Entscheidungsstichwort (Thema)
einstweilige Verfügung. Schriftform. Wettbewerbsverbot
Leitsatz (amtlich)
1. Rechtsgeschäftliche Willenserklärungen, die kraft Gesetzes der Schriftform unterliegen, kann auch ein bevollmächtigter Vertreter unterzeichnen. Die gesetzliche Schriftform ist dabei gewahrt, wenn der rechtsgeschäftliche Vertretungswille in der Urkunde, wenn auch nur unvollkommen, Ausdruck gefunden hat. Ist dies der Fall, bedarf es keines ausdrücklichen Vertretungszusatzes wie „i.V.” bei der Unterschrift.
2. Ein unternehmensbezogenes Wettbewerbsverbot ist bei einem Mitarbeiter, der im Rahmen seiner Tätigkeit über seinen engeren Arbeitsbereich hinaus Zugang zu Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen hat, unabhängig von seiner Stellung im Betrieb des bisherigen Ar-beitgebers für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zulässig, wenn der Arbeitgeber bundesweit und im Ausland tätig ist und anderweitige technische oder organisatorische Möglichkeiten, den Zugang zu beschränken, nicht möglich sind.
Normenkette
BGB § 126; HGB § 74a; ZPO §§ 935, 940
Verfahrensgang
ArbG Gelsenkirchen (Urteil vom 11.12.2007; Aktenzeichen 1 Ga 51/07) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 11. Dezember 2007 (1 Ga 51/07) wird auf seine Kosten bei unverändertem Streitwert zurückgewiesen.
Die Revision ist nicht zulässig.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Verpflichtung des Beklagten zur Unterlassung von Wettbewerb aufgrund eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots.
Die Klägerin produziert und vertreibt Baustoffe, u. a. solche für Bauwerksabdichtung, Mauerwerkssanierung und Fassadenschutz. Der Beklagte absolvierte bei ihr seine Ausbildung zum Baustoffprüfer mit dem Schwerpunkt „Mörtel und Beton” von 1996 – 1999. Danach leistete er seinen Ersatzdienst. Seit dem 1. Juni 2001 war er auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 29. Juni 2001 (wegen der Einzelheiten vgl. Bl. 8 ff d.A.) bei der Beklagten als Baustoffprüfer tätig. Seine zuletzt bezogene Vergütung betrug monatlich 2.600,– EUR brutto.
Der Beklagte wurde zunächst in der Qualitätsstelle mit dem Aufgabengebiet der Baustoffprüfung beschäftigt. Bei dieser Tätigkeit hatte er keinen Zugang zu den Rezepturen für die von der Klägerin vertriebenen Baustoffe. Ab 2001 (so der Beklagte) bzw. spätestens 2003 (so die Klägerin) wurde der Beklagte im Labor beschäftigt. Bei dem Labor handelte es sich um eine Gesamteinrichtung, die sich in einzelne Laboreinheiten aufgliedert, u. a. in die Einheiten für Betonzusatzmittel einerseits, für bituminöse Abdichtungsstoffe andererseits. Die beiden Laboreinheiten sind räumlich getrennt etwa 50 Meter voneinander entfernt untergebracht. Sämtliche Einheiten des Labors sind über EDV miteinander vernetzt. Hierüber besteht ein gemeinsamer Zugriff aller Einheiten und der dort beschäftigten Mitarbeiter auf das Rezepturverwaltungssystem der Klägerin. In diesem Rezepturverwaltungssystem sind sämtliche Rezepturen für die von der Klägerin hergestellten und vertriebenen Baustoffe enthalten. Die Rezepturen enthalten die Rohstoffnamen, die eingesetzten Mengen und eine Anleitung zur Bearbeitung der Rezepturen. Bei der Entwicklung des Rezepturverwaltungssystems versuchte die Klägerin, eine getrennte Verwaltung der Rezepturen je nach Laboreinheit einzuführen. Die mit der Entwicklung beauftragte Firma konnte dies sowohl aus EDV-technischen als auch sachlichen Gründen nicht umsetzen, weil in verschiedenen Laboreinheiten die gleichen Rezepturen Verwendung finden.
Unter den in den Rezepturen aufgeführten Rohstoffen finden sich auch so genannte codierte Rohstoffe. Hierbei handelt es sich um Rohstoffe, die grundsätzlich jedem bekannt und frei zugänglich sind, bei denen der Lieferant mit einem Kunden eine ausschließlich für diesen bestimmte andere Bezeichnung vereinbart und verwendet. Sie werden unter dieser anderen Bezeichnung geliefert und sind in den Rezepturen auch nur unter dieser Bezeichnung aufgeführt.
Der Beklagte wurde mit der Entwicklung und Prüfung von Betonzusatzmitteln beauftragt und in der entsprechenden Laboreinheit eingesetzt. Diese befasst sich nicht nur mit Betonzusatzmitteln, daneben gibt es als weiteren Bereich den der mineralischen Baustoffe. Leiter der Gesamteinheit ist der Mitarbeiter K6, Abteilungsleiter für den Bereich Betonzusatzmittel und unmittelbarer Vorgesetzter des Klägers war Herr Dr. N1. Der Kläger nahm regelmäßig an Besprechungen des Bereichs Betonzusatzmittel teil. Darüber hinaus fanden auch 3 bis 4 Mal jährlich Besprechungen aller Mitarbeiter der Bereiche Betonzusatzmittel und mineralische Baustoffe statt. Der Umfang der Teilnahme des Klägers an den zuletzt genannten Besprechungen ist zwischen den Parteien streitig. Des Weiteren fanden Gesamtbesprechungen des Labors statt, an denen jeweils die Leiter der Laboreinheiten sowie die Abteilungsleiter der einzelnen Bereiche in den Laboreinheiten teilnahmen. Übergreifende Besprechungen der Mitarbeiter aller Laboreinheiten (z. B. der Einheiten ...