteht aus der Gießerei, der Presse, KTS, Rohrzug, Glühe und Beize. In diesem Bereich waren etwa 330 Mitarbeiter tätig. In der Gießerei wurde das Rohmaterial eingeschmolzen. Die Rohre wurden entweder mit Hilfe von Rohrpressen gepresst oder gezogen. Bei den gefertigten Rohren handelt es sich um lowtech-Produkte, die von den Kunden weiterverarbeitet werden und daher als Halbzeug-Produkte bezeichnet werden. Beide Bereiche verfügen über eine unterschiedliche Maschinenausstattung und sind räumlich voneinander getrennt. Das Betriebsgelände der Insolvenzschuldnerin wird von einem Fluss durchzogen. Die Gebäude des Geschäftsbereichs Halbzeug sind auf der rechten Seite des Flusses angesiedelt mit Ausnahme der Gießerei, die sich auf der linken Seite des Flusses befindet. Die Gebäude des Geschäftsbereichs S7xxxxxxx liegen ausnahmslos auf der linken Flussseite. Auf die dazu eingereichte Flurkarte wird Bezug genommen (Anlage 1 zum Schriftsatz des Beklagten vom 09.02.2004, Bl. 150 d.A.). Der Geschäftsbereich „Halbzeug” wurde von dem Betriebsleiter P2xxxxxx und der Geschäftsbereich S7xxxxxxx von dem Betriebsleiter D2. G2xxxxx geleitet. Nach dem Organigramm der h2x – Stand Februar 2002 – gliedert sich das Unternehmen in die drei Geschäftsbereiche Halbzeug, Hydroform, Wärmetechnik. Daneben gab es die Zentralbereiche mit dem Personalwesen und der kaufmännischen Leitung. Für die Bereiche S7xxxxxxx und Halbzeug bestanden jeweils eigenständige Schicht- und Arbeitspläne.

Am 19.12.2002 schloss der Beklagte mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung über einen Interessenausgleich und Sozialplan. Darin heißt es, dass keine Möglichkeit bestehe, den Betrieb im Ganzen zu veräußern. Die Wettbewerbsfähigkeit des Betriebes sei bei den vorhandenen Strukturen nicht gegeben. Deshalb müsse der Bereich Halbzeug vollständig geschlossen werden. Aufzulösen sei auch der Overhead-Bereich. Einzig im Bereich der Betriebsabteilung S7xxxxxxx (Hydroform + Wärmetechnik) scheine eine begrenzte Auffanglösung möglich. Allerdings seien sofort umzusetzende strukturelle Maßnahmen unerlässlich, die den Abbau von Arbeitsplätzen erforderten, um das Weiterbestehen der Abteilung Solution zu sichern. Zur Vermeidung einer vollständigen Betriebsschließung sei eine Betriebsänderung notwendig, die darin bestehe, den Bereich Halbzeug mit 333 Arbeitnehmern zu schließen und den Betriebsteil S7xxxxxxx mit etwa 220 Arbeitsplätzen ab 01.01.2003 zu veräußern.

Der Beklagte kündigte am 20.12.2002 entsprechend der dem Interessenausgleich beigefügten Namensliste die Arbeitsverhältnisse sämtlicher Arbeitnehme...

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