Entscheidungsstichwort (Thema)

Umfang des Direktionsrechts des Arbeitgebers hinsichtlich der Gewährung von Freizeitausgleich zum Abbau von Plusstunden

 

Leitsatz (amtlich)

Die Gewährung von Freizeitausgleich zum Abbau von "Plusstunden" auf das Arbeitszeitkonto erfolgt im Wege des arbeitgeberseitigen Weisungsrechts in den Grenzen der Billigkeit gem. § 106 Satz 1 GewO, ohne besondere Abreden ist die Zustimmung des Arbeitnehmers nicht erforderlich.

 

Normenkette

GewO § 106

 

Verfahrensgang

ArbG Bielefeld (Entscheidung vom 24.08.2016; Aktenzeichen 3 Ca 993/15)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 24.08.2016 - 3 Ca 993/15 - wird als unzulässig verworfen, soweit die Klägerin sich dagegen wendet, dass das klageabweisende Versäumnisurteil vom 16.12.2015

hinsichtlich des Anspruchs auf Gutschrift von 4,7 Stunden in Mai und Juli 2013 wegen fehlerhafter Berechnung von Krankheitszeiten und

hinsichtlich des Anspruchs auf Zahlung einer Schichtzulage in Höhe von 35,06 €

aufrechterhalten wurde.

Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin gegen das o. g. Urteil zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Wesentlichen um Ansprüche der Klägerin auf Gutschrift von Zeitstunden auf dem Arbeitszeitkonto und um Ansprüche der Klägerin auf Zahlung eines Zuschusses zum Krankengeld.

Die Klägerin ist seit August 2001 bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerin als Mitarbeiterin in der Altenpflege tätig. Die Parteien vereinbarten eine wöchentliche Arbeitszeit von 23,3 Stunden. Die Klägerin erhält eine Vergütung in Höhe von ca. 1.600,-- Euro brutto monatlich. Das Arbeitsverhältnis wird seit mehreren Jahren nach Maßgabe der Regelungen des BAT-KF durchgeführt und abgerechnet.

Die Arbeitszeiten der Klägerin werden von der Beklagten dienstplanmäßig festgelegt. Die Dienstplangestaltung erfolgt dergestalt, dass Dienstpläne für den Folgemonat aufgestellt und dann von der Mitarbeitervertretung genehmigt werden. Anschließend werden die Dienstpläne den Mitarbeitern ca. zwei Wochen vor dem Folgemonat zur Verfügung gestellt. Bei der dienstplanmäßigen Heranziehung der Klägerin wird nicht in jeder Woche die vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit genau erreicht. Es ergaben sich Minus- oder Plusstunden, die in ein Arbeitszeitkonto einfließen. Soweit möglich werden Wünsche der Mitarbeiter auf Gewährung von freien Tagen berücksichtigt. Es werden aber auch Freischichten ohne Antrag oder Zustimmung der Mitarbeiter geplant.

Ab dem Jahr 2013 kam es zu einem Schriftwechsel der Parteien, in dem die Klägerin eine fehlerhafte Führung ihres Stundensaldos ab dem Monat Januar 2013 rügte und sich auf den Standpunkt stellte, dass Minusstunden nur dann geplant und berücksichtigt werden könnten, wenn sie einen entsprechenden Antrag gestellt habe bzw. in die Gewährung von Freischichten eingewilligt habe.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 01.08.2013 ließ die Klägerin unter anderem folgendes mitteilen:

Darüber hinaus muss unsere Mandantin seit Geltendmachung der korrekten Stundenberechnung eine zunehmend unangemessene Behandlung feststellen. So wurde sie im Zusammenhang mit von ihr abgegebenen Entlastungsanzeigen massiv unter Druck gesetzt und behauptet, sie muss diese weitergehend begründen. Unsere Mandantin hat die Pflegesituation der Entlastungsanzeige jedoch zutreffend beschrieben. Ob Ihre Stellenbesetzung einen sog. Pflegeschlüssel einhält oder nicht ist für die Frage der Berechtigung einer Entlastungsanzeige völlig unerheblich. Hierzu ist unsere Mandantin berechtigt und verpflichtet, wenn sie der Auffassung ist, dass die Personalsituation eine ordnungsgemäße Pflege und Betreuung der Bewohnerinnen und Bewohner nicht mehr sicherstellt. Sie wird ihre Entlastungsanzeigen daher auch nicht - wie gefordert - zurückziehen.

Des Weiteren wird unsere Mandantin, die bekanntlich teilzeitbeschäftigt ist, zunehmend nicht mehr mit der vereinbarten Wochenstundenzahl, sondern mit Minusstunden geplant. Wir müssen davon ausgehen, dass die hierfür in jedem Fall erforderliche Zustimmung der MAV nicht vorliegt und die Minusstundenplanung schon allein deshalb unwirksam ist. Allerdings begegnet die Planung auch Bedenken, weil ein Ausgleich der Minusstunden bis zum Ende des Kalenderjahres nicht ohne weiteres möglich ist und unsere Mandantin nicht verpflichtet werden kann, dies durch eine hierfür ggf. notwendige zeitweilige Vollzeittätigkeit zu erreichen. Unsere Mandantin ist alleinerziehende Mutter und aus diesem Grund in Teilzeit tätig; dies ist von Ihnen bei der Dienstplanung grundsätzlich zu berücksichtigen und zu beachten.

Demgemäß wird der Minusstundenplanung hiermit noch einmal ausdrücklich widersprochen. Unsere Mandantin ist mit dieser Planung nicht einverstanden und legt Wert darauf, mindestens mit der arbeitsvertraglich geplanten Wochenarbeitszeit eingesetzt zu werden. Soweit dies aus betrieblichen Gründen nicht erfolgt, geht dies jedenfalls nicht zu Lasten unserer Man...

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