Entscheidungsstichwort (Thema)
AGB. Arbeitnehmer. Arbeitsvertrag. Dienstvertrag. Geschäftsführer. Wettbewerbsabrede. Wettbewerbsverbot
Leitsatz (amtlich)
1. Soll nach einem vom Arbeitgeber vorformulierten Arbeitsvertrag ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nicht gelten, wenn das Vertragsverhältnis während der ersten zwölf Monate der Beschäftigung beendet wird, findet es keine Anwendung, wenn der Arbeitnehmer in dieser Zeit ausscheidet. Das gilt auch dann, wenn der Beginn der Beschäftigung im Vertrag auf ein bestimmtes Datum festgelegt wird, in einer im Vertragstext in Bezug genommenen Zusatzvereinbarung geregelt wird, dass das Arbeitsverhältnis (aufgrund einer vorherigen Tätigkeit als Geschäftsführer) schon seit einem früheren Zeitpunkt besteht, jedoch die Bestimmungen des Arbeitsvertrags ab dem im Vertragstext festgelegten Zeitpunkt gelten und das nunmehr vereinbarte Wettbewerbsverbot sich inhaltlich bezüglich Umfang, und Dauer vom vorher vereinbarten Wettbewerbsverbot unterscheidet.
2. Die Zusage einer Karenzentschädigung, bei der nach dem Vertragstext zur Berechnung der Höhe auf den Durchschnitt der Vergütungsleistungen innerhalb eines abweichend von § 74 Abs. 2, § 74 b Abs. 2 HGB bestimmten Zeitraums abgestellt und lediglich die Hälfte dieses Durchschnitts zugesagt wird, entspricht nicht der in § 74 Abs. 2 HGB vorgeschriebenen Höhe. Das gilt auch dann, wenn im Übrigen die gesetzlichen Bestimmungen der §§ 74 ff. HGB gelten sollen.
3. Handelt es sich um eine Klausel in einem vom Arbeitgeber vorformulierten Arbeitsvertrag, ist zumindest unklar im Sinne des § 305 c Abs. 2 BGB, ob eine gesetzeskonforme Karenzentschädigung zugesagt wird. Dies führt zur Unverbindlichkeit des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots.
Normenkette
BGB § 305c Abs. 2; HGB § 74
Verfahrensgang
ArbG Bochum (Urteil vom 24.11.2009; Aktenzeichen 2 Ga 43/09) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 24. November 2009 (2 Ga 43/09) wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision ist nicht zulässig.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt im Wege der einstweiligen Verfügung vom Beklagten die Unterlassung von Wettbewerb.
Die Klägerin ist ein bundesweit tätiges Unternehmen für Personaldienstleistungen unter anderem auf den Gebieten Arbeitnehmerüberlassung und Arbeitsvermittlung. Sie unterhält in verschiedenen Bundesländern mehrere Niederlassungen. Der Beklagte war seit dem 15. September 1999 auf der Basis eines GmbH-Geschäftsführervertrages vom 28. Juni 1999 (Anlage A 14 zur Berufungsbegründung vom 29. Januar 2010, Bl. 144 ff. d. A.), der mit der Firma A1 Z1 GmbH, damals noch in Gründung, abgeschlossen worden war, als Geschäftsführer tätig. § 4 GmbH-Geschäftsführervertrag enthielt unter der Überschrift „Nebentätigkeit/Wettbewerbsverbot” folgende Regelung:
- Der Geschäftsführer wird seine ganze Arbeitskraft, Erfahrungen und Kenntnisse der Gesellschaft – vorbehaltlich in Abs. 2 genehmigter Tätigkeit – zur Verfügung stellen. An eine bestimmte Arbeitszeit ist er nicht gebunden. Er ist jedoch gehalten, jederzeit, wenn und soweit das Wohl der Gesellschaft es erfordert, zur Dienstleistung zur Verfügung zu stehen. Nebentätigkeiten sind dem Geschäftsführer nicht erlaubt.
- Für die Dauer dieses Vertrages und dem darauffolgenden Jahr ist es dem Geschäftsführer nicht gestattet, in einem der Gesellschaft gleichartigen Betrieb innerhalb den Bundesländern Niedersachsen und Nordrhein Westfalen tätig zu sein, und zwar weder selbständig noch unselbständig, zu beraten oder in irgendeiner Form zu unterstützen, ein solches Unternehmen zu errichten oder sich an einem solchen Unternehmen zu beteiligen, und zwar weder unmittelbar noch mittelbar, weder gelegentlich noch gewerbsmäßig.
- Für die Zeit des Bestehens des Wettbewerbsverbotes nach Ablauf des Vertrages verpflichtet sich die Gesellschaft zur Zahlung einer jährlichen Entschädigung in Höhe von 50 % des Jahresfestgehaltes, das der Geschäftsführer innerhalb der letzten 12 Monate vor seinem Ausscheiden bezogen hat. Die so errechnete Vergütung wird in monatlichen Teilbeträgen von 1/12 gezahlt.
- Für jeden Fall des Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot zahlt der Geschäftsführer der Gesellschaft eine Vertragsstrafe in Höhe von 100.000,00 DM. Weitergehende Schadensersatzansprüche der Gesellschaft bleiben hiervon unberührt.
Die Klägerin war alleinige Gesellschafterin der A1 Z1 GmbH in B1. Aufgrund der von ihr beschlossenen Verschmelzung der A1 Z1 GmbH auf die Klägerin wurde der Beklagte ab 1. Januar 2009 als Niederlassungsleiter mit Sitz in B1 weiterbeschäftigt. Hierzu schlossen die Parteien einen Anstellungsvertrag vom 19. Januar 2009 (vgl. Anlage A 1 zur Antragsschrift, Bl. 9 ff. d. A.). Es handelt sich bei dem Vertrag um ein von der Klägerin für Neueinstellungen konzipiertes Formular. In dem Vertrag heißt es unter anderem:
§ 1
Beginn des Arbeitsverhältnisses
1.1 Das Vertragsverhältnis beginnt am 01.01.2009 (s. Zusatzvereinbarung).
1.2 trifft nicht zu.
…
§ 9
Wettbewerbsverbot
9.1 Für die Dauer dieses Vertrages...