Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch eines ehemaligen Arbeitnehmers auf Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die wirtschaftliche Lage des Versorgungsschuldners rechtfertigt die Ablehnung einer Betriebsrentenanpassung, soweit das Unternehmen dadurch übermäßig belastet und seine Wettbewerbsfähigkeit gefährdet würde.

2. Die Wettbewerbsfähigkeit wird beeinträchtigt, wenn keine angemessene Eigenkapitalverzinsung erwirtschaftet wird oder wenn das Unternehmen nicht mehr über genügend Eigenkapital verfügt.

3. Bei einer Gewerkschaft ist dies der Fall, wenn die Beitragseinnahmen und die Gesamtleistung stagnieren und das Ergebnis aus gewerkschaftlicher Tätigkeit nach einem Verlust in einem von drei Jahren in den beiden anderen Jahren nur in geringem Maße positiv ist. Dabei ist entscheidend, dass sich zum Jahresende jeweils eine erhebliche Vermögensminderung ergeben hat durch Verrechnungen in das Treuhandvermögen der Gewerkschaft.

 

Normenkette

BetrAVG § 16 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Bochum (Entscheidung vom 19.06.2013; Aktenzeichen 3 Ca 2021/12)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 19.06.2013, Az.: 3 Ca 2021/12, abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um eine Erhöhung der betrieblichen Altersversorgung der Klägerin.

Die Klägerin war seit dem 01.04.1966 bis zum Eintritt in den Ruhestand am 30.04.2006 Arbeitnehmerin der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin. Die beklagte Gewerkschaft ist zum Jahresende 2000 aus mehreren Gründungsgewerkschaften im Wege der Verschmelzung hervorgegangen. Die Klägerin bezieht seit dem 01.05.2006 eine Betriebsrente von der der Beklagten in einer Anfangshöhe von 934,45 € pro Monat. Mit Wirkung ab dem 01.07.2009 auf wurde die Betriebsrente auf 987,71 € monatlich erhöht.

Die Mitgliederzahlen der Beklagten sanken seit 2001 von 2.806.496 Mitgliedern auf 2.070.990 Mitglieder im Jahr 2011. In den drei Jahren von 2009 auf 2011 sank die Mitgliederzahl noch um insgesamt 67.210. Die Beitragseinnahmen der Beklagten sanken seit 2001 von 435.009.808,00 € auf 415.268,00,00 € im Jahr 2011. In den Jahren 2008, 2009 und 2011 erzielte die Beklagte jeweils ein leichtes Beitragsplus, im Jahr 2010 ein Minus von 0,26 %.

Mit Wirkung zum Ablauf des 28.02.2007 löste die Beklagte durch Gesamtbetriebsvereinbarung die für die Ausgangsgewerkschaft, aus welcher die Klägerin stammt, bestehende Versorgungsregelung "UR 88" durch eine neue Versorgungsordnung "GBV 2008" ab. Die Rechtmäßigkeit dieser Umstellung wurde in einem Rechtsstreit zwischen der Beklagten und einem ihrer Versorgungsempfänger, welcher wie die Klägerin zunächst eine Zusage der Gründungsgewerkschaft ÖTV erhalten hatte, durch das Bundesarbeitsgericht zwischenzeitlich bejaht (BAG 12. November 2013 - 3 AZR 501/12).

Mit Schreiben vom 27.06.2012 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass eine weitere Anpassung der Betriebsrente zum 01.07.2012 nicht erfolgen werde. Dieser Anpassungsentscheidung widersprach die Klägerin mit Schreiben vom 13.07.2012.

Die Klägerin hat vorgetragen, die Anpassungsentscheidung der Beklagten sei rechtswidrig. Hinreichende wirtschaftliche Gründe für ein Unterlassen der Anpassung der Betriebsrente an die Entwicklung des VPI lägen nicht vor.

Die Beklagte habe ein wirtschaftliches Defizit nicht hinreichend dargelegt. Die bloße Nennung einer Zahl ohne Darlegung, aus welchen Tatsachen sich diese errechne, sei nicht ausreichend. Zwar sei die Beklagte nicht verpflichtet, ihre Ausgaben zu rechtfertigen, jedoch müsse sie ihre Berechnungen nachvollziehbar darlegen.

Die Beklagte könne sich nicht auf die von ihr vorgelegten Mitgliederzahlen berufen. Maßgeblich seien nicht die von der Beklagten dargelegten Zahlen aller Mitglieder, sondern nur die der Vollbeitragszahler, denn die Vollbeitragszahler seien entscheidend für die Einnahmeentwicklung. Diese Mitgliederzahl wachse seit einigen Jahren wieder an. Zudem sei der von der Beklagten gewählte Zeitraum zu lang. Maßgeblich seien nicht die letzten 10 Jahre, sondern allenfalls die letzten 3 - 4 Jahre. In diesem Zeitraum sei eine positive Einnahmeentwicklung zu verzeichnen.

Es sei auch nicht ersichtlich, wie sich die Betriebsrentenbelastung bei der Beklagten in den nächsten Jahren entwickeln würde. Aufgrund der Ablösung des alten Betriebsrentensystems könne auf frühere Prognosen nicht zurückgegriffen werden. Andere Prognosen seien nicht nachvollziehbar dargestellt, insbesondere sei nicht ersichtlich, wie lange eine etwaige Doppelbelastung anhalten würde und auf welche Tatsachengrundlagen die Beklagte ihre Prognose stützen wolle.

Der Personalabbau in den letzten Jahren sei nicht auf die wirtschaftliche Lage, sondern auf Synergieeffekte des Zusammenschlusses mehrerer Gewerkschaften zurückzuführen. Es handele sich allenfalls um Maßnahmen im Rahmen der üblichen Mitarbeiterfluktuation. Dies erge...

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